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Kalle Blomquist

Kalle Blomquist

Titel: Kalle Blomquist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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wieder so an! Komm nicht noch einmal mit diesen de-tektivischen Grillen! Mit dieser Sorte von Dummheiten sind wir fertig. Darüber waren wir uns doch wohl einig.«
    Nun wollte er aber schlafen. Das
wollte
er!
    »Ich bin ein Opfer von gekochtem Schellfisch.«
    Wieder war es die Stimme von Anders, die er hörte. Zum Teufel, daß man ihn nicht in Ruhe lassen konnte! Was hatte Anders hier nur immer herumzukrabbeln? Konnte er nicht zu Hause liegen und mit sich selber reden, wenn er so verzweifelt redelustig war?
    Aber jetzt half nichts mehr. Die unheimlichen Gedanken wollten heraus. Er konnte sie nicht länger zurückhalten. Zu denken, daß es vielleicht nicht der Fisch war, weswegen sich Anders übergeben hatte! Gekochter Schellfisch war ekelhaft, das fand Kalle auch. Aber sich davon eine Nacht lang zu übergeben, das war nicht üblich. Und – wenn es nun nicht Meerzwiebeln gewesen waren, die Beppo gefressen hatte? Wenn es nun …
    wenn es nun … etwas anderes war … Wenn es nun … vergiftete Schokolade war?
    Er versuchte wieder, sich selbst zu mäßigen.
    »Der Meisterdetektiv hat Zeitungen gelesen, ich merke es«, höhnte er. »Es scheint, er hat die Kriminalfälle der letzten Jahre zu gut verfolgt. Und wenn es auch schon vorgekommen ist, daß jemand durch vergiftete Schokolade getötet wurde, so bedeutet das nicht, daß jede verdammte Schokoladentafel nur noch aus Arsenik besteht.«
    Eine Zeitlang lag er ganz still und dachte. Und es waren be-
    ängstigende Gedanken.
    »Es gibt noch mehr Menschen als nur mich, die Zeitungen gelesen und Kriminalfälle verfolgt haben. Noch einer kann das getan haben. Einer in grünen Gabardinehosen. Einer, der Angst hat. Er kann den Artikel über Eva-Lotte auch gelesen haben. Da wurde ja von Schokolade und Bonbons geschrieben, die man ihr per Post schickt. Diesen Artikel, in dem auch gestanden hat, daß Eva-Lotte möglicherweise ein Werkzeug sei, dazu bestimmt, den Mörder festzusetzen oder so ähnlich. Du großer Nebukadnezar, wenn es so gewesen ist!«
    Kalle sprang aus dem Bett. Die andere Hälfte der Schokoladentafel – die hatte
er
doch bekommen! Er hatte sie völlig vergessen gehabt. Wo war sie? Selbstverständlich war sie noch immer in der Hosentasche. Diese blauen Hosen, die er neulich angehabt hatte … Er hatte sie seitdem nicht mehr angezogen.
    Welch ein Glück für ihn, welch sagenhaftes Glück – wenn es wirklich so war, wie er mutmaßte.
    Man kann sich viel einbilden, wenn man im Halbschlaf dahindämmert. Das Unwahrscheinlichste wird dann glaubhaft. Als Kalle jetzt in seinem Pyjama in der Schrankkammer stand, wo die Morgensonne durch das Fenster lugte, fand er wieder, daß er einfach närrisch sei. Es war alles natürlich nur Einbildung –genau wie immer.
    »Und trotzdem«, sagte er, »eine kleine Routineuntersuchung kann ich ja immerhin machen.«
    Sein erdachter Zuhörer, der sich lange verborgen gehalten hatte, wartete sichtlich nur auf dieses Stichwort. Eifrig kam er angelaufen, um zu sehen, womit der große Meisterdetektiv sich beschäftigte.
    »Was wollen Sie tun, Herr Blomquist?« fragte er andächtig.
    »Wie ich schon sagte – eine kleine Routineuntersuchung.«
    Plötzlich war Kalle wieder Meisterdetektiv, es war nicht zu ändern. Lange hatte er es nicht sein dürfen, auch keine Lust gehabt, es zu sein. Wenn tatsächlich Ernst mit im Spiel war, wollte er nicht Detektiv sein. Aber gerade jetzt zweifelte er selbst, einen berechtigten Verdacht zu haben, zweifelte so stark daran, daß er hilflos der Versuchung verfiel, wieder in der alten Weise zu markieren. Er nahm die halbe Tafel Schokolade aus der Hosentasche und hielt sie seinem erdachten Zuhörer hin.
    »Aus bestimmten Gründen habe ich den Verdacht, daß sie mit Arsenik vergiftet ist.« Sein erdachter Zuhörer krümmte sich vor Schreck. »Sie wissen, so etwas ist schon passiert«, fuhr der Meisterdetektiv unbarmherzig fort. »Und es gibt etwas, das nennt man ›Verbrechen aus Nachahmung‹. Es ist ja eine ziemlich gewöhnliche Sache, daß ein Verbrecher seine Anregungen aus bereits geschehenen Verbrechen nimmt.«
    »Aber wie kann man wissen, ob wirklich Arsenik darin ist?«
    fragte der erdachte Zuhörer und sah hilflos und ratsuchend auf das Schokoladenstück.
    »Man macht eine kleine Probe«, sagte der Meisterdetektiv ruhig. »Die Marshsche Arsenikprobe. Und die gedenke ich jetzt vorzunehmen.«
    Sein erdachter Zuhörer sah sich mit bewundernden Blicken in der Schrankkammer um. »Ein erstklassiges

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