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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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einzige Mann, den ich wirklich geliebt habe. Und ich werde dich lieben, solange ich lebe.«
    John antwortete nicht gleich. Sie hatte gedacht, er werde sie nun in die Arme schließen, wie gestern nacht, würde sie an sich ziehen und würde sie küssen. Aber John tat nichts dergleichen. Er sah mit einem Lächeln, das halb überrascht und halb nachsichtig wirkte, auf sie herab. »Aber Garnet«, sagte er nach einer kurzen Pause, »das verlange ich ja gar nicht. Wir sind beide erwachsene Menschen. Wir wollen ehrlich sein miteinander. Wir wissen schließlich, daß ›Liebe‹ nichts ist als ein Wort. Ein bißchen Stimmung, ein bißchen Romantik und ein bißchen Mondscheinzauber!«
    Achtunddreißigstes Kapitel
    Solange sie lebte, würde der Hintergrund dieses Morgens im Olivenhain vor Garnets Erinnerung stehen. Das Glitzern des Taus, das lavendelfarbene Licht über den Berggipfeln, der frische Duft des Grases unter ihren Füßen. Und sie würde wieder Johns sonnenverbranntes Gesicht sehen, sein Haar, das ihm vorn etwas in die Stirn hineingewachsen war, seine hellen grünen Augen unter den dunklen Wimpern, sein leichtes Lächeln und die bitteren Linien in seinen Mundwinkeln. Und sie würde zurückweichen vor der Erinnerung und wieder das dumpfe Schockgefühl haben, das sie jäh überkam, als ihr klar wurde, daß auch John des Glaubens war, Liebe sei nichts als Romantik und Mondscheinzauber. Zuerst glaubte sie ihm nicht. Sie war überzeugt, er habe sie nicht richtig verstanden. Dann stellte sie mit Bestürzung fest, daß er sie sehr wohl verstanden hatte. Und das schmerzte sie mehr als damals das glühende Eisen, das sich in ihre offene Wunde gebrannt hatte. Er indessen meinte, sie habe gesagt, daß sie ihn liebe, weil sie dachte, er wolle das hören. Deshalb sagte er ihr, daß er solch sentimentale Geständnisse und Versprechungen nicht erwarte. Er sagte, die Liebesschwüre, die Menschen tauschten, gleichgültig, wie heiß und wie glühend sie immer klängen, pflegten an der kühlen Luft der Tatsachen und Wirklichkeiten schnell zu erkalten; warum also sollte man sie überhaupt erst schwören? Erwachsene Leute mit Geist und Verstand sollten vernünftig miteinander reden.
    John zeigte sich offensichtlich überrascht, daß eine Frau mit so kühlem und klarem Kopf gedacht habe, es verlange ihn danach, romantische Redensarten wie: »Ich liebe dich! Ich werde dich ewig lieben!« und Ähnliches zu hören. Als sie entsetzt ausrief, sie meine doch, was sie sage, stieg seine Überraschung noch, zumal er keineswegs gedachte, ihr irgendein Wort dieser Art zu sagen. John mochte sie sehr; sie schien ihm die begehrenswerteste Frau, die ihm je begegnet war, aber er beabsichtigte nicht, ihr ewige und unabänderliche Liebe und Leidenschaft zu versprechen. Er glaubte ein solches Versprechen nicht verantworten zu können und war der Meinung, kein Mann könne das, und so er es doch gäbe, sei er ein verantwortungsloser Lügner. »Um Himmels willen, Garnet«, sagte er, »niemand kann ein derartiges Versprechen geben. Warum also sollen wir so tun, als könnten wir es?« Ihr Schmerz und ihr Erstaunen mußten wohl in ihrem Gesicht gestanden haben. Er nahm ihre beiden Hände in die seinen. »Ich wollte dir gewiß nicht weh tun, Garnet«, sagte er.
    Aus jedem Wort, das er sagte, sprach seine Aufrichtigkeit; in seiner Stimme war ein zärtlicher Klang. Aber Garnet fühlte: Es war dies nicht die Zärtlichkeit, mit der ein Mann einer geliebten Frau begegnet; es war so, als versuchte ein älterer und erfahrener Mann einem Kind klarzumachen, daß die Welt nicht ganz so fleckenlos strahlend sei, wie sie manchmal scheine.
    »Garnet«, sagte er, »ich habe dich sehr, sehr gern; das fühlst du doch. Warum willst du, daß ich Narrheiten schwätzen soll wie irgendein dummer Fant? Dieses übliche Geschwätz von ewiger Liebe und Treue ist Narrheit. Und du weißt das.«
    »Ich weiß nichts dergleichen«, sagte Garnet. »Und als ich sagte: ›Ich liebe dich‹, da wußte ich sehr genau, was ich meinte. Das war kein närrisches Geschwätz. Mein Gott, John«, – sie wollte kurz sein, aber sie konnte sich nicht helfen, es brach aus ihr heraus – »liebst du mich denn nicht?«
    John stand auf. »Ach, Garnet«, sagte er, »was heißt das denn überhaupt? Was bedeutet das Wort?«
    »Das – weißt du nicht?« Sie starrte ihn fassungslos an.
    »Nein«, antwortete er. »Nein, Garnet, das weiß ich nicht. Und ich bin überzeugt: Kein Mensch weiß es. Die Menschen lieben

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