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Kaisertag (German Edition)

Kaisertag (German Edition)

Titel: Kaisertag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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gerne sagt: Any old port will do in a storm. Entschuldigen Sie mich bitte.«
    Sie setzte die Sonnenbrille auf und verschwand schnellen Schrittes durch den schmalen Freiraum zwischen zwei der dicht beieinanderstehenden Lastwagen. Dann machte sich auch Rabenacker auf den Weg, um Rommels Leuten mitzuteilen, dass sie nunmehr ein weiteres, ungleich gefährlicheres Problem hatten, als nur einen Scharfschützen zu finden. Nachdem er fort war, schaute Alexandra flüchtig auf die Uhr und atmete tief durch, was wie ein unterdrückter Stoßseufzer klang. »Mist, ich muss die Posten inspizieren, der Kommandant der Feldgendarmen erwartet mich in zehn Minuten und bei der Begrüßung des Kaisers soll ich auch anwesend sein. Ich hätte wirklich Wichtigeres zu tun, aber das muss ich ja leider für mich behalten. Du weißt, wo du mich findest, wenn du vom Professor zurückkommst, Fritz.«
    Sie wollte sich schon umdrehen und fortgehen, als sie merkte, dass Prieß sich nicht von der Stelle rührte.
    »Ist noch etwas?«, fragte sie den unentschlossen dreinblickenden Detektiv.
    »Nein … das heißt, ja. Es ist nur …« stammelte Prieß, wobei er das Gefühl hatte, dass seine Beine immer weicher wurden und jeden Augenblick unter ihm wegsacken konnten.
    »Was denn nun, Fritz? Wir haben nicht den ganzen Tag, weißt du?«
    Friedrich rang mit sich. Er sah sich vor die Wahl gestellt, einmal mehr einen Rückzieher zu machen und somit der Liste vertaner Chancen in seinem Leben eine weitere Zeile hinzuzufügen. Oder er konnte versuchen, zu sagen, was er sagen wollte. Und obwohl sein Verstand ihm sagte, dass er dabei nichts zu verlieren hatte, fürchtete er sich vor den Folgen.
    Als wollte er die Worte möglichst schnell herausbringen, ehe ihn wieder der Mut verließ, presste er in einem Zug hervor: »Alexa, wenn wir das alles überleben, willst du mich dann heiraten?«
    Sie starrte ihn mit vor Überraschung geweiteten Augen an. »Das ist ja wohl ein absolut unpassender Zeitpunkt für so was.«
    »Nein, ist es nicht!«, entgegnete er und versuchte, seine Nervosität hinter viel zu schnellem, viel zu lautem Sprechen zu verbergen. »Jetzt habe ich einmal ein wenig Courage in mir, das muss ich ausnutzen. Wenn ich hier lebendig rauskomme, will ich mir nicht vorwerfen müssen, dass ich dich vielleicht ein zweites Mal verloren habe, weil ich zu feige war zu fragen. Wie lautet deine Antwort?«
    Prieß konnte kaum fassen, dass er alles das tatsächlich über die Lippen gebracht hatte. Nun fühlte er sich zwar erleichtert, weil nichts Ungesagtes mehr auf ihm lastete; aber das Warten auf Alexandras Reaktion war mindestens ebenso quälend, dazu noch auf eine Sekunde komprimiert, die sich ins Unendliche zu dehnen schien. Und mit jedem Fragment eines Augenblicks, das verstrich, wünschte er sich mehr, er hätte doch lieber den Mund gehalten.
    »Ja«, sagte sie kurz.
    Vor Überraschung stand Friedrich der Mund halb offen. Er wusste nicht, wie er sich jetzt verhalten sollte, denn mit dieser Antwort hatte er nicht gerechnet.
    »Und nun mach, dass du loskommst! Uns läuft die Zeit davon!«, drängte Alexandra mit einer ungeduldigen Handbewegung.
    Prieß nickte lediglich, er war zu überwältigt zum Sprechen. Dann lief er los.
    Er umging die immer dichter zusammenrückende Menschenmenge auf dem Hanseplatz, indem er über den wenig mehr als kniehohen Zaun im Rücken der Statuen hinwegstieg; danach rannte er die Straße entlang, bis er die Rasenfläche vor den nebeneinander aufgereihten Giebeln der alten Salzspeicher erreichte. Hier war durch rot-weiße Kordeln ein Areal abgesteckt worden, auf dem Polizei, Sicherheitsdienste und die Chauffeure der Ehrengäste ihre Automobile abstellen konnten. Eine Gruppe Männer in grauen Anzügen stand bei der offenen Hecktür eines gleichfalls grauen Hanomag-Lieferwagens, auf dessen hohem Kastenaufbau eine weit ausgefahrene Funkantenne aufragte. Manche der Männer nahmen Anweisungen entgegen und gingen dann eilig fort, andere kamen neu hinzu. Keiner von ihnen beachtete den älteren Leutnant mit dem buschigen Schnurrbart, der nur wenige Meter weiter in eine Mercedes-Limousine stieg und davonfuhr.
    Unterwegs riss Prieß sich den widerwärtig nach Klebstoff stinkenden falschen Bart ab und warf ihn auf den Beifahrersitz, wo auch schon die schwere Pickelhaube lag. Obgleich er es eilig hatte, musste er zunächst langsamer fahren, als ihm lieb war, denn die Straße war voll von Leuten, darunter ganze Familien mit Scharen von kleinen

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