Kalix - Die Werwölfin von London
hinauswollte, erzählte sie Daniel lächelnd, sie hätte sich um ihn Sorgen gemacht und ihn deshalb sicher nach Hause begleiten wollen. Die Erkenntnis, dass Vex sich nur so enthusiastisch auf ihn gestürzt hatte, weil Malveria sie geschickt hatte, versetzte Daniels Ego einen ziemlichen Tiefschlag. Ein paar schöne Stunden lang hatte Daniel sich attraktiv gefühlt, und das kam nur sehr selten vor. Als Vex die Arme um ihn geschlungen hatte, waren die anderen Studenten sichtlich beeindruckt gewesen. Jetzt schien es irgendwie nicht mehr das Gleiche zu sein.
»Und sieh mal, was ich hier gefunden habe!«, fuhr Vex fort, ohne zu merken, dass sie Daniels Ego zerschmettert hatte. »Eine total hübsche Werwölfin! Wir werden die besten Freundinnen, ich weiß es genau. Ihre Mutter hat ihr das Taschengeld gestrichen,
268
deshalb muss sie in diesem kleinen Zimmer wohnen. Kannst du mir mehr Geld geben und ich teile mit ihr?«
Weil er Moonglows Beispiel folgen und sich gastfreundlich zeigen wollte, fragte Daniel seine Gäste, ob er ihnen etwas anbieten konnte. Dann ging er in die Küche, um Tee zu kochen und Wein zu suchen. Er versuchte, nicht zu genau darüber nachzudenken, dass er allein mit zwei Feuergeistern und zwei Werwölfinnen war, jede von ihnen exotischer als die andere.
Wenig später hatte Daniel noch mehr, worüber er sich Gedanken machen konnte. Die Werwolf-Modedesignerin wollte auf ihrem Dachboden Kleidung aufbewahren. Ohne sich lange mit Einzelheiten aufzuhalten, erklärte Thrix, dass sie die Macht von Kalix' Amulett brauchte, um ihre Entwürfe vor einem verfeindeten Designer zu verbergen. Daniel war nicht begeistert. Ihm gefiel die Aussicht nicht, die rüde Thrix im Haus zu haben. Und er wollte nicht in die Schusslinie zwischen zwei Modedesignern geraten. Da würde sich niemand freiwillig einmischen.
»Das ist aber nicht sehr praktisch, oder?«, widersprach er. »Du wärst dann ständig hier und würdest Kleider entwerfen. Ich muss unbedingt lernen.«
Thrix sah Daniel vielsagend an.
»Na gut, Moonglow muss unbedingt lernen.«
»Wir werden nicht ständig hier sein«, sagte Thrix. »Ich würde nur kurz vorbeikommen und ein paar fertige Stücke hier aufbewahren.«
Daniel wünschte, Moonglow wäre da. Sie wüsste, was zu tun wäre. Leider war Moonglow verschwunden, das machte ihm Sorgen. Sie hätte zum Gig kommen sollen, war aber nicht aufgetaucht. Es sah Moonglow gar nicht ähnlich, eine Verabredung platzenzulassen, und sie ging auch nicht an ihr Handy. Daniel nahm an, sie sei bei Jay und zu beschäftigt zum Telefonieren.
Kalix wollte ihre Schwester genauso wenig wie Daniel im Haus 268
haben. Als Thrix sagte, die einzige Alternative sei, dass Kalix das Amulett zurückgab, konnte Daniel sie gerade noch davon abhalten, Thrix das Amulett vor die Füße zu werfen.
»Du brauchst das Amulett«, sagte er. »Sonst taucht dein großer Bruder hier auf, und er ist furchteinflößend und wird dich wahrscheinlich umbringen.«
»Ich bringe ihn zuerst um.«
Daniel verzog schmerzlich das Gesicht.
»Schon möglich. Aber wahrscheinlich stehe ich im Weg und er bringt mich um.«
Das Argument schien auf Kalix Eindruck zu machen. Sie wollte nicht, dass Daniel getötet wurde. Widerwillig stimmte sie zu.
»Aber geh mir nicht auf die Nerven«, warnte sie ihre Schwester. »Ich habe keine Lust, mir Vorträge anzuhören.«
»Ich habe Besseres zu tun, als dir Vorträge zu halten«, gab Thrix zurück.
Vor ihrem Besuch hatte Thrix sehr sorgsam alle Spuren von Gawain von ihrem Körper entfernt. Als Werwölfin hätte Kalix Gawains Geruch an ihrer Schwester entdecken können, und das wäre gar nicht gut gewesen. Thrix hatte gewissenhaft gebadet und ihren magischen Schutzwall verstärkt. Wieder verwünschte Thrix sich, weil sie so dumm gewesen war, mit Gawain zu schlafen.
Einen unpassenderen Partner hätte sie nicht finden können.
»Wunderbar«, sagte Malveria. »Wir sind wieder auf dem besten Weg, den bösen Zatek und die Hure Kabachetka zu überlisten. Ist noch Wein da?«
Sie sah Daniel erwartungsvoll an.
»Ich glaube, wir haben noch Cider.«
Damit konnte er Malveria nicht beeindrucken.
»Ich habe es nicht zur Herrscherin meines Reichs gebracht, um Apfelsaft zu trinken. Alles hat seine Grenzen.«
»Ich mag Cider«, sagte Vex.
269
»Das überrascht mich nicht, abscheuliche Nichte. Sind die Sachen, die du gerade trägst, jemals gewaschen worden?«
Malveria sah auf ihr leeres Glas.
»Ich hole euch Wein aus dem Laden«,
Weitere Kostenlose Bücher