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Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit

Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit

Titel: Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit
Autoren: Laura Feuerland
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ferne Ostland gereist bin und hinauf bis zum kalten Nordland.
     
    Die Abendsonne war hinter den Hügeln verschwunden. Die Leute vom Löwenclan versammelten sich am Bärenfelsen und ließen sich unter Toroks Baum nieder. Kalla setzte sich etwas abseits, schlang die Arme um die Knie und bettete den Kopf darauf. Geistesabwesend sah sie zu, wie Jonol und Olep ein Feuer entfachten. Sie war müde, todmüde von schlaflosen Nächten. Doch sie wusste, wenn sie jetzt die Augen schloss, würden in ihr sofort die Bilder einer langnasigen Frau aufsteigen, die frierend und einsam durch die Steppe wankte. Das Schicksal der unbekannten Miri vom Wollnashornclan beschäftigte Kalla die ganzen Tage hindurch, noch schlimmer waren die Nächte. Also zwang sie sich, wach zu bleiben. Worum es bei dem Gericht hier ging, war ihr nicht ganz klar. Zwar hatte sie erfahren, dass ein Fremder ihrem Bruder Flauko das Leben gerettet hatte, aber warum deshalb ein Gericht abgehalten wurde, hatte sie nicht begriffen.
    Jetzt trat Irinot in den Kreis. Kalla sah zu ihm auf, und wieder wurde ihr das Herz schwer. Irinot! Wie groß und stark er war, der Gefährte von Mutter Sina, offenherzig und kühn, und wie sehr hatte sie ihn stets geliebt und bewundert. »Mein Wolfsmädchen«, hatte er sie oft genannt. Dabei hatte er gelacht und sie hochgehoben und herumgewirbelt, bis ihr schwindlig wurde. Doch wenn er wüsste, was sie getan hatte, wo sie gewesen war, was sie gesehen hatte   –
    »Wir haben uns zum großen Clangericht versammelt«, hörte sie Irinot sagen. »Und ich bitte den Löwengeist, dass er uns zu einem gerechten Urteil führt. Es sind Fremde in unser Tal gekommen, und einer von ihnen hat Flauko vor dem Schneeleoparden gerettet.«
    Er winkte zum Felsen hinüber. Drei Männer traten langsam heran und blieben neben dem Feuer stehen.
    »Das ist Mauk, Anführer vom Clan der Feuerpferde, Schutzbefohlener des Falkengeistes«, stellte Irinot vor. »Seine Gefährten sind sein Bruder Atlin, Clanseher und Schutzbefohlener des Bärengeistes, und Roor, Werkzeug- und Waffenmacher.«
    Alle Blicke richteten sich sofort auf den großen Mann in der Mitte. Im roten Leuchten des Abendhimmels und des glühenden Feuers schien Mauk vor Wildheit zu brennen und wirkte noch eindrucksvoller als am Nachmittag. Das war nicht zuletzt Flauko zu verdanken, der auf den ersten Blick von Bewunderung für seinen Lebensretter überwältigt worden war. Er hatte Mauk nicht nur das Fell des erlegten Schneeleoparden gebracht, das ihm als Jagdtrophäe zustand, sondern ihm auch seinen kostbarsten persönlichen Besitz geschenkt, einen muschelverzierten Gürtel aus Rehhaut. Mauk allerdings hatte ihn keines Blickes gewürdigt, geschweige ein Wort des Dankes gesagt. Mürrisch hatte er das Schneeleopardenfell über sein zerfetztes Hemd geworfen und achtlos den Gürtel darüber verschnürt.
    »Feuerpferde?«
    Ein Raunen ging durch die Runde.
    »Es gibt keine Feuerpferde!«, rief Agal wie schon am Nachmittag.
    »Schweig!«, herrschte Irinot ihn an. Dann wandte ersich an Mauk. »Wir kennen keine Feuerpferde und haben auch nie von solchen Tieren gehört. Aber du hast Flauko gerettet, und wir sind es euch schuldig, euch anzuhören. Bitte erzählt eure Geschichte.«
    Irinot setzte sich und bedeutete den anderen, sich ebenfalls zu setzen. Die Leute vom Löwenclan beugten sich gespannt vor. Zwar unternahmen sie selbst kleine und größere Reisen und sammelten auf diese Weise viele Erfahrungen, doch die spannendsten Abenteuer erfuhren sie aus dem Mund von Händlern und Reisenden. Diese waren auf ihren Wanderungen bis in weit entfernte Länder vorgedrungen und wussten immer von aufregenden, zuweilen unglaublichen Ereignissen zu berichten.
    Ganz still wurde es, und Atlin begann zu erzählen: Wie sie bis vor zwei Sommern ein großer Clan gewesen waren, oben im Nordland, stark und gesund. Die Männer waren für ihren Wagemut und ihre Furchtlosigkeit berühmt, und auch die Frauen waren kühn und beherzt und gingen auf große Jagd. Und von den Feuerpferden berichtete Atlin: Wie sie in riesigen Herden über die Steppe galoppierten, mit leuchtendem feuerrotem Fell, sodass es aussah, als wälze sich ein Flammenteppich durchs Land. Doch dann hatte Ama beschlossen, die Feuerpferde fortzunehmen. Immer kleiner waren die Herden geworden, und damit war auch die Schutzkraft des Pferdegeistes geschwunden. Der Clan der Feuerpferde wurde zunehmend schwächer, wie eine Flamme kurz vor dem Erlöschen. Die einst so kühne,
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