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Kalix - Die Werwölfin von London

Kalix - Die Werwölfin von London

Titel: Kalix - Die Werwölfin von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Millar
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zeigen, dass sie keine Angst hatten. Das war ein Fehler. Der neue Baron war jung und hatte noch nie an einer Schlacht teilgenommen. Er wusste nicht, wie eine große Gruppe von Werwölfen im Angesicht einer gegnerischen Gruppe reagieren würde. Sobald die MacRinnalchs die MacAllisters sahen, stimmten sie ein schreckliches Geheul an und stürmten vorwärts.
    Eskandor MacRinnalch trug auch einen Teil der Schuld. Er hatte dem Baron befehlen wollen, den Wald zu verlassen, und ihm Zeit geben wollen. Er hätte einen Boten vorschicken sollen, statt seine ganze Streitmacht so nah an den Feind heranzuführen. Bevor Eskandor oder Baron MacAllister es verhindern konnten, war die Schlacht in vollem Gange. Beide Trupps Werwölfe prallten in der Mitte einer Lichtung aufeinander; einige kämpften auf den Hinterläufen und schlugen mit ihren Pranken um sich, andere stürmten als Wölfe vor und setzten ihre Reißzähne ein. Nichts konnte die Werwölfe noch stoppen. Es war ein Kampf bis auf den Tod,
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    eine so große Schlacht, wie sie schottische Werwölfe seit über hundert Jahren nicht mehr erlebt hatten. Die fünfzig MacAllisters waren den achtzig MacRinnalchs zahlenmäßig unterlegen, aber keiner drückte sich vor dem Kampf.
    Jede Seite stürzte sich voll rasender Gewalt auf die andere. Wer-wolfhaut, die kaum eine menschliche Waffe durchdringen konnte, wurde von Klauen und Zähnen zerfetzt. Auf der ganzen Lichtung wälzten sie sich auf dem Boden, traten und bissen, schlugen mit ihren Tatzen, fügten sich gegenseitig schreckliche Wunden zu und schickten Wolf um Wolf in die Wälder der toten Werwölfe.
    Der Kampf breitete sich bis an den Rand der Lichtung und unter die Bäume aus, wo der Boden voller Büsche, toten Holzes und Dornen war. Die Werwölfe krachten knurrend und beißend durch das Unterholz. Einige wurden in den Bach geschleudert und kämpften dort brutal weiter, versuchten, ihren Gegner unter Wasser zu ziehen und zu ertränken, bevor sie selbst die Böschung hin-aufkletterten und sich wieder in den Kampf stürzten.
    Es war ein schreckliches Blutbad. Als der Kampf endete, waren viele Werwölfe tot, auch der neue Baron MacAllister. Eskandor war schwerverwundet. Die überlebenden MacAllisters zogen sich zurück, und nur wenige MacRinnalchs waren noch in der Lage, ihnen nachzusetzen. Der Wald, sonst erfüllt vom nächtlichen Treiben seiner tierischen Bewohner, lag unheimlich still da, als sich Eichhörnchen, Füchse und Dachse in ihren Bauen vor der Gewalt versteckten.
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    *47
    Moonglow saß auf ihrem Bett und las Bleak House, einen umfangreichen Wälzer von Dickens. Sie hatte sich ihre Decke über die Beine gezogen, um es warm zu haben, lag in ihre Kissen gekuschelt und kam gut voran.
    Ausnahmsweise tat Daniel im Moment fast das Gleiche in seinem Zimmer. Sein Tutor hatte ihm zu verstehen gegeben, dass man im Institut für Anglistik von Studenten im ersten Jahr keine akademischen Wunder erwartete, wohl aber, dass sie zumindest einen Teil der Seminarlektüre lasen. Daniel war mit Armesündermiene und Bleak House in der Tasche nach Hause gekommen.
    Ihm wurde klar, dass es vielleicht ein strategischer Fehler war, wegen Markus so böse auf Moonglow zu sein. Jetzt konnte er sie kaum noch um Hilfe bitten. Er überlegte, ob er sich in aller Form bei ihr entschuldigen und sie um ihre Notizen bitten sollte. Aber dann nahm er sich vor, es auf keinen Fall zu tun. Er war wütend auf Moonglow und sogar bereit, bis zum Äußersten zu gehen und Dickens zu lesen, um sein Missfallen zu beweisen.

    Moonglow wurde von einem sonderbaren Schnüffeln vor ihrer Zimmertür gestört. Sie legte ihr Buch weg und sah sich um. Zuerst erschrak sie, als sie eine Schnauze in ihrer Tür sah. Ein großer Wolf trottete in ihr Zimmer.
    »Ahm .. « Moonglow wusste nicht, ob sie in Panik verfallen sollte oder nicht.
    Aber der Wolf wirkte recht freundlich. Sein Fell war mittelbraun, selbst für einen Wolf zottelig, und er schien mit dem Schwanz zu wedeln. Der Wolf sprang auf das Bett und fing an, Moonglow das Gesicht abzulecken.
    »Kalix!«, rief Moonglow und lachte. »Du bist ja eine Wölfin!«
    Kalix in ihrer reinen Wolfsgestalt leckte Moonglow noch einmal über das Gesicht und scharrte über die Bettdecke. Moonglow tätschelte ihr den Kopf.
    Das schien der Wölfin zu gefallen. Die Wöl
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    fin Kalix wirkte viel zutraulicher, als es die Werwölfin je getan hatte. Sie leckte Moonglow noch einmal über das Gesicht, dann sprang sie durch das Zimmer, dass man

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