Kaktus zum Valentinstag

ganzem Herzen, dass Sie einmal die Frau finden, die für Sie bestimmt ist. Aber wissen Sie was, Frauen wollen umworben sein. So schenkt man seiner Angebeteten zum Beispiel zum Valentinstag einen schicken Blumenstrauß!«
    Nach einer Gedankenpause ergänzt sie:
    »Und noch etwas, die Frau, die Sie suchen, die erobert man nicht in wenigen Stunden. Um eine Frau mit Tiefgang, wie Sie das nennen, zu finden, da brauchen Sie Geduld. Viel Geduld. Eine Frau, die mit Ihnen gleich ins Bett steigt, die nimmt sich bei der nächsten Gelegenheit denNächsten. Sie können nichts erzwingen. Wahre Liebe kommt meist dann, wenn Sie damit gar nicht rechnen!«
    Wieder gedankliche Stille. Nur unser sanftes Schmatzen beim Abendessen stört die Ruhe im gemütlichen Eckbankzimmer. Ich frage mich, wie ich das bloß hinkriegen soll, wenn ich nicht mehr nachhelfen soll und nicht aktiv auf Brautschau gehen soll? Das frage ich auch Frau Vogt, als es aus ihrem Mund seltsam wörtert:
    »Herr Schmidt, Sie dürfen natürlich nicht mit der Tür ins Haus fallen!«
    »Aber warum soll denn die Tür ins Haus fallen? Das verstehe ich nicht!«
    »Liebe muss reifen, Herr Schmidt!«
    So reden wir fortan jeden Abend viele Stunden lang über das Leben der Menschen, das ich so noch nie gesehen habe. Und ich lerne ganz nebenbei ein wahres Wörterbuch voller Satzvokabeln wie »Da haben Sie das Kind mit dem Bade ausgeschüttet« oder »Man müsse die Kirche im Dorf lassen«, obwohl ich nie die Absicht hatte, eine Kirche umzubetten.
    So erteilt Frau Vogt in ihrer Gutsherrinnenart mir ab sofort sichtlich vergnügt Lektionen in ostpreußischer Flirtkunde. Dabei ist nicht einmal ihr eigenes Sexualleben ein Tabuthema. Theorie und Praxisbeispiele aus ihrem Leben treffen sich wörterweise. Ich erfahre Dinge, die ich ihrer Meinung nach längst hätte wissen müssen.
    Da gebe es doch Eltern oder wieder diese BRAVO, das Fernsehen und eben vor allem Freunde, mit denen man darüber redet! Meine Papamamas, die haben darüber nie was erzählt. Und Freunde, mit denen ich über so etwas hätte reden können, hatte ich keine. Leider. Aber die Sache mit dem Fernsehen, die lässt mich nicht mehr los. Das ist eine Quelle!
    Hier im Eckbankzimmer steht ja ein Fernseher. Und nun kommt mir eine großartige Idee. Liebesfilme! Ich muss einfach herausfinden, wie ein optimaler Kennenlernprozess aussieht und worauf es beim Flirten ankommt. Fortan quäle ich mich durch Spielfilme, die ich mir sonst nie angeschaut hätte. Bisher interessierten mich nur Dokumentationen und Abenteuerfilme, in denen tolle Landschaften zu sehen waren. So sah ich als Kind gerne »Im Reich der wilden Tiere« oder »Die geheimnisvolle Insel«, auf der es diese seltsamen Lichtblitze gab. Das war so ein Abenteuerfilm, in dem mich weniger die Handlung, sondern hauptsächlich die Vulkanlandschaft der Insel am Bildschirmfesselte. Nun sind also Spielfilme dran, die das Thema Liebe zum Inhalt haben. Wie Schulfernsehen.
    Nachdem ich mir etliche Liebesfilme angeschaut habe, darunter »Die Dornenvögel«, »Dort oben wo die Alpen glühn« und »Vom Winde verweht«, also Klassiker und Klischeefilme, wird klar, dass echte, filmreife Liebe immer romantische Kulissen benötigt. Dazu gehören anscheinend plätscherndes Wasser oder ein Aussichtspunkt, von dem man weit über das Land blicken kann. Wald, Wiesen und Wege und ganz wichtig: ein Sonnenuntergang. Am besten noch die richtige Filmmusik dazu. Die habe ich ja zum Glück sogar schon in meiner Plattensammlung.
    Es wird aber auch klar, dass Frauen viel Blabla haben wollen. Blabla, das so nichtssagend ist, dass es anscheinend gerade dadurch wichtig wird. Komplimente scheinen wichtig zu sein, über Kleidung und Aussehen, die vielleicht gar nicht ernst gemeint sind. Es überwiegen Zweifel. Wie soll ich bloß die bestmögliche Frau für mich finden? Eine Frau, die in allen Bereichen meiner Checkliste die höchstmögliche Punktzahl, nämlich 15, liefert?
    Eine 15-Punkte-Frau, das klingt nach dem theoretischen Idealfall, den es eigentlich gar nicht findbar gibt. Cordula hätte rückwirkend zwischen 6 und 7 Punkte bekommen. So definiere ich, dass eine Frau, die nachhaltige Liebe liefern könnte, mindestens 10 von 15 Punkten haben muss.
    Mittlerweile bin ich seit mehr als einem Jahr nicht mehr in Clausthal. Und eine dauerhafte Partnerin ist nach wie vor leider nicht in Sicht. Vor und nach der Zeit mit Cordula lerne ich zwar einige sehr verschiedene Damen kennen, aber es ist einfach keine