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Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)

Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darryl Wimberley
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Wachstuch und Holz und lächelte ihn an.
    »Hallo, Streichholzschwanz.«
    Der Spruch kam von Cassandra. Über ihr verkündete ein Transparent den üblichen Schmus: SEHEN SIE CASSANDRA, DIE PRIESTERIN AUS DELPHI MIT IHREN DREI BRÜSTEN.
    Die Hinterseite war eindeutig ein Ort, an dem man seine Unschuld verlieren oder auch eine vom Lande finden konnte. Ein Ort, an dem Bauern von körperlichen Anomalien, die sie nicht für möglich gehalten hätten, gleichzeitig angezogen und abgestoßen wurden. Hier wurde nicht mit Tricks gearbeitet, darauf bestand Tommy. Keine Schwindeleien. Hier konnte jedes frivole, junge Ding seinem Verehrer einen Valentinsgruß auf Slates geduldige Brust schreiben. Hier kreischte die Menge, wenn Pinhead sichNägel in die Nase stieß. Hier fand man die Schlangenfrau und die wilden Männer von Borneo, tscherkessische Prinzessinnen und Kannibalen.
    Hier gaben Half Track, die Frau ohne Unterleib, und die Pinguinfrau einmal pro Woche ihre klassischen Varieténummern zum Besten. Und hier drängten sich junge Burschen zusammen, um zum ersten Mal im Leben erotische Tänze zu sehen. Jack sah das lockende Transparent: LUNA, DIE MONDJUNGFRAU.
    »Nur zehhhhhn Cent«, brüllte Tommy. »Nur ein zehntel Dollaaaar … Was ist los, Jack?«
    »Nichts.« Jack riss sich los. Er sollte sich besser Gedanken über Sally Price, Alex Goodman und Oliver Bladehorn machen.
    Und über Martin und Mamere.
    »Nimm dir einen Eimer Nägel«, wies ihn Tommy an. »Und eine Schaufel. Sieht aus, als müssten wir noch mehr Sägemehl verstreuen.«
    Alle Darsteller rangen verbissen um eine gute Position auf dem Platz. Alle kämpften mit Drohungen und Schmeicheleien um die beste Lage für ihre Bude. Unterwegs konnten diese Verhandlungen ziemlich böse Formen annehmen, aber hier im Winterquartier schienen die Darsteller mit Tommys mit schriller Stimme verkündeten Urteilen ganz zufrieden oder sich zumindest damit abzufinden.
    Jacks Einweisung als Jahrmarktsarbeiter begann mit dem Schaufeln von Sägemehl unter sengender Sonne. Gegen Mittag zimmerte er fleißig und spannte Zelttuch für Stände und Buden, wo den Besuchern das Geld aus der Tasche gezogen werden sollte. Eine Dampforgel pfiff zu einer zwanzigminütigen Pause mit belegten Broten und Eiswasser. Dann ging’s wieder an die Arbeit, diesmal näher an der Vorderseite, wo Stände für sogenannte »Geschicklichkeitsspiele!« entstanden.
    »Es ist sehr wohl Geschicklichkeit im Spiel«, kicherte Speck und zeigte ihm, wie einfach man einen Wurfpfeil so stumpf machen konnte, dass er nicht in der Zielscheibe stecken blieb. Auch andere Geschicklichkeitsspiele wurden von vornherein manipuliert.Zum Beispiel das altbeliebte Zielwerfen. Schließlich war doch nichts einfacher, als mit einem Baseball eine Milchflasche von einer Kiste zu werfen.
    »Kann ich’s mal versuchen?«, fragte Jack.
    »Na klar«, sagte Tommy lächelnd und ließ ihn vergeblich ein Dutzend Mal werfen und ein halbes Dutzend Mal schlagen, bevor er Jack gestand, dass die Flaschenböden mit Blei und Zement beschwert waren.
    Beim Aufbau des Fasswurfstands lernte Jack eine andere Variation des Wurfspiels kennen. Da musste man einfach nur einen Baseball in ein Fass werfen und bekam dafür einen Preis. Das konnte ja nicht sehr schwer sein. Aber das Fass hatte einen falschen Boden, der wie ein Trampolin federte, sodass jeder Ball, den man aus der vorgegebenen Entfernung hineinwarf, ausnahmslos wieder heraussprang.
    Nicht alles war Schwindel. »Das Spiel hier, Fang die Flasche, ist koscher«, bemerkte Tommy. »Man muss die Trottel auch mal gewinnen lassen.«
    »Sieht aus, als würdet ihr damit Geld verlieren.«
    Tommy schüttelte den Kopf. »An einem koscheren Spiel verdient man trotzdem, weil es als Preise nur Plunder gibt. Aber mit Tricks ist mehr Geld zu machen. Wie gesagt, Luna betreibt keine Sonntagsschule.«
    Das konnte man wohl sagen. Jack lernte auf dem Rummelplatz mehr Betrugsmethoden kennen als in seiner ganzen Laufbahn als Pokerspieler. Das Glücksrad konnte mit Pedalen genau da angehalten werde, wo man wollte. Beim Skilo-Spiel hatte man keine Chance. Die Gewehre am Schießstand waren mit Platzpatronen geladen. Beim Hau-den-Lukas konnte man den Hammer so kräftig schwingen, wie man wollte, aber das Eisengewicht schoss niemals hoch an die Glocke und deshalb gewann man auch keinen Teddy und würde nie das Mädel flachlegen, das einen für so toll hielt, außer wenn Half Track den Knopf lockerte, der die Reibung am Draht

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