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Kalle Blomquist

Kalle Blomquist

Titel: Kalle Blomquist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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daß über seinem Kopf etwas vorging, und das gab ihm einen Hoffnungsstrahl in seiner kläglichen Lage.

    In der Zwischenzeit war Kalle voll damit beschäftigt, Beschimpfungen gegen Sixtus und seine Kumpane hinunterzu-schleudern, um ihre Aufmerksamkeit auf den Boden zu lenken.
    Nun kam ein unendlich spannender Augenblick, als Eva-Lotte den Stock hinunterstreckte, um den Haspen zurückzuschieben.
    Wenn die Roten sich in diesem Augenblick umdrehten, war alles verloren. Kalle beobachtete mit Spannung jede von Eva-Lottes Bewegungen, und er brauchte seine ganze Selbstbeherrschung, um mit den Beschimpfungen fortzufahren.
    »Lausehunde seid ihr!« sagte er gerade, als Eva-Lottes Versuche mit Erfolg gekrönt wurden. Anders fühlte, daß die Tür nachgab, und er machte einen Sturmlauf von hundert Metern zu einer der alten Ulmen hin. Auf Grund vieljähriger Übung brauchte er nur einen Augenblick, um sich auf den Baum zu schwingen, und als die Roten, über die Flucht erbittert, sich wie eine Koppel Bluthunde unter dem Baum drängten, schrie er, er wolle den ersten, der sich in den Baum hinaufwagte, so zusam-menschlagen, daß seine eigene Mutter ihn nicht wiedererkennen würde.
    Im letzten Augenblick erinnerte sich Sixtus an Eva-Lotte. Sie war gerade dabei sich in Sicherheit zu bringen. Aber es sollte sich bald zeigen, daß sie die Freiheit ihres Chefs auf Kosten ihrer eigenen erkauft hatte. Die Roten umringten das Wirtschaftsgebäude, und Eva-Lotte fiel wie eine reife Frucht in ihre ausgestreckten Hände, als sie auf den Zaun hinunterklettern wollte.
    »Schnell, bringt sie hinüber in unser Hauptquartier!« schrie Sixtus.
    Eva-Lotte wehrte sich mit dem Mut einer Löwin, aber Benkas und Jontes harte Fäuste zwangen sie bald dazu, sich zu un-terwerfen. Die Weißen beeilten sich, ihr zu Hilfe zu kommen.
    Kalle rutschte die Leine hinunter, und Anders tat einen lebensgefährlichen Sprung von der Ulme. Aber während Jonte und Benka Eva-Lotte zum Fluß hin knufften und stießen, hielt Sixtus die Verfolger mit Abwehrkämpfen auf, so daß die Roten mit ihrer Kriegsgefangenen ungestört den »Wallgraben« erreichten. Die sich wild sträubende Eva-Lotte über die »Zugbrücke« zu befördern, war natürlich eine Unmöglichkeit. Deswegen knuffte Benka sie ohne weiteres ins Wasser, wobei er selbst und Jonte hinterherplumpsten.
    »Keinen Widerstand, denn dann müßten wir dich erträn-ken«, sagte Jonte. Die Drohung hinderte jedoch Eva-Lotte nicht im mindesten, sich mit allen Kräften zu sträuben, und es bereitete ihr große Genugtuung, daß es ihr gelang, Benka und Jonte ein paarmal unterzutauchen. Ja, natürlich wurde sie auch mit untergetaucht, aber das verringerte nicht die Spur ihre Befriedigung.
    Oben auf der Böschung ging der Kampf mit unverminderter Stärke weiter. Der Lärm war so groß, daß Bäckermeister Lisander sich veranlaßt sah, seine Teige zu verlassen, um nachzusehen, was vorging. Er wanderte gemächlich zum Fluß hinunter, gerade als seine Tochter ihren wassertriefenden Kopf nach einem Besuch unter der Oberfläche hervorstreckte. Benka und Jonte ließen Eva-Lotte los und warfen einen schuldbewußten Blick auf den Bäckermeister. Auch der Kampf oben auf der Böschung endete. Der Bäckermeister schaute sein Kind nachdenklich an und stand eine Weile still.
    »Wie ist es, Eva-Lotte, kannst du Hundeschwimmen?«
    »Klar«, sagte Eva-Lotte, »ich kann alle Schwimmarten.«
    »Aha! Ja, das wollte ich bloß wissen«, sagte der Bäckermeister und ging gelassen wieder zur Bäckerei zurück.
    Die Rote Rose hatte ihr Hauptquartier in der Garage, die zur Villa des Postdirektors gehörte. Es stand gerade kein Auto darin, weshalb Sixtus den Raum für sich selbst mit Beschlag belegt hatte. Hier hatte er seine Angelrute und seinen Fußball, sein Fahrrad, Pfeil und Bogen, seine Schießscheibe und alle Geheimpapiere und Akten der Roten Rose. Hier wurde die durch-weichte Eva-Lotte eingesperrt, aber Sixtus bot ihr ritterlich an, ihr seinen Trainingsoverall zu leihen.
    »Edelmut den Besiegten gegenüber, das ist mein Wahlspruch«, sagte er.
    »Äh, ich bin nicht eine Spur besiegt«, sagte Eva-Lotte. »Ich werde bald befreit. In der Zwischenzeit können wir nach der Scheibe schießen.« Dagegen hatten die Gefangenenwärter nichts einzuwenden.
    Anders und Kalle standen noch am Fluß und hielten düsteren Kriegsrat. Es kränkte sie, daß es ihnen nicht gelungen war, Sixtus zu übermannen, so daß man die Gefangenen hätte austau-schen

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