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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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und immerfort Karten spielen konnte man auch nicht. Und der Winter war außerordentlich hart. Niemand fand etwas dabei, wenn ein Mann ein paar Brandys trank, um sich innerlich aufzuwärmen. Trank man einmal etwas zuviel, so war auch nichts dabei. Man hatte dann zwar am nächsten Tag einen Brummschädel, aber es gab ja ohnehin nichts zu tun.
    Aber dann gab es eines Nachts plötzlich Alarm. Indianer griffen das Fort an. Der harte Winter hatte an ihren Lebensmittelvorräten gezehrt, und sie waren darauf aus, die Vorratskammern der Weißen zu plündern.
    Die Männer sprangen aus dem Schlaf und griffen nach den Gewehren. Sie waren den Angreifern zahlenmäßig weit unterlegen. Und obgleich das Gesetz es ausdrücklich verbot, den Indianern Waffen zu verkaufen, waren die Roten mit Feuerwaffen gut ausgerüstet. Drei Soldaten wurden gleich zu Beginn des Gefechts verwundet. Die Wunden waren nicht sonderlich schwer; schnelle und geschickte ärztliche Hilfe hätte sie in verhältnismäßig kurzer Zeit heilen müssen. Aber die Augen des Arztes waren verschleiert, und seine Hände zitterten. Der Arzt war betrunken.
    Es war den Indianern nicht gelungen, das Fort zu nehmen, aber bei Sonnenaufgang waren sechs Soldaten tot, und zahllose andere lagen im Todeskampf. Ihre Wunden waren nur von Freiwilligen behandelt worden, die zwar ihr Bestes taten, aber keine Ärzte waren. Vierzehn Verwundete starben später noch. Gleichgültig nun, wer von diesen möglicherweise in jedem Falle gestorben wäre, Tatsache war und blieb, daß in den entscheidenden Stunden kein Arzt da war, der ihnen hätte helfen können. Der Arzt war betrunken gewesen.
    Er war bald danach vor ein Kriegsgericht gestellt und schimpflich aus der Armee ausgestoßen worden.
    »Miß Garnet«, flüsterte Texas, nachdem er diese Beichte stockend und stöhnend zustande gebracht hatte, »Sie werden mich für verrückt halten, aber es ist wahr: Ich war fast erleichtert, als der Spruch gefallen war. Es war, als sei nun endlich ein Kampf zu Ende gegangen, von dem ich immer überzeugt war, ihn nicht bestehen zu können. Schlimmeres konnte mir nun nicht mehr geschehen. – Ich habe immer gewußt, daß meine Kraft nicht ausreichte. Nun war es also soweit. Natürlich tat es weh. Es schmerzte mich tiefer als irgendein Schmerz, den ich je gefühlt hatte. Aber ich brauchte nun nicht mehr darauf zu warten; es war vorbei. Auf dem großen Treck ließ sich das Geschehene dann leichter überwinden. Ich habe mich dort eigentlich immer heimisch gefühlt. Kein Mensch verlangte mehr von mir, daß ich besser sein sollte, als ich war.« Er zuckte und wand sich vor Schmerzen. Eine Zeitlang schwieg er, und Garnet hockte erschüttert neben ihm. Schließlich begann er wieder zu flüstern: »Es mußte wohl so sein. Wer hätte auch damit rechnen können, daß die Armee nach Kalifornien käme! Es war schwer für mich, als die Boys einmarschierten. Es gab mir ein böses Gefühl.« Er wandte der neben ihm Sitzenden den Kopf zu und lächelte schwach. »Miß Garnet«, sagte er, »es ist nämlich – ich habe ein paar Leute wiedererkannt. Offiziere, die damals auch in Leavenworth waren, als das passierte. Sie haben mich, glaube ich, nicht erkannt. Sie kennen sie aber. Der eine mag Sie sehr: Roger Brown. Ein großartiger Mann. Sauberer Mann. Ganz vertrauenswürdig.« Er schloß erschöpft die Augen, und seine Brust hob und senkte sich unter schweren Atemstößen. Nach einer Weile erwachte Stephen. Er hatte ausgeschlafen und wollte nun spielen. Sie beschäftigte sich mit ihm, um ihn ruhig zu halten. Texas öffnete die Augen und lächelte.
    »Ein hübscher Junge«, sagte er. »Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich mir einbilde, ich hätte auch ein bißchen Anteil an ihm?«
    »Im Gegenteil, Texas«, lächelte Garnet, »ich bin stolz darauf, daß Sie ihn mögen. Wenn er groß genug sein wird, um es zu verstehen, werde ich ihm von Ihnen erzählen.« Stephen lehnte an ihrem Knie und brabbelte vor sich hin; Garnet umschlang ihn mit dem Arm und zog ihn dichter an sich heran.
    In diesem Augenblick öffnete sich plötzlich die Tür. Der von der Straße hereindringende Lärm war so groß, daß Garnet nicht wahrgenommen hatte, daß jemand das Haus betrat. Aufsehend, dachte sie, es sei Silky, der sie abholen käme; sie wunderte sich nur ein bißchen, daß er, entgegen seinen Gewohnheiten, nicht vorher angeklopft hatte. Die Tür befand sich am Fußende des Bettes. Garnet konnte, aufblickend, dem Eingetretenen gerade ins Gesicht

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