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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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weil sie in keinem Fall zurückkehren würden. Und Oliver hatte, für ihn sehr bezeichnend, gehorcht.
    Er sei selbstverständlich bereit, alle von Oliver für den Ost-Treck gekauften Waren wieder zurückzunehmen und die Beträge dem Konto wieder gutzubringen, hatte Mr. Abbott weiter gesagt Mr. Charles Hale würde ja wissen, wo die Sachen sich befänden. Außerdem, der Ranchbesitz habe ja beiden Brüdern Hale zu gleichen Anteilen gehört und sie sei logischerweise Olivers Erbin. Charles werde ihr also auch noch Olivers Anteil am Fellgeschäft des letzten Jahres auszahlen, sofern er es nicht schon getan habe. Wenn nicht, brauche sie nur die Empfangsbestätigung über die entsprechende Anzahl Felle und Häute von Charles zu erbitten, dann werde er den darauf entfallenden Betrag ihrem Konto gutschreiben. Die Ranch … die Ranch … Charles!
    Jetzt, wo sie allein auf der Veranda stand, drangen Garnet die Worte des höflichen und respektvollen Mr. Abbott erst ins Bewußtsein. Mr. Abbott konnte ja nicht wissen, daß Oliver seinen Anteil an der Ranch seinem Bruder Charles überschreiben ließ. Sie selbst hatte Oliver dazu gedrängt. »Ja, ja, gib es ihm! Gib ihm alles, was er will!« hatte sie gesagt. Und hatte sich nicht träumen lassen, daß Landbesitz in Kalifornien eines Tages etwas für sie bedeuten könnte.
    Das Guthaben, das Oliver bei Mr. Abbott stehen gelassen hatte, betrug nach Abzug der von Florinda für Babywäsche verbrauchten Gelder noch achtunddreißig Dollar. Mr. Abbott hatte erklärt, er habe sie wegen eines so geringen Betrages nicht bemühen wollen, deshalb habe er die Summe Mr. Charles gutgebracht. Aber da sie ja nun hier am Ort sei und sicher diese oder jene Kleinigkeit brauche, habe er das wieder rückgängig gemacht. Es sei ihm eine hohe Ehre, ihr Konto führen zu dürfen; selbstverständlich stehe er jederzeit zu ihrer Verfügung. Und wenn sie sich mit der für einen Laien etwas schwierigen Verrechnungsweise nicht zurechtfände, dann könne sie alles Geschäftliche ruhig ihm überlassen. Sie könne sich bei jedem Yankee und bei jedem Angelesen nach ihm erkundigen, und sie werde allerorts hören, daß sein Ruf als seriöser Kaufmann makellos sei.
    Garnet schlang den Arm um den Stützpfosten und ließ sich dagegen sinken; ihr war zumute, als müsse sie jeden Augenblick umsinken. Jetzt wußte sie, was Charles gemeint hatte, als er ihr zynisch erklärte, er sei überzeugt, sie werde von ganz allein zu ihm zurückkehren. Sie hatte keinerlei Möglichkeiten, ihr Vermögen von ihm zu erlangen. In Kalifornien gab es keine Rechtsanwälte, und sie war lange genug hier, um zu wissen, wie wenige Gesetze und Verordnungen es gab, die von jedermann respektiert wurden.
    Draußen liefen die wilden Hunde herum und kläfften. Kinder spielten auf der Erde und tollten zwischen den Häusern. Hier und da standen ein paar Männer schwätzend vor einem Haus. Frauen hockten vor den Öfen – hier wurde überall im Freien gekocht –, bliesen in das Feuer und rührten in den darüber hängenden Kesseln und Töpfen. Ein zweirädriger Ochsenkarren, hoch mit Fellen und Häuten bepackt, rumpelte heran und hielt. Eine Anzahl Digger begann die Last vor dem Laden Mr. Abbott’s abzuladen. Die Felle stanken und die Digger stanken auch. Die herumstreuenden Hunde strömten einen penetranten Geruch aus; er mischte sich mit dem Geruch der Häute und der Digger und mit dem süßlichen Dunst der heißen Tamalen, mit dem Duft des bratenden Fleisches und den Gewürzen in den Kesseln und Tiegeln der Frauen vor den kleinen steinernen Herden. Die infernalische Vielfalt der auf sie eindringenden Gerüche machte Garnet krank; sie fühlte, wie eine Gänsehaut ihren Körper überzog. Vielleicht kam die Gänsehaut auch von den Flöhen, die sie auf ihrem Körper herumkribbeln spürte. Einen Augenblick verschwand die Szenerie der Umwelt vor ihren Augen, und ihr war, als sähe sie in Wasser. Sie biß sich hart in die Unterlippe, schloß die Augen und riß sie wieder auf, und dies wiederholte sie mehrmals, bis sie das Gefühl hatte, wieder klar sehen zu können. Sie sah Florinda mit Mr. Collins und Mr. Bugs McLane herankommen.
    Florinda wischte sich die Finger an einem Taschentuch ab und zog die Handschuhe an. Als sie vor der Veranda anlangten, verbeugten sich Mr. Collins und Mr. McLane vor Garnet, und Florinda dankte Mr. McLane für die heißen Tamalen. Die Männer gingen in den Laden und Florinda bat Garnet, noch einen kleinen Augenblick zu warten; sie

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