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Kalix - Die Werwölfin von London

Kalix - Die Werwölfin von London

Titel: Kalix - Die Werwölfin von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Millar
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beinahe November, und der Winter war sehr kalt geworden. Gawain hatte ein kleines Zimmer drüben in Camberwell gemietet; es lag nah genug, um praktisch für die Patrouillen zu sein, und weit genug entfernt, um Kalix nicht zufällig zu begegnen. Auf seinen Rundgängen behielt Gawain meist seine menschliche Gestalt, aber spätnachts verwandelte er sich manchmal in einen Werwolf und kletterte rasch auf die Dächer. Im Moment saß er oben auf einem Wohnblock in einer der alten Siedlungen.
    Rechts von ihm lag das Oval, ein Kricket-Stadion. Zu seiner Linken führten schmale Straßen bis zu Kalix' Haus.
    Unten entdeckte er zwei kleine Gestalten. Sie waren zu weit entfernt, um ihre Gesichter zu sehen, aber Gawain erkannte auf Anhieb Kalix an ihrem alten Mantel und dem langen Haar, das ihr bis über die Hüfte reichte. Bei ihr war ein Mädchen, das er nicht kannte, mit hochgegelten, blonden Haaren und klobigen Stiefeln. Kalix und ihre Begleiterin betraten das einzige Geschäft in der Straße, das noch geöffnet hatte, einen Spirituosenladen. Gawain blieb auf dem Dach, damit er Kalix nicht so nahe kam, dass sie ihn riechen konnte. Sein Herz hämmerte. Er verspürte den überwältigenden Drang, zu ihr zu gehen und ihr zu sagen, dass er
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    sie liebte. Bevor Gawain lange darüber nachdenken konnte, bemerkte er, dass in dieser kalten Nacht noch jemand unterwegs war. Ein Stück die Straße hinunter lauerte eine Gestalt im Schatten.
    Kalbe und das blonde Mädchen verließen den Laden, jede mit einer Einkaufstüte. Von oben konnte Gawain das Klirren von Flaschen hören, als die beiden nach Hause liefen. Er blickte die Straße hinauf, um zu sehen, ob die Gestalt aus dem Schatten hervortrat. Und das tat sie. Es war der Mann, der ihm einmal in die Augen gesehen und ihn als Werwolf erkannt hatte. Gawain ließ sich über die Dachkante gleiten, schwang sich auf den Balkon der obersten Wohnung und arbeitete sich so schnell er konnte zur Straße hinunter. Als er unten ankam, war Kalix nicht mehr zu sehen und die gedrungene Gestalt ein gutes Stück entfernt. Gawain lief ihr nach. Er achtete darauf, nicht gesehen zu werden, aber ihm gefiel nicht, wie viel Erfahrung der Mann vor ihm zu haben schien. Als Gawain um eine Ecke bog, trat der Jäger plötzlich aus einem Hauseingang hervor. Gawain blieb stehen und runzelte die Stirn. Irgendetwas war seltsam.

    Mr Mikulanec kam auf ihn zu. Er holte ein Messer aus der Jacke. Das war seltsam. Kein Messer in der Hand eines Menschen würde einem starken Werwolf wie Gawain ernsthaften Schaden zufügen. Als der Mann ein paar Worte murmelte, begann die Klinge schwach zu glühen. Gawain sah sie unwillkürlich an. In das Messer waren Symbole geätzt. Faszinierende Symbole.
    Er sah sie an, während sie immer näher kamen. Plötzlich sauste das Messer auf seine Brust zu. Der Schreck ließ Gawain handeln, und er sprang zurück. Ihm wurde klar, dass sein Angreifer eine Art Zauber einsetzte, und versuchte, sich nicht auf das Messer zu konzentrieren, aber schon seine Nähe schien Gawain zu verwirren. Mikulanec setzte ihm nach, mit einem erstaunlichen Tempo für einen so stämmigen Mann. Wieder sprang Gawain zurück, er kletterte auf ein Buswartehäuschen und damit außer Reichweite. Noch nie hatte Gawain vor einem Jäger fliehen müssen.
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    »Glaubst du etwa, da oben wärst du in Sicherheit, Werwolf?« Grinsend deutete Mikulanec mit dem Messer auf ihn. »Das holt dich wieder herunter.«
    Gawain spürte, wie ihn die Kraft verließ. Jetzt wusste er, was der Mann in der Hand hielt. Ein Begravarmesser. Gawains Ururgroß-vater hatte ein solches Messer zurück nach Schottland gebracht. Er hatte nicht gewusst, dass es ein Zweites gab. Und wie es aussah, war das vielleicht das Letzte, was er auf dieser Welt noch lernte.
    Einer Ohnmacht nahe raffte Gawain sich mit einer gewaltigen geistigen Anstrengung noch einmal auf. Mit wütendem Geheul sprang er direkt auf Mikulanec, er setzte seine ganze Willenskraft ein, um den mystischen Schutzschild des Messers zu durchbrechen. Mikulanec hieb mit der Klinge zu und erwischte Gawain am Arm. Es war nicht mehr als ein Kratzer, aber Gawain fühlte sich, als hätte ihn eine ganze Ladung Silberkugeln erwischt. Sein Arm brannte, dann wurde er taub. Verzweifelt schlug er mit seiner Pranke nach Mikulanec. Die Wucht schleuderte Mikulanec nach hinten gegen das Wartehäuschen, aber er blieb auf den Beinen. Er hob das Messer. Gawain wusste, dass er den Zauber der Waffe nicht noch einmal

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