Kalifornische Sinfonie
dem die amerikanische Kommandantur untergebracht war. Die Amerikaner verjagten die Angreifer, nahmen einige der Beteiligten fest und sperrten sie ein. Aber damit war die Revolte noch nicht zu Ende.
Varela und seine Gefolgsleute hatten schon früher, lange bevor Gillespie in Los Angeles eintraf, Streitigkeiten angezettelt; die ordentlichen Bürger wollten sonst mit dieser Art Leute nicht viel zu tun haben. Aber diesesmal lagen die Dinge anders. Gillespie hatte sich selbst so unbeliebt gemacht, daß jetzt selbst ordentliche und angesehene Bürger ihre verborgenen Schußwaffen hervorholten und sich hinter Varela stellten. Schon am nächsten Tag wurde die Kommandantur von rund dreihundert Kaliforniern belagert, und die Amerikaner wurden aufgefordert, unverzüglich die Stadt zu verlassen.
Während Captain Gillespie im Kommandanturgebäude sozusagen gefangensaß, trugen die Rebellen den Aufstand in die benachbarten Dörfer. Es gelang ihnen, die amerikanische Besatzung von Santa Barbara zu vertreiben und ins Gebirge zu jagen. Die Garnison von San Diego rettete sich auf einen amerikanischen Walfänger. Östlich von Los Angeles nahmen hundert Kalifornier zwanzig Yankees gefangen, in der Hauptsache vermögende Männer, die seit Jahren in Kalifornien lebten. Die Gefangenen wurden nach Los Angeles gebracht, und die Rebellen, die sie entführt hatten, schlossen sich den Aufständischen an, die Captain Gillespie in der Kommandantur belagerten.
Gillespie hatte sich in Sachen der Zivilverwaltung zweifellos wie ein Narr benommen, aber er war kein schlechter Soldat. Er befand sich mit seinen Leuten in hoffnungsloser Minderheit, etwa im Verhältnis von eins zu acht. Seine Vorräte gingen zur Neige, und er war sich klar darüber, daß er sich nicht lange mehr halten konnte. Aber es gelang ihm, einen Kurier aus dem Hause herauszuschmuggeln, der den Befehl hatte, nordwärts nach Yerba Buena zu reiten und Kommodore Stockton einen Lagebericht zu überbringen. Dann ließ er den Belagerern mitteilen, er sei bereit, Los Angeles zu verlassen, wenn ihm gestattet würde, seine Männer ungefährdet nach San Pedro zu führen. Die Kalifornier nahmen die Bedingung an, und Gillespie marschierte mit seiner kleinen Truppe nach San Pedro. Hier begab sie sich an Bord eines im Hafen liegenden amerikanischen Frachters und wartete auf die Hilfe aus dem Norden.
Aber Yerba Buena war vierhundert Meilen entfernt. Während der Zeit, da Stocktons Truppen von dort nach San Pedro ritten, wurden die amerikanischen Besatzungen sämtlicher im Süden gehaltenen Ortschaften vertrieben. Die Kalifornier, die inzwischen alle Waffen, deren sie habhaft werden konnten, an sich genommen hatten, kontrollierten die Häfen. Beim ersten Versuch, Marinesoldaten zu landen, wurden sieben Mann getötet. Mittlerweile war der ganze Süden in hellem Aufruhr. Die Yankee-Kaufleute hatten sich, nunmehr ernsthaft um ihre Sicherheit besorgt, aus Los Angeles zurückgezogen. Die meisten hatten bei befreundeten Rancheros einstweilige Zuflucht gefunden. Auch Silky hatte es vorgezogen, zu gehen und seine kostbaren Alkoholvorräte zurückzulassen.
Als Garnet und Florinda von der Revolte in Los Angeles hörten, hatten sie glücklicherweise Kerridges Ranch schon erreicht. Zusammen mit anderen Amerikanern verbrachten sie hier den Winter in Ruhe und in aller Bequemlichkeit. Alle Amerikaner waren hier willkommene Gäste. Mr. Kerridge hatte Yankeeblut, und sein Haus hatte eine alte Tradition kalifornischer Gastfreundlichkeit. Doña Manuela regierte selbstbewußt und zufrieden ihr eigenes kleines Königreich und kümmerte sich nicht im geringsten darum, wer das Land regierte. Sie sagte, der ganze Aufruhr sei ein entsetzlicher und ganz und gar widerwärtiger Greuel. Yankees und Kalifornier hätten sich immer ausgezeichnet vertragen; sie habe Vertreter beider Nationen ständig im Hause gehabt. Es gäbe deshalb nicht den geringsten Grund, warum sie nicht auch anderwärts miteinander auskommen sollten. Wenn sie jetzt in Los Angeles wäre, würde sie der ganzen Schweinerei bis spätestens zum Sonnenuntergang ein Ende machen. Es gab niemand im Hause, der ihr nicht zustimmte.
Sechsunddreißigstes Kapitel
Doña Manuela war besonders entzückt Florinda wiederzusehen. Allerdings war sie enttäuscht, sie noch immer unverheiratet zu finden. Was Garnet und Stephen anging, so nahm sie alle beide gleichzeitig in die Arme und brach in Tränen der Rührung aus. Die Geschichte der Carmelita Velasco war inzwischen
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