Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit

Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit

Titel: Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Feuerland
Vom Netzwerk:
Geschenke.
    So war Blagas Höhle nicht eine übliche Wohnhöhle wie die der anderen, sondern vielmehr ein Vorratslager, in dem sie alles aufbewahrte, was sie für ihre Arbeit brauchte. Die Wände entlang reihten sich Weidenkörbe und Rindenschalen, in denen Beeren, Blätter und Pilze zum Trocknen lagen. Dahinter stapelten sich polierte Stäbe von unterschiedlicher Länge und Dicke sowie Schnüre aus Sehnen, Pflanzenfasern und Tierhaaren. Damit wurden gebrochene Gliedmaßen geschient. Daneben lagen dünne Lederhäute, die als Wundverbände benutzt wurden. An der Decke hingen Beutel mit Kräutern und Wurzeln, die dort zum Trocknen aufgehängt waren. Auch Kalla hatte vieles über Pflanzen gelernt, denn sie hatte Blaga und Nomit oft beim Kräutersammeln begleitet. So wusste sie, dass ein Sud aus Weidenrinden gegen Schmerzen und Fieber half und dass ein Brei aus geschälter Beinwurz blutstillend wirkte. Klee half bei Durchfällen, Kamille bei Krämpfen, Schafgarbe bei Halsentzündungen.
    Als Blaga Kalla mit dem Wassersack erblickte, nickte sie ihr zu und winkte sie zu sich heran.
    »Gut, dass du kommst«, sagte sie leise. »Ich brauche noch frische Weidenrinde. Geh doch bitte zum Wasserfall und hol welche. Und Chani soll zum Bach laufen und noch mehr Wasser holen.«
    Wenig später rannte Chani zum Bach hinunter, undKalla machte sich auf den Weg zum Wasserfall. Die Sonne stand hoch, und eine seltsame Stille lag über dem Otterbachtal. Nirgendwo fiepte oder grunzte es. Sogar der Wind schien zu schlafen, denn über dem Roten Felsen standen zwei Wolken und rührten sich nicht.
    Und dann, halb verdeckt durch das dunkle Gestrüpp, sah Kalla plötzlich eine Gestalt entlang dem großen Felsplateau laufen. Es war ein hoch aufgeschossener schmaler Junge in einem langen Lederhemd; seine Bewegungen waren Kalla bekannt und vertraut.
    »Tomo!«, rief sie. »Tomo!«
    Die Gestalt hielt inne und wandte sich um. Für einen kurzen Moment sah Kalla ein helles Gesicht, dann wandte sich Tomo   – war er es wirklich?   – wieder um und rannte weiter.
    »Tomo!«, rief Kalla. »Tomo, warte auf mich!«
    Sie rannte und rief seinen Namen, immer wieder. Doch so unvermittelt, wie sie aufgetaucht war, war die Gestalt wieder verschwunden.
    Verwirrt blieb Kalla stehen und starrte auf die Stelle, wo Tomo eben noch gestanden hatte. War es wirklich Tomo gewesen? Oder hatte ein Geist sich einen Scherz mit ihr erlaubt? Sie schloss die Augen und beschwor in Gedanken noch einmal den Vorgang herauf. Ja, sie war sich ganz sicher: Es war Tomo, den sie gesehen hatte. Aber warum war er vor ihr weggelaufen? Ihr Leben lang war er ihr bester Freund gewesen, vertrauter, als ihr die Brüder und Schwestern je gewesen waren.
    Und dann erinnerte sich Kalla an die Geschichte, die über Tomo erzählt wurde. Es war lange her, dass sie sie zuletzt gehört hatte, doch sah sie deutlich das Gesicht des alten Ubruk vor sich, wie er am Feuer saß und erzählte.
     
    E
s
war ein ungewöhnlich trockener Sommer gewesen, und wie so oft hatten wir am Blauen See gelagert. Es waren heitere, sorglose Tage, an denen man sich keine Gedanken um die Nahrung machen musste, denn der See war voll von Fischen. Dazu wurden täglich ein paar Schneehasen und Enten erlegt, dazu eine Gämse, und schon waren alle satt.
    Eines Abends stieg in einem nahe gelegenen Wäldchen eine dünne Rauchfahne auf. Wir haben Nachbarn bekommen, sagte Irinot, morgen früh werde ich hinübergehen und auskundschaften, wer sie sind.
    Doch am nächsten Morgen glühte der Himmel, und die Röte stammte nicht von der aufsteigenden Sonne, sondern von einem riesigen Feuer. Der ganze Wald brannte lichterloh. Entsetzt starrten wir auf die Flammen, die sich in die Ebene fraßen. Dichte Wolken von stinkendem Qualm legten sich übers Land und machten jeden Versuch, dem fremden Clan zu helfen, unmöglich. Als das Feuer am Mittag schließlich verlosch, rannten wir alle zu der verbrannten Lagerstelle. Dort fanden wir zwei verkohlte Zelte. Um die Toten, die darin lagen, zu zählen, brauchten wir mehr als zwei Hände.
    Schweigend machten wir Männer uns daran, Steine für die Gräber zusammenzutragen. Währenddessen schmückten die Frauen die unbekannten Toten und statteten sie für die Reise zum Schwarzen Fluss aus. Da hörte Mea ein leises Weinen, und als sie den Tönen folgte, fand sie eine junge Frau, reglos auf dem Boden ausgestreckt. Sie war tot. Neben ihr lag, in einer Decke aus schneeweißem Fell, ein kleines Kind, kaum vier

Weitere Kostenlose Bücher