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Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)

Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darryl Wimberley
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und er musste das Spiel mitmachen. Außerhalb dieser isolierten Gemeinde würde er schließlich keine Spuren zu Bladehorns Kohle finden. Falls es hier unten etwas gab, das Bladehorn gehörte, dann wusste irgendjemand in dieser eingeschworenen Gemeinschaft darüber Bescheid, und Jack musste denjenigen dazu bringen, es auszuplaudern.
    Er fiel erschöpft ins Bett, konnte aber nicht schlafen. Tommy jagte seinen neuen Arbeiter auch am zweiten Tag pünktlich um fünf aus den Federn. Am dritten Tag war Jack kurz davor zu passen.
    War er vielleicht auf dem Holzweg? Vielleicht gab es an diesem gottverlassenen Ort nichts als Schlangen und Moskitos und Missgeburten, die noch nie in ihrem Leben einer ehrlichen Arbeit nachgegangen waren.
    Das Problem war, dass er nicht wusste, wo er sonst suchen sollte. Man konnte nicht einfach ohne Mitwisser fünfzig Riesen und eine Viertelmillion in Wertpapieren verstecken. Irgendjemand in dieser Schwindlergemeinde musste etwas wissen.
    Aber wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, Jack, dass sie mit dir darüber reden?
    Am vierten Tag sagte sich Jack, dass die Wahrscheinlichkeit keine Rolle spielte. Manchmal hatte man ein schlechtes Blatt und konnte nicht passen. Man musste einfach weiterspielen und hoffen, ein As zu ziehen oder aus dem Ärmel schütteln zu können. Er beschloss, Tommy Speck zu bearbeiten. Vier Tage gemeinsamer Arbeit hatten die beiden Männer einander näher gebracht. Tommy redete gern. Er trank und spielte auch gern. Das konnte Jack vielleicht zu seinem Vorteil nutzen.
    Das Spielzelt bot ihm dazu vielleicht Gelegenheit. Unterwegs war das Spielzelt eine Art Gemeindesaal für Schausteller, ein Ort, wo sich die Freaks ihrem ununterbrochenen Klatsch und ihrem Lieblingszeitvertreib, dem Glücksspiel, hingeben konnten.
    Es wurde zwar nicht gern gesehen, dass Arbeiter mit Artisten verkehrten, eine Ausnahme bildete aber der Kartentisch.
    Das Zelt stand an der Hinterseite des Platzes, direkt hinter der Menagerie und den Fahrgeschäften. Als Jack das Zelt betrat, leuchtete es im Schein der Kerosinlampen wie eine Kürbislaterne. Tommy war nach einem Krug Selbstgebrautem schon in Hochform und erklärte allen Leuten in Hörweite die Unterschiede zwischen Jahrmarkt- und Zirkusleben bis hin zu den Knoten, mit denen ihre stets getrennt aufgeschlagenen Zelte gesichert wurden (»… Ein Schausteller würde nie diesen zusätzlichen Stek machen!«), und tauschte mit Giant, Jo Jo und Frankie Geschichten über die großen Rummelgeschäfte und ihre Besitzer aus. Namen, die Jack noch nie gehört hatte: Mr. Jones, Mr. Ferari oder Hody Hurd, scheinbar eine resolute Frau.
    »Wenn du dich mit der anlegst, wirst du nachts mal eben aus dem Zug geworfen«, sagte Tommy mit drohender Stimme. »Man liegt vielleicht in einem Viehwaggon und schläft bei hundert Sachen seinen Rausch aus und eh man sichs versieht, geht die Seitentür auf und du hängst am nächsten Telegrafenmast!«
    »Die weiß, wie man seinen Laden in Ordnung hält«, sagte Cassandra kichernd, wobei ihre drei prallen Brüste im Einklang auf und nieder wippten.
    »Die hat Sägemehl im Blut«, stimmte Tommy zu.
    Die kleine, untersetzte Frau neben ihm, die so freundlich lächelte, hätte man leicht übersehen können. In all ihren Gesprächen hatte Tommy seine Frau mit keinem Wort erwähnt. Sie hieß Eileen, wie Jack von Penguin erfuhr. Die beiden waren schon seit Jahren verheiratet, aber erst jetzt war sie mit ihrem ersten Kind schwanger.
    Sie war klein, kaum einen Meter zwanzig groß, und damit doch einen Kopf größer als ihr Mann, aber Penguin sagte, Eileen sei keine Zwergin.
    »Nicht alle kleinen Menschen sind Zwerge«, klärte Charlotte ihn auf. »Das sieht man an ihren Gelenken, ihrem Gang … Sie ist nicht wie Tommy. Sie ist einfach kleinwüchsig.«
    »Wird das Kind auch ein Zwerg?«
    »Das weiß man erst, wenn’s rauskommt.«
    Jack war versucht, das Selbstgebraute zu probieren, entschied sich dann aber für ein Riesenglas Tee, süß wie Sirup und mit Eis serviert. Er fand eine Kiste in der Nähe von Speck und seiner Frau, machte es sich bequem und heuchelte Interesse, als der kleine Mann in Erinnerungen an die alten Zeiten mit Guy Dodson und May Cody Fleming schwelgte. Jack und die anderen Schausteller lachten, als Tommy die verschiedenen Jahrmarktbetreiber, die mit ihren Eisenbahnwaggons durchs ganze Land zogen, aufs Korn nahm und nachäffte. Speck kannte sie alle. Er wusste auch über die geschäftliche Seite des Rummels Bescheid und

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