Kaktus zum Valentinstag
klaren, leuchtenden Farben Rot, Grün, Gelb und Blau. Kein Rosa, kein Pastell, sondern richtige, reine Farben.
Es dauert nicht lange, da werde ich fündig. Ein süßes Rasseltier in Form eines vermenschlichten Dinosauriers. Die richtigen Töne und Formen machen das Ding zu einem perfekten ersten Geschenk. Eines, das nicht ausgesucht wird, weil eines hermuss, nein, ein echtes, ernst gemeintes Willkommensgeschenk. Denn nun bekomme auch ich ja eine neue Rolle: Gastvater. Ja, meine Papamamas habe ich zeitlebens als Gasteltern wahrgenommen. Eltern, bei denen ich zu Gast war, weil sie anders waren und sind als ich.
Ich bin stolz auf das erste Kind, das mit meiner Maschine tatsächlich nach erster Sichtung fehlerfrei produziert werden konnte. Ich bin also nun tatsächlich Vater geworden. Und darüber freue ich mich sehr, weil es etwas ist, was ich mir lange Zeit nicht so richtig vorstellen konnte.
Aber das gelegentliche Geschrei so eines Babys belastet mich mehr als die anderen Familienmitglieder, die darin anscheinend ausschließlich die Äußerungen eines süßen, niedlichen Etwas sehen. Die finden das Schreien nicht so schlimm wie ich. Warum?
Der weitere Verlauf der ersten Tage im Dasein auf der Erde ist unauffällig. Pünktlich zu Silvester sind wir alle drei zu Hause, bei den Papamamas, die nun zu Omaopas geworden sind. Kaum ist Raphael zu Hause, bekommt der monatelang vereinsamte Stubenwagen endlich Inhalt. Irgendwie kann ich die neue Situation noch nicht fassen. Da ist Leben, das von mir abhängt. Da ist eine eigene Familie. Elementar.
Nächster Halt: Hämelerwald
Inmitten all der Wirren der irdisch, zeitgebundenen Landung meines Sohnes sind wir nach Hämelerwald umgezogen. Dort fanden wir eine günstig gelegene Vier-Zimmer-Wohnung für meine frische Familie. Wohnzimmer mit Südausrichtung, terrassiger Balkon mit Westausrichtung, Küche mit Ostausrichtung, so wie ich das brauche.
Die neue Heimat habe ich bewusst ausgewählt. Hier gibt es Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte, Kindergärten und Schulen in Zufußentfernung, Nahverkehrs- und Bahnanschluss an Hannover, Autobahnanschluss, um schnell überall hinzukommen, auch zur Arbeit. Zudem ist es eine naturnahe Lage inmitten eines großen Waldgebietes, das sich für Erholung anbietet, und eine Lage in der Nähe der Omaopas.
Hier fühlen wir uns erst mal wohl. Kaum haben wir es uns rudimentär gemütlich eingerichtet, trete ich in Hannover bei einer Bundesbehörde meine erste richtige Stelle als Wissenschaftler an. Als Geophysiker. In meinem Traumberuf. Das wäre erst einmal geschafft!
Zum allerersten Mal im Leben kehrt so etwas wie beruflicher Alltag ein. Die Mau kümmert sich um Kind und Wohnung, während ich das Geld nach Hause bringe. Vor allem an den Wochenenden kutschiere ich Raphael im Kinderwagen durch den Ort.
Es dauert nicht lange, da merke ich, dass der Traumberuf kein Traumberuf ist. Denn schon nach einem Jahr bleibt mir am Abend eines Berufstages nur noch Energie für ein Trivialprogramm im Fernsehen: »Bitte lächeln.« Lachen über die Pannen und Missgeschicke anderer Menschen. Damit ich überhaupt mal zum Lachen komme.
In mir verstärkt sich der Eindruck, mein Lachen regelrecht an den Beruf verkauft zu haben. Beruf kommt doch von Berufung, die Arbeit will ich doch zum Großteil freiwillig machen! Wenn das nicht so wäre,würde das Leben trist und leer sein. Und das soll mein Leben ja gerade nicht werden.
Die Inhalte des Jobs sind durchaus das, was ich immer wollte: Forscher sein! Aber da ist einfach niemand, der an mich glaubt, der mich fördert, weil er einen direkten Nutzen aus meinen Ideen hätte. So denke ich mir das, weil ich aus irgendeinem Grund für die obendrein rätselhaften Spielregeln des Berufsalltags nicht gemacht zu sein scheine.
Ich empfinde den Job als extrem anstrengend. Und dabei halten sich die Überstunden in Grenzen. Daran liegt es also nicht. Und die Inhalte sind es auch nicht. Bleiben die Menschen, die merkwürdige Verhaltensweisen zeigen, die ich überhaupt nicht nachvollziehen kann.
Man sagte mir an der Uni einmal, dass man nicht so genau wisse, ob ich nun die Kapazität oder der Widerstand im System sei. Das hänge von der Frequenz ab, sagte ich damals. Ich wollte damit deutlich machen, dass es von den Bedingungen abhängt, ob ich kapazitiv wirken kann.
Damit ich wieder auf andere Gedanken komme, holen die Mau und ich erst mal die lange geplante und noch nie angegangene Namibia-Reise nach. Während ich volle Freude
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