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Kalle Blomquist

Kalle Blomquist

Titel: Kalle Blomquist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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können.
    »Ich schleich’ mich hin und rekognosziere«, sagte Anders.
    »Du setzt dich in den Ahorn und hältst Ausschau für den Fall, daß sie auf die Idee kommen sollten, wieder hierher zurückzu-kehren. Verteidige das Hauptquartier bis zum letzten Mann!
    Und solltest du übermannt werden, so verbrenne erst alle Geheimpapiere!«
    Kalle sah ein, daß es schwer sein würde, allen Befehlen in ihrem ganzen Ausmaß nachzukommen, aber er machte keine Einwendungen.
    Ein vortrefflicher Aussichtspunkt, der Ahornbaum! Man saß da richtig bequem in einer Astgabelung, gut versteckt durch das Laub, und hatte einen Überblick über den vorderen Teil von Bäckermeisters Garten und über die Straße in ihrer ganzen Ausdehnung bis zu der Ecke, wo sie auf die Kleine Straße traf.
    Kalle fühlte sich ganz erfrischt durch die ausgefochtenen Kämpfe, aber gleichzeitig hatte er ein schlechtes Gewissen. Er wußte, daß er seine Pflicht gegen die Gesellschaft vernachlässigt hatte. Wenn nicht der Krieg der Rosen dazwischengekommen wäre, dann hätte er schon am frühen Morgen vor dem Hotel gestanden und die beiden Herren überwacht, die gestern abend angekommen waren. Das würde ihn vielleicht der Lösung des Rätsels einen Schritt nähergebracht haben.
    Onkel Einar wanderte auf dem Gartenweg unten hin und her, hin und her … Er sah nicht den Beobachter im Ahornbaum, so daß Kalle ihn in aller Ruhe betrachten konnte. Jede Bewegung, die er machte, verriet Ungeduld und Mißvergnügen.
    Sein Gesicht hatte einen solchen Ausdruck von Rastlosigkeit und Unlust, daß er Kalle beinahe leid tat.
    »Man sollte doch etwas mehr mit ihm spielen«, dachte Kalle plötzlich teilnahmsvoll.
    Vor dem Zaun war die Straße menschenleer. Kalle sah auch zum Postdirektorhaus hinunter. Von daher konnte er den Angriff erwarten. Aber keine Roten Rosen waren zu sehen. Kalle warf einen Blick nach der anderen Seite. Da kam jemand. Das waren – ja wahrhaftig, sie waren es! Da waren die Kerle – wie hießen sie doch gleich? Krok und Redig! Kalle wurde sofort gespannt wie eine Stahlfeder. Sie kamen immer näher. Gerade als sie an der Gartentür vorbeigingen, erblickten sie Onkel Einar.
    Und er erblickte sie!
    Es war abscheulich, das mit anzusehen! fand Kalle. Wie in diesem Augenblick alle Farbe aus Onkel Einars Gesicht verschwand! Wenn er tot gewesen wäre, hätte er nicht weißer sein können. Und eine Ratte, die plötzlich sieht, daß sie in einer Falle gefangen ist, konnte nicht einen solchen Ausdruck von Todesangst im Gesicht haben wie Onkel Einar, als er an der Gartentür stand. Einer der beiden Männer fing an zu sprechen. Es war der kleine Blasse, Redig. Seine Stimme klang unbeschreiblich weich und zart. »Sieh, sieh, hier haben wir Einar«, sagte er.
    »Unseren lieben alten Einar!«

NEUNTES KAPITEL
    Kalle fühlte, wie es ihm kalt über den Rücken lief. Es war diese Stimme, die das verursachte. Äußerlich klang sie so weich, aber es war, als ob etwas sehr Unangenehmes und Gefährliches sich dahinter verberge.
    »Es scheint nicht so, als ob du dich besonders freust, uns zu sehen, alter Freund«, flötete die weiche Stimme.
    Onkel Einar griff mit beiden Händen um die Gartentür.
    »Doch«, sagte er, »ja, natürlich freue ich mich. Aber ihr kommt so unerwartet.«
    »Wirklich?« Der Blasse lachte. »Ja, du hast vergessen, uns deine Adresse zu hinterlassen, als du verschwandest. Zer-streutheit natürlich! Glücklicherweise hast du einen Brief an Lola mit einem einigermaßen deutlichen Poststempel geschrieben. Und Lola ist ein verständiges Mädchen. Wenn man ernsthaft mit ihr spricht, so ist sie nicht diejenige, die einem etwas vorenthält.«
    Onkel Einar atmete heftig. Er beugte sich über die Gartentür zu dem Blassen vor.
    »Was hast du mit Lola gemacht, du …?«
    »Ruhe, Ruhe!« Die weiche Stimme unterbrach ihn. »Reg dich nicht auf! Ruhe, Erholung und Ausspannung soll man in seinen Ferien haben. Denn das hier ist wohl ein kleiner Ferien-ausflug, soweit ich verstehe?«
    »Ja, ja«, sagte Onkel Einar. »Ich bin hierhergefahren, um mich ein bißchen auszuruhen.«
    »Das verstehe ich! Du hast in der letzten Zeit hart gearbeitet, was?«
    Es war die ganze Zeit über der blasse Ivar Redig, der das Wort führte. Der, den Kalle den Unangenehmen nannte, stand nur still da und lächelte, aber es war nicht das, was Kalle unter einem freundlichen Lächeln verstand.
    »Wenn ich dem in einer einsamen Straße begegnete, würde ich Angst bekommen«, dachte Kalle.

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