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Kaisertag (German Edition)

Kaisertag (German Edition)

Titel: Kaisertag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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Spion der … wie hat dieser Arsch Max sie genannt? Schatten? Egal … ich weiß nichts über irgendwelche Schatten, aber sie werden mir nicht glauben, und … ich darf gar nicht daran denken. Vielleicht wär’s besser, ich steige jetzt schon die Leiter rauf und lasse mich von einer Patrouille erschießen. Zack, aus, vorbei. Vorbei …
    Doch er blieb einfach nur unter der Leiter sitzen. Und irgendwann schloss er die Augen und sackte hinab in einen traumlosen Schlaf.
        
     

Donnerstag, 2. Juni
     
    Der plötzliche Lärm weckte Prieß sehr unsanft. Erschrocken fuhr er auf und stieß sich dabei den Kopf an einer der eisernen Sprossen. Er blickte nach oben und sah, dass es schon Morgen war, denn ein Kranz von Sonnenlicht fiel schräg durch die schmalen Löcher des Kanaldeckels. Das gleichmäßige metallische Dröhnen eines Dieselmotors hallte durch den Schacht hinab. Ein Lastwagen musste genau über dem Ausstieg stehen.
    Das Motorengeräusch alleine bedeutete noch gar nichts, doch Prieß war bereit, selbst nach dem dünnsten Strohhalm zu greifen. Eilig sprang er vom Boden auf und kletterte die Leiter empor. Dann stemmte er vorsichtig den schweren Deckel einige Zentimeter in die Höhe, gerade weit genug, um hinausschauen zu können.
    Erst sah er nur die breiten, hinteren Zwillingsreifen eines Lastwagens. Dann ließ er seinen Blick höher wandern und erkannte, dass er sich genau zwischen dem weißen Laster der Wäscherei und einer Laderampe befand. Jeden Moment würden Soldaten kommen und die Säcke mit schmutziger Wäsche auf die Ladefläche werfen.
    Meine allerletzte Chance , blitzte es in Prieß’ Gehirn auf. Ich habe nichts zu verlieren. Jetzt oder nie!
    Er verlor keine Zeit mit Überlegen. Kurz entschlossen schob er den Kanaldeckel fort, stieg schnell aus dem Schacht und sprang auf die Ladefläche des Lasters. An die Möglichkeit, dass ihn jemand sehen könnte, verschwendete er keinen Gedanken. Rasch verbarg er sich hinter dem aufgetürmten Haufen aus Wäschesäcken. Er hatte in allerletzter Sekunde Deckung gefunden, denn gleich darauf kamen drei Soldaten aus der Küche auf die Rampe und schleppten prall gefüllte Säcke heran, die sie in den Wagen schleuderten. Einer davon flog über den Wäscheberg hinweg und landete auf Prieß’ Rücken. Niemand hatte den Detektiv bemerkt.
    Der Motor röhrte dumpf auf, der Lastwagen setzte sich in Bewegung. Friedrich vergrub sich unter den unförmigen Leinensäcken und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass die Kontrolle des Wäschereiwagens am Haupttor immer so oberflächlich war wie an dem Tag, als er Deuxmoulins aufgesucht hatte. Und er hoffte inständig, niemand würde den Kanaldeckel bemerken, den er offen zurückgelassen hatte.
    Der Laster stoppte. Prieß hielt den Atem an. Die Beifahrertür wurde geöffnet und dann mit einem blechernen Knall zugeschlagen.
    »Alles in Ordnung?«, rief jemand.
    »Keine besonderen Vorkommnisse«, kam als Antwort. »Der Fahrer hat sich ruhig verhalten … wie immer, Herr Feldwebel.«
    »Gut. Ich werfe noch einen Blick auf die Ladung.«
    Vor Aufregung war Prieß’ Hals staubtrocken und rau; er musste schlucken, und es schmerzte. Die Sekunden dehnten sich unerträglich.
    »Sie können weiterfahren. Schranke hoch!« Die barsche Stimme des Feldwebels klang in Prieß’ Ohren wie ein Erlösung verheißender Engelschor. Aber erst, als der Laster losfuhr, glaubte der Detektiv wirklich, dass er der Todesfalle entronnen war.
    Er wartete noch einen Moment, bis der Laster in die Ratzeburger Allee eingebogen war. Dann kam er aus seinem Versteck und öffnete in aller Eile einen der Säcke. Er musste zusehen, dass er vor der Ankunft in der Wäscherei aus dem Lastwagen herauskam; doch erst galt es, sich weniger auffällige Kleidung zu verschaffen. Er zerrte eine feldgraue Hose und einen Waffenrock mit den mattschwarzen Rangabzeichen eines Oberschützen der Sonderbrigade hervor und zog die Uniform hastig über den schmutzigen Taucheranzug.
    Nur Augenblicke später wurde der Wagen merklich langsamer. Prieß konnte diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen. Er schlug die Plane an der Ladeklappe zurück und sprang hinaus. Als er auf dem Pflaster landete, strauchelte er, konnte aber das Gleichgewicht bewahren.
    Der Fahrer des Lastwagens bemerkte davon nichts. Nachdem das hübsche Kindermädchen mit dem hochrädrigen Kinderwagen, deretwegen er gebremst hatte, auf der anderen Straßenseite angekommen war, legte er den ersten Gang ein, trat aufs

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