Kalix - Die Werwölfin von London
bei dem Gedanken, dass solche Geschöpfe durch ihre unreine Magie einfach in sein Haus gelangen konnten. Hätten sie sich nicht wieder hinausteleportiert, hätte Sarapen sie in Stücke gerissen.
»Genau das«, grummelte er, »ist das Problem. Sie haben sich wieder hinausteleportiert. Solange Thrix und die Feuerkönigin gegen mich arbeiten, bin ich ihren Zauberkräften ausgeliefert. Ich brauche Schutz.« Sarapen war Zauberei zuwider. Allerdings war er auch Pragmatiker. Es half nichts, das Problem zu ignorieren. Also ließ er seinen Sekretär Decembrius anrufen, der sich im Landhaus seiner Mutter Lucia auf den Ländereien bei der Burg gut erholte. Als der Anruf durchgestellt wurde, erkundigte Sarapen sich knapp nach dem Zustand seines Beraters und hörte zu seiner Zufriedenheit, dass Decembrius bald wieder bei ihm sein würde.
»Ich muss die Zauberin und ihre Verbündete davon abhalten können, in mein Haus einzudringen oder mich auszuspionieren. Vielleicht beobachten sie schon jede meiner Bewegungen. Hast du einen Vorschlag?«
»Überlegst du, selbst Zauberei einzusetzen?«, fragte Decembrius.
»Falls nötig.«
Decembrius dachte kurz nach.
»Thrix hat Probleme mit einem rivalisierenden Designer, der zaubern kann«, sagte er. »Ich habe gesehen, wie die Macht ihres Rivalen ihr einen solchen Schlag versetzt hat, dass sie bewusstlos quer über die Straße geschleudert wurde.«
Das weckte Sarapens Interesse. Mit jemandem, der die Zauberin über die Straße schleudern konnte, lohnte sich ein Gespräch.
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Andris kam zurück und berichtete, dass die drei Werwölfe aus Sarapens Haus, die Dominil verfolgt hatten, nicht zurückgekommen waren.
»Nun denn«, sagte Sarapen. »Ruf meine Leibwache zusammen. Wir gehen selbst auf die Jagd.«
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Kalix hatte Angst, Dominil würde sterben. Sie fand niemanden, der sie nach Kennington fahren wollte. Die wenigen Taxis, die unterwegs waren, weigerten sich, auf die Südseite des Flusses zu fahren. Kalix hob Dominil hoch und ging los. Sie musste weiter wegkommen von Sarapens Stadtvilla. Sie kämpfte sich durch den Regen eine dunkle Straße hinunter, die sie nicht kannte, und blieb immer wieder stehen, um sich auszuruhen. Sie wusste, dass sie mit Dominil nicht weit kommen würde. Die weißhaarige Werwölfin war größer als Kalix und selbst in ihrer menschlichen Gestalt zu schwer, um sie lange zu tragen.
Kalix fühlte eine Panik in sich aufsteigen, die sie zu überwältigen drohte. Sie versuchte, sie zu kontrollieren, atmete tief ein und aus und nahm einen Schluck Laudanum. Diese Situation war neu für sie. Sie hatte Verantwortung für jemanden übernommen, jetzt musste sie Dominil retten und wusste nicht, was sie tun sollte. Die Panik wurde stärker und drängte Kalix, Dominil zurückzulassen und zu fliehen. Sie wollte die Angst vertreiben, verfiel aber nur in eine Mischung aus Panik und Depression. Sie war niedergeschlagen, weil sie zu dumm war, um weiterzuwissen. Ihre Brüder hätten gewusst, was zu tun war.
Thrix genauso. Aber Kalix konnte nicht klar denken. Sie ließ den Kopf hängen und starrte auf den Boden, völlig durchnässt vom starken Regen.
Dominil stöhnte auf. Kalix ballte die Fäuste; langsam wurde sie 297
wütend. Warum hatte sie sich in diese Sache hineinziehen lassen? Sie hatte damit nichts zu tun. Sie sollte einfach weglaufen und Dominil liegen lassen. Es reichte doch, dass sie ihre Cousine im Park vor den Werwölfen gerettet hatte.
Schließlich war Dominil nie nett zu ihr gewesen. Bei ihrer letzten Begegnung hatte sie Kalix beinahe komplett ignoriert, obwohl Kalix ihr im Kampf gegen die Jäger geholfen hatte. Kalix wurde richtig zornig, als sie daran dachte. Dominil war keine nette Werwölfin.
Ihr fiel ein, wie Dominil sie um Laudanum gebeten hatte. Damit hatte Kalix nicht gerechnet, und es stimmte sie Dominil gegenüber milder. Ihr wurde klar, dass sie ihre Cousine nicht sterbend auf der Straße liegen lassen wollte, mitten im Regen, frierend und blutend. Sie musste ihre Angst vergessen, aufhören, sich dumm anzustellen, und etwas tun. Sie musste Dominil in Daniels Haus schaffen.
Leider erinnerte das Kalix daran, wie sehr sie sich über Daniel geärgert hatte. So sehr, dass sie ihre Tasche geholt hatte und gegangen war. Jetzt hassten Daniel und Moonglow sie bestimmt. Kalix seufzte. Warum konnte sie am Ende nie jemand leiden?
»Weil ich zu nichts tauge«, murmelte sie ganz ernst. »Ich bringe Dominil einfach da hin und gehe, bevor irgendwer etwas
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