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Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)

Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darryl Wimberley
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lief.
    Der Zoo von Cincinnati war auf dem Gelände eines großen Milchhofs angelegt worden und der Swan Lake beherrschte den zentralen Bereich. Der See war groß genug für Segelboote und an seinem Ufer fand man allerlei lauschige Rückzugsorte. Am Wochenende flanierten Hunderte von Familien die gepflegte Uferanlage entlang. Gegen Mittag waren unzählige Boote auf dem See unterwegs. Überall Erholung und Müßiggang.
    Aber an einem Wochentag um halb neun war das Ufer menschenleer. Es waren nicht einmal Mitarbeiter zu sehen, denn die waren noch damit beschäftigt, die landesweit größte Sammlung exotischer Tiere zu füttern, zu pflegen und medizinisch zu versorgen. Sally hatte auf ihrem Weg zum Swan Lake keine Menschenseele gesehen. Der ideale Ort für eine Frau, die ungestört sein wollte. Ein Zufluchtsort vor neugierigen Blicken.
    Mit ihrer Wurst und den süßen Sachen setzte sie sich auf eine von Ahorn beschattete Bank an einer flachen Wasserstelle bei einem Strudel. Zur Gesellschaft nur eine Schar Enten, die herbeikamen, als Sally Krumen ins Wasser warf.
    Sie holte den Brief aus ihrer Tasche und breitete ihn auf ihrem Schoß aus. Fünfzig Dollar und ein Hotelzimmer, das um fünf auf sie wartete. Sally lächelte. Sie zählte noch einmal ihr Geld, machte sich Vorwürfe wegen ihrer verschwenderischen Ausgaben und trennte die Scheine von den Münzen. Wie König Midas, der sein Gold zählte.
    Sie trank ihr Ingwerbier aus und las dann noch einmal den Brief, bevor sie ihn umdrehte und das Papier auf der Bank glatt strich, wobei sie darauf achtete, dass es nicht mit dem fettigen Wurstpapier in Berührung kam.
    Nachdem sie diese einfachen Arbeiten verrichtet hatte, konnte Sally zum ersten Mal seit achtzehn Monaten einfach nur entspannen.
    Keine Mauern. Keine Wärter. So still. So ruhig.
    Sie schloss die Augen und atmete tief ein. Die Luft war klar, Dunst und Rauch von einer leichten Brise vertrieben, die den nahen Herbst erahnen ließ.
    Sie musste eingeschlafen sein, denn als sie die Augen öffnete, stand da ein großer blonder Mann in der Nähe. Ein feiner Pinkel in Gamaschen. Er spielte mit einer Nelke herum.
    »Wunderbar, nicht wahr?«
    Sie fuhr zusammen, als hätte sie einen Schlag bekommen.
    »Ich wollte Ihnen keinen Schreck einjagen.« Arno Becker nahm seine Melone ab.
    »Ich habe Sie gar nicht kommen hören.«
    »Offenbar nicht. Verzeihung.«
    Ohne zu schauen, griff Sally nach ihrem Brief und wickelte ihn achtlos in ihr Wurstpapier.
    »Sie gehen doch hoffentlich nicht meinetwegen?« Arno war immer noch sehr liebenswürdig.
    Sally warf Brief und Wurstverpackung in den Müll.
    »Hören Sie, ich bin keine Hure.«
    »Das hätte ich auch nie angenommen«, antwortete er.
    »Ich habe nichts mit Ihnen zu schaffen.« Sie griff sich die Ingwerbierflasche.
    »Aber das stimmt nicht, Sally.«
    Bei dieser unerwarteten Vertraulichkeit erstarrte sie.
    »… Ich muss gehen.«
    Beinah träge griff Arno nach der Flasche und entriss sie ihr.
    Sie stieß einen schrillen Schrei aus.
    »Hast du schon mal einen Panther gehört, Sally? Ein Panther im Dschungel schreit genauso wie eine Frau, die unerträgliche Schmerzen erleidet. Affen auch. Affen können mörderisch schreien. Nicht dass hier draußen irgendjemand einen Primaten oder Panther hören würde. Wir sind so weit weg von allem, nicht wahr? So … isoliert.«
    »Was wollen Sie?« Ihr blasses Gesicht war grau geworden.
    »Na, den Kies, Sal. Den Zaster. Die Beute von deinem Freund. Und erzähl mir bloß nicht, du hättest keine Ahnung, wovon ich rede.«
    »Aber ich … AHH!«
    Sie rang vor Schmerz nach Luft, denn Becker hatte ihr das Handgelenk hoch zwischen die Schulterblätter gerissen.
    »Für fünfzigtausend Dollar, da werden so einigen Leuten die Arme umgedreht, Sally, Mädchen. Ganz zu schweigen von der Viertelmillion in Eisenbahnanleihen. Also kein Wenn und Aber! Wo hat Jerry Driggers die Sore versteckt?«
    »Wie kommen Sie drauf, dass er mir das sagen würde?«
    »Du weißt ganz bestimmt was. Oder du kennst jemanden, der was weiß.« Arno griff nach dem Messer in seiner Kordhose. »Ich will nicht behaupten, dass ich über alle Einzelheiten Bescheid weiß, aber Jerry kannte die ganz bestimmt und du warst Jerrys Mädel, oder etwa nicht, Sally?«
    »Jerry war nur der Fahrer, er war nicht der Drahtzieher! Nicht Jerry!«
    »Wer dann?«
    »Oh Gott!«
    »Sag schon!«
    »Ich kann nicht!«
    »Ich habe schon gehört, dass du gut die Klappe halten kannst, mein Schatz. Na, das werden wir

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