Kaiserkrieger: Der Aufbruch
Besitzungen aufgehoben werden soll und dass neue Schenkungen an die Kirche nur noch mit einer vorher vereinbarten Abgabenlast zu erfolgen wären, erfreut keinen meiner Brüder besonders. Ich fühle mich genötigt, mich dieser Klage anzuschließen .«
»Euch ist die finanzielle Lage des Imperiums bekannt, Bischof ?« , fragte nun Gratian mit leichter Ungeduld in der Stimme.
»Nun, sicher, in groben Zügen. Es ist mir bekannt, dass gerade nach Adrianopel zahlreiche Gelder in den Aufbau der östlichen Streitkräfte fließen .«
»Und in viele andere Dinge, die notwendig sind, um den Hunnen effektiv zu begegnen«, ergänzte Rheinberg.
»Dann sollte das Reich sicher neue Geldquellen erschließen. Es gibt viele reiche Leute, die von jeder Steuer ausgenommen sind. Die Mehrzahl der Senatoren, viele Adlige, Landgutbesitzer – sie alle zahlen keine oder nur wenige Abgaben, sind aber von außerordentlichem Reichtum .«
Gratian nickte. »Das stimmt, ehrenwerter Ambrosius. Wir haben auch hier Schritte unternommen. Alle Steuerprivilegien werden gestrichen, dafür die Höhe der Abgaben gesenkt. Niemand wird mehr ausgenommen, aber die Last wird gerecht verteilt .«
»Ausgezeichnet. Ich stimme dem zu .«
»Niemand, Ambrosius. Ich wiederhole es. Niemand wird ausgenommen. Die Steuerfreiheit der traditionellen Religionen Roms wird ebenso beendet. Alle, die etwas erwirtschaften, müssen künftig etwas abgeben. Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist .«
Ambrosius kniff die Augen zusammen.
»Aber die Kirche sollte weiterhin eine Ausnahme sein. Wir haben eine wichtige Aufgabe zu erfüllen .«
»Wenn Rom fällt, wird dies die Erfüllung dieser Aufgabe sehr erschweren«, gab Rheinberg zu bedenken. Der Bischof war dem Mann für diesen Einwand sehr dankbar, denn er erlaubte es ihm, vorsichtig in die Richtung seines eigentlichen Themas zu lenken. Er schenkte dem Zeitenwanderer daher auch ein freundliches Lächeln.
»Das mag wohl sein. Aber es sind doch Eure eigenen Überlieferungen, die beweisen, dass die Kirche ewig ist und die Jahrtausende übersteht. Reiche zerfallen, es gibt sogar Schismen, aber letztlich bleibt die Kirche und die Dominanz des katholischen Glaubens, die Heilslehre des Trinitarismus bestehen und beherrschend bis in Eure Zeit, aus der Ihr gekommen seid .«
Etwas flackerte in Rheinbergs Augen, doch er verzog keine Miene.
»Ja, die Kirche existiert und hat ihr Zentrum weiterhin in Rom .«
»Und die Gebote werden von Millionen von Menschen befolgt – in vielen Ländern zeitgleich, die viele verschiedene Zungen sprechen, ohne ein einigendes Dach eines Imperiums«, ergänzte Ambrosius.
»Das ist wahr .«
»Warum dann also sollte die Kirche, die eine ewige, eine über Jahrtausende gehende Mission hat, sich dermaßen mit den Notwendigkeiten eines bestimmten Staates oder Reiches auseinandersetzen und nicht vielmehr vornehmlich an ihr eigenes Wohl und Bestehen denken?«
»Ja, warum nicht? Wollt Ihr Krieg und Verderbnis auf Eure Gläubigen herabregnen lassen ?«
Ambrosius winkte ab. »Die Botschaft Christi hat Krise und Verderbnis überstanden und wird dies auch künftig tun. Ihr selbst seid der beste Beweis dafür .«
»Aber meine Verantwortung«, erklärte nun Gratian, »liegt vor allem im Erhalt dieses Reiches und im Wohl seiner Bürger .«
»Dieses Wohl umfasst doch wohl auch das Seelenheil !« , erklärte Ambrosius mit Kälte in der Stimme.
»Für das Seelenheil ist die Kirche verantwortlich – und jeder Christ in der Art seines Charakters und Umgangs. Das Imperium kann dafür einen Rahmen schaffen, mehr nicht .«
»Dieser Rahmen ist in Gefahr, wenn Ihr der Kirche wirtschaftliche Lasten auferlegt«, argumentierte der Bischof.
»Dieser Rahmen droht nicht mehr zu existieren, wenn sich nicht alle an diesen Lasten beteiligen .«
Ambrosius schüttelte den Kopf.
»Wir bewegen uns hier im Kreis, Augustus. Letztlich dreht es sich doch um die eine Frage: Können wir, die Kirche, unsere Gläubigen und all jene, die noch nicht die Gnade der Missionierung erfahren haben, wirksam vor ewiger Verdammnis schützen, wenn das Imperium uns gleichzeitig die Mittel nimmt, die Arbeit des Herrn effektiv und überall im Reich tun zu können?«
Rheinberg beugte sich vor.
»Ehrenwerter Bischof, erlaubt mir eine Frage .«
»Bitte.«
»Wieso seid Ihr Euch so sicher, dass die ewige Verdammnis auf die Menschen wartet, wenn die Kirche sich nicht darum bemüht, sie abzuwenden ?«
»Erlösung kann es nur durch Christus geben«,
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