Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
Vom Netzwerk:
werde alles gutgehen. Und es ging auch alles gut. Als alles vorüber war und er ihr das Kind in den Arm legte, küßte sie die rauhe Hand, die auf dem Kopfkissen neben ihr lag. »Danke, Texas!« murmelte sie. »Ich kann nicht ausdrücken, was ich Ihnen sagen möchte. Aber ich danke Ihnen.«
    »Nun, nun«, sagte Texas, »Sie wissen, ich war froh, Ihnen helfen zu können. Sie haben sich verdammt tapfer gehalten, und Sie haben ein prachtvolles Baby.« Er versetzte ihr einen leichten, freundschaftlichen Schlag und sagte, nun wolle er erst einmal etwas frische Luft hereinlassen.
    Garnet seufzte vor Glück, als sie den kleinen flaumbedeckten Kopf des Kindes an ihrer Wange fühlte. Texas öffnete die Fensterläden, und sie sah, daß der Himmel hinter dem Gebirge fahl zu werden begann. Die Bergspitzen waren von einem violetten Schimmer umgeben, darüber hingen die matten Sterne wie silberne Flocken in der Luft. Halb zwischen Wachen und Traum dachte sie, daß die Welt herrlich sei.
    Als sie erwachte und die Augen öffnete, war das Zimmer sauber und ordentlich wie immer. Texas war nicht da. Auf dem Fußboden lag die Matratze, auf der Florinda schlafen würde. Florinda selbst saß auf der Wandbank in der Nähe des Fensters. Das Kind lag noch in Garnets Arm, aber Florinda beabsichtigte offenbar, es ihr fortzunehmen, denn ihre Hände beschäftigten sich mit dem Körbchen, das sie beide zusammen vorbereitet hatten. Das Fenster stand halb offen; Garnet konnte die Zackenlinie der Berge vor einem rötlichen Himmel sehen.
    Florinda breitete ein kleines Laken über die Matratze im Körbchen, legte die Ecken sorgfältig um und steckte sie fest, damit das Laken ja keine Falte aufwiese. Sie tat das so sicher und geschickt, als habe sie dergleichen Arbeit schon zahllose Male verrichtet. Plötzlich, wie unter dem Zwang einer jäh aufschießenden Erinnerung, schob sie das Körbchen fort, legte den Ellbogen auf den Fenstersims und bettete den Kopf in der Handfläche. Garnet sah ihr schönes Profil, klar abgesetzt gegen den rötlichen Himmel. Florinda weinte nicht. Aber sie saß ganz still, wie ein Mensch in der Nervenanspannung eines schier unerträglichen Schmerzes. Garnet fühlte eine Welle von Mitleid in sich aufsteigen. Sie war noch so schwach, daß sie kaum zu sprechen vermochte, aber sie hätte jetzt auch nichts sagen können, selbst wenn sie dazu imstande gewesen wäre. Florinda hatte sie deutlich erkennen lassen, daß sie nicht über ihr eigenes gestorbenes Kind sprechen wollte. Garnet wandte ihr Gesicht dem kleinen atmenden Wesen an ihrer Seite zu, und ihre rinnenden Tränen netzten des Kindes Gesicht. Dann schlief sie wieder ein.
    Dreiunddreißigstes Kapitel
    In Silkys Bar herrschte Hochbetrieb. Zahllose Yankees drängten sich an der Theke, tranken ein Glas nach dem anderen, brachten Trinksprüche aus und klopften sich gegenseitig auf die Schultern. Die wenigen Angelesen im Raum schienen halb verwirrt und halb amüsiert. Sie kannten die Yankees ja seit langem, aber sie würden nie begreifen, warum selbst eine große Neuigkeit mit einem so fürchterlichen Lärm gefeiert werden müsse.
    Florinda war völlig außer Atem. Sie hatte ununterbrochen ausgeschenkt, und ihr war, als hätte sie mindestens zehntausend Becher gefüllt. Und jedesmal, wenn sie einem ihrer Landsleute, die ausnahmslos außer Rand und Band waren, einen Becher über die Theke zuschob, mußte sie sich einen Kuß gefallen lassen. Sie hatte im Laufe des Abends drei Heiratsanträge bekommen. Daneben hatte sie sehr viel mehr andere Anträge bekommen, die nichts mit Heirat zu tun hatten; in diesen Fällen hatte sie die übliche Antwort gegeben:
    »Sechs Türen weiter rechts. Fragen Sie nach Estelle.«
    Wie Garnet wohl diesen Lärm erträgt! dachte sie. Garnets Baby war erst vierzig Stunden alt. Die Entbindung war nicht besonders schwierig gewesen, trotzdem brauchte Garnet einstweilen noch ein bißchen Ruhe. Florinda sah sich um. José war geradeso außer Atem wie sie; trotzdem mußte es möglich sein, daß er und Micky ein paar Minuten allein fertig würden. Micky kam eben aus der Küche; der Zopf wippte auf seinem Rücken und seine Filzschuhe schlappten beim Gehen. Er stellte ein Tablett mit sauberen Bechern auf den Tisch. Auch Micky war müde zum Umfallen, aber er lächelte Florinda strahlend an. Florinda flüsterte ihm etwas ins Ohr. Und Micky nickte: »Es ist gut, Miß Flinda.«
    »Boys, wenn ihr mich jetzt nicht fünf Minuten herauslaßt, um einen Happen zu essen,

Weitere Kostenlose Bücher