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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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aus Sätteln und Warenballen gepreßt; Kopf und Schulter erhoben sich über die Brustwehr. Da – ein singendes Schwirren, ganz nahe; ein Stoß warf sie zurück, sie spürte einen scharfen, schneidenden Schmerz, taumelte und fiel. »Zeige dich nicht oberhalb der Brustwehr! Biete ihnen kein Ziel!« hörte sie im Geist Olivers Stimme.
    Eben das hatte sie getan. Sie hatte sich wie eine Närrin, wie ein richtiges Greenhorn benommen. Sie empfand etwas wie Haß gegen sich selbst, wie sie da hinter der Sattelmauer lag, halb betäubt und unfähig, sich zu erheben. In ihrer linken Körperhälfte wühlte der Schmerz wie fressendes Feuer.
    Sie lag zusammengekrümmt; ihr Kopf berührte den Boden. Sie versuchte ihn zu drehen, um festzustellen, was eigentlich geschehen sei. Der helle Tag war nun da; sie konnte jeden Gegenstand unterscheiden. Sie sah: Der obere Teil ihres linken Ärmels war zerfetzt, wie mit dem Messer zerschnitten; gleich unterhalb der Schulter war ein großer roter Fleck. Das Blut sprudelte aus einer Armwunde wie aus einer Fontäne. Es färbte die Decke, auf der sie lag. Dicht neben ihr auf der Decke lag ein Pfeil mit einer Steinspitze. Die Steinspitze war rot von ihrem Blut.
    Sie erhob sich ein wenig, da durchschoß sie der Schmerz wie der Schnitt einer Rasierklinge. Mit hilflosen Blicken sah sie sich um. Wo war Oliver? Oliver war nicht da. Jähe Angst brach in ihr auf, und die Angst gab ihr Kraft. Sie biß die Zähne zusammen und richtete sich auf, um über die Brustwehr zu spähen. Da sah sie, schon in weiter Entfernung, die Digger davonjagen, von Weißen mit Gewehren und Pistolen verfolgt. Was sie nicht wußte, war: Gleich nachdem sie den Indianer getroffen hatte und noch halb gelähmt war vor Schreck, hatte sich Oliver neben ihr erhoben, um sich der bereits einsetzenden Verfolgung der fliehenden Digger anzuschließen. Oliver ahnte gar nichts davon, daß sie verwundet worden war.
    Sie fühlte sich elend und schwach, es flimmerte ihr vor den Augen, und bevor sie es selbst noch recht wußte, lag sie schon wieder flach auf dem Rücken und versuchte unter den jagenden Stößen des Schmerzes zu atmen. Das Blut schoß immer noch in dicken Strahlen aus ihrer Wunde. Es war leuchtend rot und näßte ihr warm und klebrig die fröstelnde Haut.
    Sie stützte die Stirn mit der rechten Hand und flüsterte: »Ich muß etwas tun. Ich muß irgend etwas dagegen tun!«
    Noch während sie in halber Betäubung die Worte aussprach, wurde ihr bewußt, daß sie nicht die geringste Ahnung hatte, was sie tun könne. In diesem Augenblick kam zwischen den Sattelwänden hindurch ein Körper auf sie zugekrochen. Sie zuckte unwillkürlich zurück; ihre Augen weiteten sich vor Schreck. Dann sah sie, daß es kein Digger war, der da herankam. Es war eine Frau, eine der Halbblutdirnen, die den Treck seit Santa Fé begleiteten. Das Mädchen schob sich auf den Ellbogen näher, sorgsam bemüht, ihren Körper nicht preiszugeben. Sie erreichte Garnet und hockte sich auf gekreuzten Beinen neben sie hin. Sie sprach kein Wort. Ruhig und sicher, als handele es sich um einen Teil ihrer gewöhnlichen Tagesarbeit, ergriff sie Garnets Rocksaum, nahm ihn zwischen die Zähne und riß einen breiten Stoffstreifen ab. Dann hob sie vorsichtig Garnets verletzten Arm.
    Garnet zuckte zusammen. Das Mädchen schien es nicht zu bemerken. Sie besah die Wunde und band den Arm oberhalb der Verletzung mit dem Stoffstreifen ab. Die Blutung hörte auf.
    »Danke«, stammelte Garnet, »danke sehr!« Dann fiel ihr ein, daß das Mädchen vermutlich kein Wort Englisch verstand, und sie wiederholte auf Spanisch: »Gracias, Señorita. Gracias!«
    Das Mädchen antwortete nicht. Sie ließ sich wieder auf die Ellbogen nieder, schob ein paar durcheinandergeworfene Sättel beiseite und kroch aus dem Häuschen hinaus. Garnet sah, wie sie sich kriechend weiterbewegte, als halte sie Ausschau nach jemand, dem sie noch Hilfe bringen könne.
    Einundzwanzigstes Kapitel
    Oliver sagte: »Sage du es ihr, Texas. Ich habe nicht die Nerven dazu.«
    Er ging davon und schickte sich an, seinen Männern zu helfen, die auseinandergelaufenen Maulesel wieder einzufangen. Garnet lag auf einer Decke, die Oliver im Schatten einer Felswand für sie ausgebreitet hatte. Er hatte den Notverband, den das Halbblutmädchen Garnet angelegt hatte, abgenommen und die Wunde gründlich ausgewaschen. Dabei hatte er gesagt, Texas würde sich weiter um die Wunde kümmern und sie ordentlich verbinden. Es war ein für

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