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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Ich erinnere mich noch gut an die Nächte, in denen ich wach lag und bis zum Morgen ununterbrochen weinte; an die Tage, da ich so nervös war, daß ich bei Tisch kaum die Gabel halten konnte. Und das alles, weil dein Vater keinen Dollar besaß und weil sie nicht wußten, wer sein Großvater war.« Sie strich Garnet über das schwarze Haar. »Als sie mir dann sagten, daß mein erstes Kind ein Mädchen sei, da sagte ich mir, was auch immer geschehen möchte, meine Tochter solle jedenfalls nicht durchmachen müssen, was ich durchmachen mußte, um den Mann zu bekommen, den sie liebt.«
    Pauline weinte nicht mehr, aber nun weinte Garnet. Als sie wieder sprechen konnte, sagte sie, sie wolle alles tun, um es den Eltern leichter zu machen. Sie werde jede Gelegenheit benützen, um ihnen zu schreiben. Ganz bestimmt würde sie von New Orleans, von Independence und von Santa Fé aus schreiben. Rückwärts ziehende Händler würden die Briefe mitnehmen; während sie weiter nach Kalifornien zöge. Und wenn sich ein Yankeeschiff im Hafen von San Diego befände, würde sie auch dem Kapitän einen Brief mitgeben. Im nächsten Jahr würde Oliver sie dann wieder nach New York zurückbringen, und dann würden sie zusammen ebenso leben wie andere Leute. Oliver beabsichtigte dann das New Yorker Schiffahrtskontor seines Onkels zu übernehmen. Sie würden ein Haus und eine Kutsche haben und ein ordentliches Leben führen. Sie würde den Eltern keine Veranlassung geben, ihretwegen traurig und bekümmert zu sein, weil sie ihr erlaubt hatten, Oliver zu heiraten. Und sie würde sie immer lieben, mehr als irgend jemand sonst auf der Welt, Oliver ausgenommen, weil sie so klug und gut zu ihr waren.
    Garnet und Oliver wurden in dem Hause am Union Square getraut. Olivers Onkel kam zu der Feier aus Boston herunter. Der ältere Mr. Hale war ein jovialer Mann; er gefiel Garnet gut. Er sagte ihr, er freue sich, daß Oliver in ihrer Person einen Magnet mitnehme, der ihn wieder zurück nach Hause ziehe. Er hatte keine eigenen Söhne und hatte immer schon einen seiner Neffen haben wollen, um ihm eines Tages, wenn er alt würde, sein Geschäft zu übergeben.
    Die übrigen Gäste zeigten sich teils überrascht, teils verwirrt; sie wußten nicht recht, was sie von dieser Heirat halten sollten. Hier und da hörte Garnet aus ihren Bemerkungen auch etwas wie Neid heraus. Die heimlich Neidischen schüttelten Oliver besonders herzlich die Hand, gratulierten ihm liebenswürdig und knüpften dann etwas verschämt allerlei Bemerkungen daran: »Ach, wissen Sie – als ich jünger war – wenn die Schiffe nach Asien hinausgingen, rund um Kap Hoorn – wie heißt das Land noch gleich, Mr. Hale?«
    »Kalifornien«, entgegnete Oliver höflich.
    »Kalifornien, ganz recht. Ist das nicht in der Nähe von Indien? Gut, gut! Viel Glück, junger Mann, viel Glück!«
    Garnet sah diese Menschen, hörte ihre Reden, bedachte, was ihr Vater über Wesen und Art des Amerikaners gesagt hatte, und fragte sich, warum es nicht mehr Menschen unter ihnen gäbe, die Nerven und Mut genug hatten, um durchzuführen, was in ihren Träumen lebte.
    Drei Stunden nach dem Hochzeitsempfang nahmen Oliver und Garnet das Küstenschiff nach New Orleans. Das Schiff ging vom Ende der Wall Street ab. Ein strenger, bitterkalter Wind blies von See herüber und der Nebel über dem East River ließ die Konturen der Stadt kaum noch erkennen. Garnet und Oliver standen an Deck und versuchten mit den Augen die Düsternis zu durchdringen.
    Garnet sagte: »Ich vermag es noch nicht zu fassen, daß ich auf dem Wege nach Kalifornien bin. Bis ich New York wiedersehe –; der Wind blies ihr die restlichen Worte in die Kehle zurück.
    Oliver lächelte sie an. Sie steckte in einem schweren, pelzbesetzten Mantel, ihre Hände in einem Muff. Unter dem Hutrand flatterten kleine Wellen ihres schwarzen Haares im Wind, der ihre roten Wangen noch röter färbte. Oliver neigte seinen Kopf zu dem ihren herab, um sich verständlich zu machen.
    »Liebes«, sagte er, »ich habe nicht die leiseste Idee, was für eine Art Ehemann ich abgeben werde. Ich habe nicht die Hälfte von dem gehört, was der Pastor sagte. Wahrscheinlich habe ich alles mögliche versprochen, was ich jetzt nicht einmal mehr weiß. Aber ich liebe dich!«
    »Ich liebe dich auch«, sagte Garnet. Sie sah zu ihm auf. In Olivers lachendem Gesicht stand der Mutwille.
    »Übrigens –, begann er.
    »Ja!«
    »In New Orleans gibt es ein Varieté-Theater in der Art des

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