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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Gesellschaft von Frauen erblicktest, die dir in keiner Weise gleichen.«
    Garnet wußte nicht genau, was er meinte. Oliver sagte: »Es gibt hier eine ganze Menge wohlhabender Männer, die in diesem Stadtteil Quartiere für Damen unterhalten, von deren Existenz du nicht einmal etwas ahnst.«
    O Gott! dachte Garnet; sie war schrecklich aufgeregt. Sie hatte niemals eine Frau solcher Art auch nur von ferne gesehen.
    »Außerdem«, fuhr Oliver fort, »wenn wir ins Theater hineinkommen, wirst du sehen, daß die Hälfte der weiblichen Gäste keine Weißen sind. Zeige dich nicht zu überrascht, oder laß dir die Überraschung wenigstens nicht anmerken.«
    »Meinst du, es werden Negerinnen dort sein?« fragte Garnet verwirrt.
    »Nein«, sagte er, »Quarteronen. Die elegantesten und kostspieligsten Kurtisanen in New Orleans sind Quarteronen. Sie sind zuweilen außerordentliche Schönheiten.«
    Garnets Aufregung stieg mit jedem Wort, das er sagte. Sie versuchte Olivers Gesichtsausdruck zu erkennen. Es war nur wenig Licht im Inneren der Kutsche, aber sie sah das amüsierte Zwinkern in seinen Augen und das vergnügliche Lächeln um seine Lippen. Sie war stolz und glücklich, einen so erfahrenen und weltgewandten Mann zu haben.
    Die Kutsche hielt. Sie stiegen aus, und Garnet sah sich um. Sie standen vor einem großen Ziegelgebäude mit einem breiten, hell erleuchteten Eingang. Zwischen zwei schmiedeeisernen Lampen befand sich ein Schild, darauf stand in großen Buchstaben: L E J ARDIN DES F LEURS.
    Aus anderen Kutschen, die von beiden Seiten herankamen, stiegen Herren in schwarzen Capes und Damen, die im Halbdunkel der Straße sehr anmutig wirkten. Garnet sah sich einem phantastischen Stimmengewirr gegenüber. Einige sprachen englisch, andere französisch; wieder andere unterhielten sich in Sprachen, die sie niemals gehört hatte. Gruppen von Matrosen kamen zu Fuß herangeschlendert; sie waren von Mädchen begleitet, die recht wenig anziehend wirkten. Sie lachten kreischend und sprachen mit rauhen, heiseren Stimmen. Als sie näher herankamen, stieg Garnet der Geruch von schalem Whisky in die Nase. Oliver schüttelte sich leicht, ergriff sie am Arm und führte sie in die Vorhalle. Während er zur Kasse ging, um die Billetts zu kaufen, blickte Garnet sich um. Es war die großartigste Theatervorhalle, die Garnet jemals gesehen hatte. Dicke, weiche Teppiche deckten den Boden. Weiches Licht strömte aus drei geschliffenen Glaskandelabern mit glitzernden Kristallbehängen. Sie sah an der Wand zwei Kolossalgemälde, die spärlich in Gazeschleier gehüllte Frauen in Lebensgröße darstellten. Eine der Frauen lag auf einem scharlachroten Teppich, die andere pflückte Blumen auf einer Wiese, auf der Astern, Mohn, Gänseblumen und Pfirsichblüten in schöner Vielfalt prangten. Garnet sah mit großen Augen auf die Bilder und blickte gleich darauf weg. Sie hoffte, es möchte niemand ihr Erschrecken angesichts soviel öffentlich ausgestellter Nacktheit bemerkt haben.
    Die Halle war voller Menschen. Die Inhaber billiger Plätze benutzten offenbar eine andere Tür, denn alle, die hier hereinkamen, waren gut gekleidet. Sie schienen sich übrigens alle untereinander zu kennen. Männer begrüßten ihre Freunde, Frauen lachten und tippten einander mit den Fächern auf die Schultern. Garnet fand zunächst, abgesehen von dem Lärm, den sie um sich herum verbreiteten, unterschieden sie sich nur wenig von den Zuschauern im New Yorker Park-Theater. Aber bald fiel ihr auf, daß sehr viel mehr Männer als Frauen anwesend waren. Und mit den Frauen hatte Oliver augenscheinlich recht gehabt: Sie waren anmutig und reizvoll und teilweise schön, dazu prachtvoll gekleidet, aber wenigstens die Hälfte von ihnen waren keine Weißen.
    So also sahen Quarteronen aus! Garnet dachte an Olivers Warnung, aber sie konnte es sich nicht versagen, sie immer wieder in höchster Verwunderung zu betrachten. Es waren einige ausgesprochene Schönheiten darunter. Sie hatten eine Haut wie Sahnekaffee, dunkle, große Augen und schwarzes Haar, das sie aufgetürmt trugen, mit Blumen und Juwelen geschmückt. Viele Gesichter zeigten ausgesprochen kaukasischen Schnitt, sie machten den Eindruck weißer Schönheiten, die ihre Haut künstlich nachgedunkelt hatten.
    Garnet überkam ein Gefühl scheuer Befangenheit. Sie fragte sich, ob man ihr wohl ansähe, daß sie nicht zu jenem Aufgebot kostbarer Sünderinnen gehöre. Ein junger Elegant erblickte sie, verhielt zögernd den Schritt,

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