Kalix - Die Werwölfin von London
doch kein Wasser aus Wäldern, ohne mit den Feen vor Ort eine Abmachung zu treffen. Wer weiß, welche boshaften Zauber sie bewirken, wenn sie sich ärgern? Ich möchte schließlich nicht, dass mein Erstgeborener schwachsinnig wird. Ich muss mich schon um Agrivex sorgen.«
Thrix war verstimmt. Sie fand es treulos von den Feen in Col 379
burn Wood, das Wasser der MacRinnalchs einfach an den erstbesten Feuergeist zu verkaufen, der danach fragte.
»Nun, Feen kümmern sich meistens gut ums Geschäft«, erinnerte die Feuerkönigin sie. »Wenn sie nicht gerade damit beschäftigt sind, um Bäume herumzufiattern. Sicher hat Dithean NicRin-nalch, ihre Königin, den Handel für ein attraktives Angebot gehalten. Und bestimmt liegen ihr die Interessen der MacRinnalchs am Herzen. Allerdings würden sie ihr vielleicht noch mehr am Herzen liegen, wenn die Werwölfe sie mit mehr Respekt behandelt würden.«
»Wir zollen Königin Dithean NicRinnalch eine Menge Respekt!«
»Gehört dazu auch dann und wann ein gut gefüllter Fingerhut mit Gold?«
»Wahrscheinlich nicht. Aber von jetzt an. Im Ernst, Malveria, meine Mutter bekommt einen Anfall, wenn sie davon erfährt. Halt dich bitte noch eine Weile zurück.«
»Nun gut«, seufzte die Feuerkönigin. »Aber wenn ich alt und verhärmt bin, was sicher nicht mehr lange dauern wird, ist es egal, welche Kleider du für mich entwirfst. Man wird mich überall auslachen und schmähen.«
»Die Hiyastas werden dich lieben, egal, wie du aussiehst«, sagte Thrix. »Oder dich respektieren. Oder dich fürchten, was dir lieber ist.«
Malveria winkte ab, obwohl sie sich insgeheim freute. Sie spähte auf Thrix'
Computerbildschirm. Seit Malveria Moonglow kennengelernt hatte, war sie bei Computern nicht mehr ganz so ahnungslos, was Thrix durchaus bedauerte.
»Du arbeitest am vierten Tag? Heißt das, du bist mit dem fünften Tag fertig und siehst dir noch einmal die Kleider für den vierten an, für den liebevollen Feinschliff?«
»Nein, das heißt es nicht«, gab Thrix zu. »Es heißt, dass ich immer noch beim vierten Tag festhänge.«
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»Und was ist mit dem fünften?«
»Damit habe ich noch nicht angefangen.«
Die Feuerkönigin riss entsetzt die Augen auf.
»Du hast für den fünften Tag noch nichts getan? Für den großen Ball, zu dem jede Dame meines Reiches und des Nachbarreiches in den erlesensten Ballkleidern aller Zeiten erscheinen wird? Noch dazu üppig herausgeputzt?
Aber Zauberin, das ist eine Katastrophe. Soll ich den prächtigsten, glanzvollsten, fabelhaftesten Ball der Geschichte etwa in einem Kleid von der Stange aus irgendeinem Straßenladen besuchen? Apthalia die Grausige ist schon seit einem Monat bei Anproben, und Herzogin Gargamond -«
Thrix hob die Hand.
»Malveria. Es ist alles unter Kontrolle. Du bekommst das schönste Ballkleid, das du je gesehen hast.«
Damit konnte sie Malveria noch nicht besänftigen. Gestern erst war Beau DeMortalis, Herzog der Schwarzen Burg, an Malverias Hof eingetroffen, und schon sagten ihre Höflinge, der Herzog sei in Bestform. Er hatte reichlich Bonmots und geistreiche Bemerkungen parat, und jeder schlecht gekleidete Geist, der sein Missfallen erregte, konnte mit einem vernichtenden Tadel rechnen.
»Sollte ich von Beau DeMortalis einen vernichtenden Tadel erhalten, wäre es das Ende. Mir graut zutiefst davor. Es wird Prinzessin Kabachetka zu Ohren kommen, und sie wird es endlos wiederholen.«
»Kannst du dem Herzog der Schwarzen Burg nicht einfach sagen, du wirfst ihn in den Vulkan, wenn er etwas Unpassendes sagt?«, schlug die Zauberin vor.
»Immerhin ist er dein Untertan.«
»Unmöglich, liebste Thrix. Würde ich so etwas tun, würde es heißen, die mächtige Königin Malveria fürchte die Zunge von Beau DeMortalis, weil sie schlecht gekleidet ist. Man würde mich in jedem Winkel des Reiches verspotten. Außerdem mag ich den Herzog.«
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»Wart ihr während des Krieges nicht verfeindet?«
»Ja, aber ich habe ihm vergeben, weil er stets so tadellos gekleidet ist. Und er ist ein äußerst vergnüglicher Zeitgenosse. Thrix, du darfst mich auf keinen Fall zum Tanz mit dem Herzog schicken, wenn mein Ballkleid nicht perfekt ist. Ich wäre gezwungen abzudanken und aus dem Königreich zu fliehen.«
Dank der Bemühungen von Thrix und anderen Modedesignern, die Malveria und ihre Rivalinnen betreuten, trugen die meisten elegante Kleider im Stil der Menschenwelt, aber so etwas wie die Roben für den letzten Abend, den großen Ball,
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