Kalix - Die Werwölfin von London
der Werwölfe hatte Thrix heute angerufen, um ihr zu sagen, dass sie Sarapen aus dem Clan verstoßen hatte. Thrix wusste nicht recht, was sie davon halten sollte. Gute Gründe schien es durchaus zu geben. Verasa machte Sarapen verantwortlich für den Tod von Baron MacAllister, von Talixia und nun auch von Gregor, Markus' Leibwächter. Außerdem hatte er Dominil entführt und den Überfall auf die Zwillinge veranlasst, die alle Mitglieder des Großen Rates waren. Und Verasa warf ihm vor, dass er den neuen Baron MacAllister dazu angestiftet hatte, in das Land der MacRinnalchs vorzudringen, was viele Leben gekostet hatte. Die Zauberin wusste nicht, ob Verasas Vorgehen im Rahmen des Clanrechts legal war. Es war ihr auch egal. Legal oder nicht, es würde nur zu weiterer Gewalt fuhren.
Verasa erwähnte noch eine andere, recht rätselhafte Angelegenheit. Offenbar waren Hiyastas in Colburn Wood gesichtet worden. Es war kaum zu glauben, dass dort Feuergeister gewesen sein sollten, aber es gab darüber mehrere Berichte.
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»Hast du eine Ahnung, was dahinterstecken könnte?«, hatte ihre Mutter gefragt.
Thrix hatte nein gesagt, aber ihre Mutter, die von Thrix' Freundschaft mit Königin Malveria wusste, hatte noch einmal nachgehakt.
»Ich weiß es wirklich nicht«, protestierte Thrix. »Colburn Wood ist dem Clan heilig, meine Liebe. Wir können nicht zulassen, dass sich hier Hiyastas ausbreiten.« »Vielleicht ist es ja nur ein Gerücht.«
Das glaubte Verasa nicht. Eskandor, der Hauptmann der Burgwache, war ein verlässlicher Zeuge, auch wenn er noch verwundet in der Burg lag. Das führte sie zu einer weiteren Neuigkeit. Die Herrin der Werwölfe hatte beschlossen, Markus zum Hauptmann der Burgwache zu befördern und ihm damit die Streitmacht der MacRinnalchs zu unterstellen.
»Hat Markus sich nicht für den Moment komplett zurückgezogen, weil er unter einem schweren Schock steht?«
Offenbar nicht. Laut der Herrin der Werwölfe war er sehr plötzlich genesen.
»Ich habe heute mit ihm gesprochen, und er ist bester Verfassung.«
Thrix glaubte nicht ganz an Markus' gute Verfassung, aber sie wollte rasch zurück an die Arbeit, also ging sie nicht näher darauf ein. So einfach wollte ihre Mutter sie nicht vom Telefon lassen, sie kam noch einmal auf die unerklärliche Anwesenheit der Hiyastas in Colburn Wood zu sprechen.
»Sie sind keine Freunde der MacRinnalchs, und sie sind dort nicht willkommen.
Feuergeistern ist nicht zu trauen. Was ist, wenn sie den Wald in Brand stecken?«
»Die Hiyastas können ihr Feuer kontrollieren, Mutter«, sagte Thrix.
»Geht deine Freundin, die Königin, nicht regelmäßig wegen irgendwelcher modischen Missgeschicke in Flammen auf?«, fragte Verasa.
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»Manchmal flackert sie ein bisschen«, gab Thrix zu und wünschte, ihre Mutter würde das Thema fallenlassen. »Aber ich bin sicher, dass keiner ihrer Untertanen Colburn Wood besuchen würde.«
»Eskandor schwört allerdings, er hätte aus den Augenwinkeln gesehen, wie ein Hiyasta eine Flasche mit Quellwasser gefüllt hat.« Verasa wurde vor Entrüstung lauter. »Das Quellwasser wird für den MacPvinnalch-Whisky gebraucht. Es darf nicht von Hiyastas gestohlen oder verschmutzt werden.«
»Ich bezweifle doch, dass die Hiyastas ihren eigenen Whisky destillieren. In der Regel bevorzugen sie Wein.«
»Nicht so schnippisch, meine Liebe. Das reine Wasser von Colburn Wood ist eine kostbare Ressource. Deine Großmutter hat immer von seiner verjüngenden Wirkung geschwärmt.«
Als Verasa das sagte, bekam die Zauberin ein flaues Gefühl im Magen.
Natürlich. Die verjüngende Wirkung. Man würde große Zauberkraft brauchen, um dem Wasser seine Wirkung zu entlocken, aber Thrix konnte sich gut vorstellen, wer genau daran interessiert sein könnte.
Thrix konzentrierte sich auf ihre Arbeit. Plötzlich spürte sie, wie jemand ihre Schutzzauber durchdrang. Sie stand halb von ihrem Stuhl auf und wartete verteidigungsbereit, aber dann roch sie einen Hauch von Jasmin. Sie entspannte sich wieder.
»Du arbeitest wirklich hart, meine liebe Zauberin«, sagte Malveria. »Du arbeitest doch hart, oder?«
»Ja.«
»Wunderbar.« Malveria lächelte. »Sind wir schon beim fünften Tag?«
»Ich bin noch beim dritten.« Malveria runzelte die Stirn.
»Oh. Haben wir das leidige Problem mit den Dienstmädchen gelöst? Die fabelhaft gekleidet sein müssen, aber nicht so fabelhaft wie ich?«
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»Nein.«
»Und die Pagen?«
»Ich arbeite noch
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