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Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Titel: Kaiserkrieger: Der Aufbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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zu suchen. Die überdimensionierten Tuniken und Togen, die sie fanden, waren ihnen mehrfach zu groß. Schließlich entschlossen sie sich, ihre eigene Kleidung zumindest notdürftig selbst zu waschen und bis dahin die leinwandgroßen Tuniken ihres Gastgebers behelfsmäßig um ihre Leiber zu binden. Dass ein ehemaliger Kaiser sich in der Situation wiederfand, seine eigene Kleidung waschen zu müssen, hatte eine gewisse Ironie, die auch Valens keinesfalls entging. Er beschwerte sich aber nicht und war genauso wie der Gote froh, als das Werk vollbracht war und die Kleider im Wohnraum ihres Gastgebers trockneten.
    Godegisel war erstaunt, welche Wandlung sich mit Valens vollzogen hatte. Der kaum ansprechbare, in Wahnvorstellungen und Träumen gefangene Mann, den er nach der Schlacht von Adrianopel kennengelernt hatte, war einer ganz anderen Persönlichkeit gewichen. War es das Märtyrium seiner Gefangenschaft, das ihn so verändert hatte? War es der Verrat des Maximus, der ihn zurück in die Vernunft geführt und seine eigene Rolle in diesem Spiel deutlich gemacht hatte? Godegisel vermochte es nicht zu sagen. Aber er nahm eine besondere Entschlossenheit in Valens wahr. Seinen Neffen vor dem Verrat zu bewahren war seine Art, eine Schuld abzutragen. Godegisel wusste nicht, was dies alles für ihn selbst oder für die Rolle seines Volkes bedeutete. Valens war zu Maximus geschickt worden, um ein Stachel im Fleische ihrer neuen Herren zu sein, und jetzt half er dem Kaiser des Ostens dabei, einen solchen zu entfernen. Der Gote wusste nicht, ob er damit im Sinne seiner Leute agierte, aber er war sich sicher, dass dies alles zu seinem persönlichen Vorteil gereichen würde, und das war keinesfalls eine Perspektive, der er sich verschließen wollte.
    Und dennoch …
    »Was wird aus mir ?« , stellte er schließlich die Frage, als sie in der hereingebrochenen Nacht vor zwei Krügen aus Belucius’ Weinvorrat saßen. Mittlerweile trugen sie auch wieder ihre Kleidung, wenngleich sie noch etwas klamm war.
    Valens hob müde den Kopf, doch seine Augen schienen hellwach. Er musste sofort begriffen zu haben, worauf die Frage des jungen Goten zielte. Er nahm sich Zeit mit einer Antwort.
    »Was ist dein Wunsch, Gote ?« , stellte er dann die Gegenfrage.
    »Mein Wunsch ist zu leben, in Wohlstand, und vielleicht etwas mehr Sicherheit als in der Vergangenheit. Ich verlange nicht nach Übermaß und auch nicht nach Macht. Ich bekomme zunehmend den Eindruck, dass Politik nichts für mich ist .«
    Valens lächelte. »So jung und schon so viel Weisheit! Das wäre doch eine Verschwendung für das Reich! Einen Dux sollte man aus dir machen, mein Freund !«
    Godegisel hob abwehrend die Hände. »Keinen Dux, keinen General, keinen Agenten – ich war ein Truppenführer, ich bin von Adel, und meine konspirative Arbeit hat mich hierher gebracht, in eine Situation, von der ich nicht weiß, wohin sie mich führen wird. Nein, edler Kaiser, keine solchen Ehren für mich. Ich fühle mich Eurem alten Gefolgsmann verbunden, wenn ich mein Interesse auf den Klang von Münzen und die Abgeschiedenheit eines eigenen Hofes konzentriere. Dabei geht es mir weitaus besser .«
    Valens schüttelte den Kopf. »Willst du damit im Ernst sagen, dass du das Angebot von Ehren und Vermögen ausschlagen würdest? Jetzt kannst du ja leicht Behauptungen aufstellen, aber wenn dir mein Neffe ein Amt mit hohem Auskommen anbietet, eine große Villa mit vielen Sklaven, Ansehen durch eine Funktion von hoher Verantwortung – du würdest dich abwenden und es ausschlagen ?«
    Godegisel dachte einen Moment nach, ehe er antwortete.
    »Ich kann nicht ermessen, wie ich mich in der Zukunft verhalten werde«, erwiderte er und als er das triumphierende Lächeln auf dem Gesicht des ehemaligen Kaisers sah, fügte er rasch hinzu: »Ich bin noch nicht so alt wie Ihr, mit Verlaub, und vielleicht kenne ich mich noch nicht gut genug, um so etwas mit Gewissheit sagen zu können. Aber obgleich ich noch jung an Jahren bin, habe ich schon viel erlebt. Wir haben unser angestammtes Gebiet verlassen, als ich kaum ein Bursche war, und mein ganzes bisheriges Leben bestand aus einer endlosen Reise und vielen Kämpfen. Ich habe gegen Hunnen gekämpft und mit ihnen, und es scheint, als würde mir das gleiche Schicksal mit den Römern blühen. Ja, ich bin jetzt nominell römischer Bürger und vielleicht heißt das, dass ich nunmehr zur Ruhe komme. Aber meine bisherige Lebenserfahrung hat mich gewitzt gemacht. Ich

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