Kalix - Die Werwölfin von London
menschlicher Sprache ließ es sich nicht angemessen erklären. »Es würde mir wehtun«, sagte sie einfach.
»Und mich schwächen.«
»Aber du würdest dich wieder erholen, oder?«, drängte Moonglow, die einen Hoffnungsschimmer sah.
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»Ich würde mich erholen. Aber ich würde den Schmerz nicht vergessen.
Schmerz, den ich für eine Werwölfin erleiden würde, die weder meine Freundin noch meine Verbündete ist.«
»Hilf ihr, bitte«, sagte Moonglow.
»Und was, junge Frau, die mich so wütend angefahren hat, würdest du für meine Hilfe zahlen?«, fragte Malveria. »Du kannst nicht erwarten, etwas, das mich so viel kostet, umsonst zu bekommen.«
Einen Augenblick lang beschlich Moonglow der unerfreuliche Gedanke, Malveria könnte ihre Seele wollen. Darauf wollte Malveria nicht hinaus.
»Aber du wirst einen Preis zahlen müssen.«
Die Feuerkönigin hatte nicht vor, sich selbst auch nur vorübergehend zu schwächen, ohne eine Gegenleistung zu erhalten. So etwas machte man in ihrer Dimension nicht. Was würden die anderen sagen, wenn sie erführen, dass sie jemandem ohne Belohnung einen Gefallen getan hatte? Noch dazu wegen einer Werwölfin? Man würde sie verspotten. Kaiserin Asaratanti aus dem Nachbarreich würde ihr das ewig vorhalten. Sie musste einen Preis verlangen.
Malveria wusste, dass Moonglow ihr nichts wirklich Wertvolles geben konnte, aber vielleicht konnte sie ihr in der Zukunft etwas Unterhaltung verschaffen.
»Dieser Junge, Daniel. Er liebt dich.«
Moonglow nickte unwillkürlich, obwohl ihr das unwichtig schien, während Kalix so rasch davonglitt. »Aber du liebst ihn nicht?« »Nein. Natürlich nicht.«
»Und das wirst du auch nie?« »Nein. Wir sind nur Freunde.« Malveria zögerte.
»Ich glaube, eines Tages vielleicht doch.«
»Nein, bestimmt nicht«, beharrte Moonglow.
»Nun gut. Mein Preis dafür, Kalix zu retten, ist deine Liebe zu 83
Daniel. Das bedeutet, wenn du dich eines Tages doch in ihn verliebst, wirst du ihn nie haben können.« Moonglow war perplex.
»Aber ich will ihn nicht. Ich werde mich nie in Daniel verheben.«
»Dann wird es dich auch nichts kosten«, sagte die Feuerkönigin. »Akzeptierst du meine Bedingungen?«
Moonglow musste nicht einmal darüber nachdenken. Sie musste Kalix das Leben retten, und sie wollte nie mit Daniel zusammen sein. Das konnte man kaum einen Preis nennen. Vielleicht konnte die Feuerkönigin einfach nicht gut verhandeln.
»Ich akzeptiere.«
»Gut«, sagte die Königin. »Ich werde versuchen, Kalix das Leben zu retten. Aber du darfst nicht vergessen, dass Daniel dir nie gehören wird, egal, was du fühlst.«
Daniel kam mit einem Tuch und warmem Wasser zurück. Malveria ließ ihn das Blut von Kalix' Mund waschen, was er so vorsichtig wie möglich tat. Das getrocknete Blut bröckelte in scheußlichen Klumpen ab. Darunter kam blaue Haut zum Vorschein. Die Feuerkönigin beugte sich vor und drückte ihre Lippen ein paar Sekunden lang auf Kalix' Lippen. Sie hob den Kopf ein wenig an, sprach ein paar Worte und legte ihre Lippen wieder an den Mund der Werwölfin, dieses Mal länger. Im Zimmer schien es schnell kälter zu werden. Malveria hielt die Berührung lange aufrecht. Der ganze Raum war still, und die Temperatur sank weiter. Malveria nahm den Kopf zurück, sagte wieder etwas, dann legte sie Kalix die Hände über das Herz. Zittrig und besorgt sah Moonglow zu.
Schließlich lehnte Malveria sich zurück. Ein Schauder überlief sie. Mühsam bekam sie sich in den Griff und trat von Kalix zurück. Malverias Pupillen waren zu winzigen Punkten geschrumpft, und aus ihrem Gesicht war alle Farbe gewichen. Sie stand sehr unsicher auf. Sie sah aus, als hätte sie all ihre Kraft verbraucht und könne kaum aufrecht stehen.
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»Sie wird leben. Ich muss jetzt gehen.«
Die Feuerkönigin schien zu flimmern und verschwand langsam aus dem Wohnzimmer, als wäre sie sogar zu müde, um sich mit ihrer normalen Geschwindigkeit zu teleportieren. Daniel und Moonglow blickten auf Kalix hinab. Daniel berührte sie am Handgelenk.
»Sie wird wärmer«, sagte er.
Kalix war noch nicht den ganzen Weg zu den Wäldern der toten Werwölfe gegangen. Ihr Gesicht nahm wieder Farbe an. Die Werwölfin öffnete zwar nicht die Augen, aber sie schien ihnen auch nicht länger zu entgleiten. Vorsichtig legte Moonglow Kalix das neue Amulett von Malveria an. Jetzt war sie in Sicherheit. Später löste Moonglow etwas Zucker in warmem Wasser auf und ließ Kalix ein wenig von der
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