Kaiserkrieger: Der Aufbruch
sich nicht so sicher, ob Maximus dieses schnell gegebene Versprechen tatsächlich einhalten würde. Zu viele der Maßnahmen des jungen Kaisers, das musste selbst der Bischof mit widerwilligem Respekt anerkennen, ergaben Sinn. Darunter fiel sicher nicht die ausdrückliche Bestätigung des Toleranzediktes des Galerius und damit auch die Duldung häretischer Strömungen in der Kirche – aber so manches andere war nicht dumm und auch ein Maximus, erst einmal mit den Anforderungen der Regierung konfrontiert, würde die Logik und den Nutzen dieser Dinge durchaus erkennen. Ambrosius akzeptierte das, solange der neue Kaiser seine zentralen Forderungen erfüllen würde: die trinitarische Richtung der Christenheit zur allein gültigen Staatskirche zu machen und alle anderen Sekten, Kulte, Religionen, inklusive der alten römischen Staatsgötter, auf den Scheiterhaufen der Geschichte zu stellen. Und das, so war es Ambrosius’ Wille, zur Not auch mit Schwert und Feuer.
Sie waren nicht mehr weit von Trier entfernt und würden die Stadt am späten Nachmittag erreichen, rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit, wenn die Wachen die Tore verschließen und keinen Verkehr mehr zulassen würden. Ambrosius gedachte sogleich, beim Kaiser vorstellig zu werden, der, auch das gehörte zu den positiven Veränderungen, über die der Bischof nicht gerne nachdachte, nunmehr jeden Tag viele Stunden arbeitete, manchmal von sehr früh bis nach Mitternacht. Früher, so wusste Ambrosius wohl, war Gratian oft zur Jagd geritten und hatte die Amtsgeschäfte Untergebenen überlassen, die dann Entscheidungen mal mehr, mal weniger in seinem Sinne getroffen hatten. Welchen magischen Einfluss dieser Rheinberg auch immer auf den jungen Kaiser hatte, in diesem Falle schien der Blick in die eigene, mögliche Zukunft Gratian zu einer neuen Qualität von Ernsthaftigkeit und Disziplin verholfen zu haben.
Der Bischof suchte in seinem Herzen nach Bedauern darüber, dieses Leben in Kürze auslöschen zu wollen, ja zu müssen, doch er fand nur aufrichtige Überzeugung, das Richtige zum Wohle der Kirche und damit in letzter Konsequenz auch das Richtige für den gesamten Erdkreis zu tun. Es gab manchmal Opfer und der Herr würde diese einst zu beurteilen wissen, und Ambrosius war bereit, für jene, die sterben mussten und unschuldig waren, zu beten.
Aber verschonen würde er sie deswegen noch lange nicht.
Derart innerlich gewappnet, ließ der Bischof das ärgerliche Geschwätz seiner Reisebegleiter unbewegt über sich ergehen. Sein verschlossener Gesichtsausdruck hinderte ohnehin jeden von ihnen daran, das Wort an ihn zu richten, sodass er nicht befürchten musste, in diesen See der Belanglosigkeiten hineingezogen zu werden. Es war eine Mühsal, aber dann waren doch im Dunst des Nieselregens, der sie den ganzen Tag über mit bleierner Schwere begleitet hatte, die Mauern von Trier zu erkennen. Neue Zuversicht erfüllte den Bischof, als der Wagen in der Dämmerung vor die Stadttore rumpelte, sie dem Fahrzeug entstiegen, ihre Glieder reckten und gähnten, um dann zu Fuß die Schwelle zur Stadt zu überschreiten und sich sogleich beim Kommandanten der Stadtwache für eine schnelle Eskorte zur Residenz des Kaisers zu empfehlen.
Ambrosius war nicht irgendwer. Es dauerte nicht lange, da wurde er in den Palast geführt, den Gratian bewohnte. Als er das große Atrium betrat, in dem die Gäste warteten, die um eine Audienz beim Imperator nachsuchten, sah er, wie Handwerker beim Schein zahlreicher Öllampen damit beschäftigt waren, den Boden des Saales durch ein neues, großes Mosaik zu verschönern. Absperrungen hielten die wenigen Gäste davon ab, auf die Baustelle zu treten. Drei Männer knieten auf Kissen vor großen Kisten mit farbigen Steinen, neben sich Zeichnungen liegend, die den Entwurf des Mosaiks darstellten. Ein älterer Mann mit langem, grauweißem Bart stand daneben und schien die Arbeit zu beaufsichtigen. Möglicherweise war er sogar der Urheber des Entwurfs. Hin und wieder murmelte er leise Anweisungen zu den knienden Männern, die diese sofort ausführten. Mit kleinen Hämmern fügten sie die farbigen Steine nebeneinander ein, verbunden durch winzige Schichten eines speziellen Lehms, der schnell austrocknen und dem Mosaik die notwendige Festigkeit geben würde. Es war eine langwierige und diffizile Arbeit, die ein hohes Maß an Konzentration, Erfahrung und Kunstfertigkeit erforderte. Ambrosius erkannte, dass die Handwerker ihre Arbeit offensichtlich
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