Kalix - Die Werwölfin von London
sie gute Kunden.«
»An wen verkaufst du es?«
Der Krämer kratzte sich am Kinn.
»Das ist eine schwierige Frage, Sohn. Viele Werwölfe würden diese Waffe gerne besitzen. Früher oder später werden sie ohnehin gegeneinander kämpfen. Aber wir müssen uns vorsehen. Einige, die es gerne hätten, dürfen nicht erfahren, dass wir es besessen haben.«
»Meinst du Sarapen?«
MacDoig nickte. Sarapen wäre wenig angetan davon, wenn jemand versuchen sollte, ihm ein gestohlenes Relikt der MacRinnalchs zu verkaufen. Was einen Handel nicht völlig ausschloss. Der Krämer könnte zum Beispiel behaupten, der Dieb des Messers hätte Kontakt mit ihm aufgenommen und ihn gebeten, das Messer als Mittelsmann gegen eine Entschädigung zurückzugeben. Das hatte schon früher funktioniert.
»Ich werde darüber nachdenken, Junge, und überlegen, wer am meisten dafür bezahlen würde. Viele MacRinnalchs verfügen über ihr eigenes Geld.«
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»Die Avenaris-Gilde ist auch reich«, schlug der junge MacDoig vor.
»Die Gilde? Es stimmt, sie hat Geld. Das wäre eine Möglichkeit.«
Der Sohn des Krämers schürzte die Lippen.
»Vielleicht sollten wir es bald verkaufen, Vater. Bevor die Fehde der MacRinnalchs zu Ende ist. Wenn sie Frieden schließen, verliert das Messer an Wert.«
MacDoig lachte leise.
»Davon gehe ich nicht aus, Sohn. Ich habe heute gehört, dass es in Colburn Wood zu einem Kampf gekommen ist. Der neue Baron MacAllister ist schon tot, und der Hauptmann der Burgwache ist schwerverwundet. Unter den MacRinnalchs wird es lange keinen Frieden geben.«
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Die Herrin der Werwölfe sagte die nächste Sitzung des Großen Rats ab. Rainal bezweifelte, dass das rechtens war, aber Verasa ging über seinen Einwand hinweg.
»Rainal, erwartest du wirklich von mir, eine Ratssitzung abzuhalten, obwohl ein Mitglied des Rats gerade erst ein anderes entführt und fast getötet hat? Obwohl das gleiche Ratsmitglied Baron MacAllister dazu gebracht hat, die MacRinnalchs in Colburn Wood anzugreifen?«
Rainal gab zu, dass die Lage misslich war. Kaum vorstellbar, wie Sarapen, Dominil und Markus je wieder zusammen im Ratssaal sitzen sollten. Und die MacAllisters hatten ihren neuen Baron nach nur drei Wochen im Amt verloren.
Sein Sitz würde an seinen jüngeren Bruder fallen, der ebenfalls Sarapen unterstützte und, soweit man wusste, ebenso unbesonnen war.
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Eskandor, der Hauptmann der Burgwache, lag verwundet in einem der Prunkgemächer, die man zur Krankenstation für die Opfer der Schlacht umfunktioniert hatte. Mit so vielen Verletzten und Toten hatte Verasa nicht gerechnet, und die Schuld dafür gab sie Eskandor und seiner mangelnden Vorsicht. Der Rat konnte auf keinen Fall beim nächsten Vollmond, in nur fünf Tagen, wieder zusammentreten.
»Aber was dann?«, fragte Rainal. »Die Sitzung kann nicht ewig aufgeschoben werden.«
»Bis zum nächsten Vollmond habe ich genug Stimmen, um Markus zum Fürsten zu ernennen.«
»Je länger wir warten«, wandte Rainal ein, »desto mehr Zeit bleibt Sarapen, seine Feinde aus dem Weg zu räumen.«
»Ich weiß. Aber ich kann Markus jetzt nicht zurück in die Burg holen.«
Rainal nickte. Das war ein heikles Thema. Er wusste, dass Verasa die mangelnde Stärke ihres zweiten Sohns bedauerte.
Tupan war ganz Verasas Meinung, was die nächste Ratssitzung anging. Er legte der Herrin der Werwölfe sogar nahe, Sarapen aus dem Clan auszustoßen.
Immerhin hatte Sarapen gegen andere Ratsmitglieder Gewalt eingesetzt. Verasa war versucht, seinem Vorschlag zu folgen, schreckte vor diesem drastischen Schritt aber zurück, weil sie immer noch glaubte, dass sie die Wahl zu Markus'
Gunsten beeinflussen konnte. Wäre das erst geschafft, würden sich alle fügen.
Die Sitzung zu verschieben gab ihr noch fünf Wochen, um daraufhinzuarbeiten.
Bis dahin würde es Markus besser gehen, und vielleicht hätten sich die Zwillinge überzeugen lassen. Damit würde ihr nur noch eine Stimme fehlen, und sie war nicht untätig geblieben. Sie bearbeitete immer noch Dulupina und Kurian.
Verasa gab ihre Entscheidung bekannt, die nächste Sitzung zu verschieben. Sie bekam höfliche, aber besorgte Antworten von den Baronen MacPhee und MacGregor. Der neue Baron MacAllister, der mit dem Begräbnis seines älteren Bruders beschäftigt war, rea
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gierte nicht. Sarapen übermittelte über Decembrius eine kühle Entgegnung. Es sei nicht rechtens, sagte er, die nächste Sitzung zu verschieben, und Sarapen würde die Burg
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