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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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für Nerven hast und was du alles kannst.«
    »Meinst du, das sei der einzige Grund für sein Entsetzen gewesen?« fragte sie zweifelnd.
    »Selbstverständlich«, sagte Oliver, »und du darfst ihn deshalb nicht tadeln.« Er steckte die Schnürsenkel fest und sah auf. »Du mußt dir darüber klar sein, daß wir nicht durch ein Zauberland reisen, in dem Rosen blühen«, fuhr er fort. »Du wirst ziemlich rauh leben müssen. Das Essen wird dir nicht immer schmecken, und tagelang wirst du nur tassenkopfweise Wasser bekommen können. Ich weiß, du wirst damit fertig werden. Es wird dir bei deiner Liebe zum Abenteuer vielleicht sogar Spaß machen. Aber du kannst nicht erwarten, daß John das weiß.«
    »Ich glaube, er hatte einen Brief für dich«, sagte Garnet.
    »Oh, hatte er? Von Charles?«
    »Ich weiß es nicht. Er wollte ihn mir nicht geben.« Sie erzählte ihm nun, daß John sie auf spanisch angeredet und hinterher geleugnet hatte, von einem Brief gesprochen zu haben.
    Oliver lachte. »Das ist der ganze John«, sagte er. »Er traut keinem Menschen. Wahrscheinlich hat er einen Brief von Charles, in dem dieser mir mitteilt, was während meiner Abwesenheit auf der Ranch vorgegangen ist. Natürlich weiß ich, daß du einen Brief an mich nicht lesen würdest. Aber John ist sicherlich überzeugt, daß du der Versuchung, ihn zu lesen, nicht widerstehen könntest und wissen wolltest, ob er nicht doch vielleicht von einem Mädchen kommt.« Er wühlte ihr mit den Fingern im Haar und küßte sie. »Ich gehe jetzt ins Geschäft«, sagte er; »bis zum Dunkelwerden bin ich zurück.«
    Garnet begleitete ihn vor die Tür und sah ihm nach. Auf der Straße war ziemlicher Betrieb. Die Straßen in Santa Fé waren zu jeder Tageszeit interessant. Die Menschen gingen unter Wolken von Tabaksqualm. Die Eingesessenen, Männer wie Frauen und hier und da sogar Kinder, rauchten ständig. Sie schleppten Tabaksbeutel und Päckchen mit dünnem braunem Papier mit sich herum und drehten sich selbst kleine Röllchen, die sie Cigaritos nannten. Die Damen der oberen Klassen pflegten die Cigaritos mit kleinen goldenen Zangen zu halten und zum Munde zu führen, um keine nikotingelben Finger zu bekommen. Überall, wo Menschen auf der Straße gingen oder in kleinen Gruppen beieinander standen, wirbelten kleine Rauchwölkchen über ihren Köpfen.
    Garnet sah Florinda in Begleitung von Bartlett, Silky, Penrose und einigen anderen Männern die Straße herunterkommen. Sie lachten und sprachen alle durcheinander; sie schienen sämtlich ausgezeichneter Laune. Sie kamen heran; die Männer verbeugten sich höflich, und Florinda blieb bei Garnet stehen.
    »Einen Augenblick, Mr. Bartlett«, rief sie dem trinkfesten Diakon zu, »ich möchte Garnet mal eben die schönen Silberknöpfe zeigen, die Sie mir gaben. Ich bin gleich wieder da.«
    »Geh nur, meine Liebe, ich habe durchaus nichts dagegen«, sagte Mr. Bartlett. Er lächelte Garnet zu; wie gewöhnlich strömte er eine Wolke von Alkoholdunst aus. Offenbar war er selig, daß Florinda von einer jungen Dame wie Mrs. Hale akzeptiert wurde. Garnet zog Florinda ins Haus.
    »Sehen Sie sich die Knöpfe an, es sind echt silberne«, sagte Florinda. »Bartlett meinte, wenn ich Metallknöpfe ans Kleid nähen wollte, dann müßten es auch echte sein. Er ist großzügig wie immer.«
    »Lassen Sie die Knöpfe lieber hier«, sagte Garnet. »Sie könnten sie auf der Straße verlieren.«
    »Oh, Sie haben recht. Behalten Sie sie; ich hole sie mir, wenn ich sie brauche.« Sie schloß die Tür und dämpfte ihre Stimme etwas. »Garnet«, sagte sie, »wollen Sie heute abend in die Fonda kommen? Es könnte da ganz amüsant werden.«
    Garnet sah sie an. »Florinda«, sagte sie, »was geht in Ihrem Kopf vor? Sie haben sich seit einer Woche nicht mehr bei mir sehen lassen.«
    »Oh, ich war sehr beschäftigt, Darling, ich habe dazu beigetragen, den Ruf von Santa Fé zu heben. Jetzt gehe ich besser. Die Herren wollen Monte spielen.« Sie öffnete die Tür; Bartlett wartete draußen. Garnet begleitete sie bis zur Hauptstraße. Während sie noch dastand und den Fortgehenden nachsah, hörte sie jemand rufen: »He, John!« Einen Augenblick später gewahrte sie Mr. Ives, der offenbar auf dem Weg zu Olivers Lagerhaus war. Sie hatte ein unbehagliches Gefühl bei dem Gedanken, daß die beiden Männer jetzt von ihr sprechen würden.
    Ich bin töricht, dachte sie, während sie ins Haus zurückging. Oliver hatte nicht die geringste Unruhe gezeigt, und er

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