Kalifornische Sinfonie
bezahlen.«
Solange die Bar offen war, lachte und scherzte und schmuste Florinda mit den Boys; aber sobald das Lokal geschlossen wurde, schob sie sie von sich wie lästige Insekten. Wäre einer unter den Gästen gewesen, dessen Charme sie bezaubert hätte oder der bereit gewesen wäre, ihr ein hübsches und vor allem kostbares Schmuckstück zu schenken, sehr wahrscheinlich hätte sie sich weniger spröde und abweisend gezeigt. Aber da mußte schon etwas Besonderes kommen; wie die Dinge lagen, war sie abends viel zu müde und abgespannt, um noch an nächtlichen Abenteuern interessiert zu sein. Und so bewohnte sie denn auch ihr hübsches, mit blauen Wandvorhängen und Gardinen ausgestattetes Zimmer weiterhin ganz allein.
Garnet gewöhnte sich von Tag zu Tag mehr an den Barbetrieb. Sie lernte es, ruhig und deutlich und mit einer Stimme, die keinen Zweifel aufkommen ließ, ›nein‹ zu sagen; und sie wurde auch nicht mehr vor Verlegenheit rot, wenn dieses Neinsagen nötig wurde. Freilich, Florindas Geschicklichkeit in solch heiklen Dingen erreichte sie nie. Und sie brachte es auch nicht fertig, wie Florinda immer wieder scheinbar gespannt und völlig fasziniert zuzuhören, wenn jemand Witze und Anekdoten erzählte, die sie schon vierzigmal gehört hatte. Aber sie lernte es, zwölf Stunden am Tage auf den Füßen zu stehen, sich freundlich mit den Gästen zu unterhalten, auch wenn sie noch so müde war. Sie lernte begreifen, was ein Dollar wert ist, wenn man ihn in Zeit, schmerzende Glieder und gespannte Nerven umrechnete. Und diese Erkenntnis war eine der größten Überraschungen ihres bisherigen Lebens.
Seit sie Tag für Tag den Diskussionen der Männer in der Bar zuhörten, waren sie beide über die Ereignisse stets gut unterrichtet. Während des ganzen Aprils wurde über Frémont und seinen Streit mit General Kearny geredet. Frémont saß in Los Angeles und der General in Monterey. Der General sandte Befehle und Anweisungen, aber Frémont hielt es für unter seiner Würde, sich danach zu richten. Schriftliche Ermahnungen blieben unbeachtet.
Der General schickte schließlich einen anderen Offizier, den Colonel Richard B. Mason, nach Los Angeles, um Frémont abzulösen. Mason befahl Frémont zu sich, um ihm die Entschließungen des Generals mitzuteilen. Aber Oberstleutnant Frémont dachte gar nicht daran, dem Befehl nachzukommen; Mason mußte ihn dreimal wiederholen. Als Frémont dann schließlich erschien, lehnte er es ab, von Mason irgendwelche Befehle entgegenzunehmen, und es gab zwischen den beiden Offizieren eine heftige Auseinandersetzung, die damit endete, daß der Colonel schrie, Frémont sei ein Rebell, er werde ihn abführen und in Ketten legen lassen. Frémont fand, dies sei eine persönliche Beleidigung seiner Offiziersehre, und antwortete mit einer Duellforderung.
Mason barst vor Wut und wollte die Gelegenheit wahrnehmen, Frémont über den Haufen zu schießen. Und tatsächlich sah es eine Zeitlang so aus, als würde Los Angeles das Schauspiel erleben, daß ein Armeeoffizier der Vereinigten Staaten einem Untergebenen, der den Befehl verweigerte, mit der Pistole gegenübertrat. Aber dann erschien glücklicherweise General Kearny selbst in Los Angeles und verbot das Duell.
Frémont schien in buchstäblich letzter Minute zu begreifen, daß er sich den direkten Befehlen des Generals nicht widersetzen dürfe. Er erbat die Erlaubnis, sich entweder zu seinem eigenen Regiment begeben zu dürfen, das in Mexiko kämpfte, oder aber die Männer der seinerzeit von ihm geführten Forschungsexpedition zurück nach den Staaten zu führen. Kearny lehnte beides ab und befahl Frémont, mit ihm nach Monterey zurückzukehren und dort weitere Befehle abzuwarten.
Die Meinungen an der Bar gingen ziemlich heftig auseinander. Frémont war ein äußerlich sehr ansehnlicher Mann und verstand es, sich überall Freunde zu machen, die allerlei gute Gründe fanden, sein bisheriges Verhalten zu erklären und zu entschuldigen. Andererseits gab es Leute, die der Meinung waren, General Kearny sei viel zu gutmütig, er mache sich nicht klar, daß es Offiziere in der Armee gäbe, die seine Befehle und Anordnungen bewußt sabotierten. Diejenigen, die fanden, eine Armee ohne straffe Disziplin sei überhaupt keine Armee, vertraten die Ansicht, General Kearny müsse den Oberstleutnant Frémont dem Kriegsgericht übergeben, und das werde er wohl auch tun, denn es gab nach Lage der Dinge gar keine andere Möglichkeit. Die Boys redeten hin
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