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Kalogridis, Jeanne - Die Seherin von Avignon

Kalogridis, Jeanne - Die Seherin von Avignon

Titel: Kalogridis, Jeanne - Die Seherin von Avignon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Abhängen neben der Stadt. Beim Klang der Trompeten schauten die Bogenschützen auf und kehrten eilig in den Schutz ihrer Palisaden zurück. Das Fußvolk hingegen brach in Kriegsgeheul aus und stürmte auf den Trupp Franzosen zu, der am Horizont heranrückte.
    Es war das letzte Bataillon, angeführt von Jean dem Guten. Eine dunkle Vorahnung überkam mich. Ich hatte nicht einen Bauern gesehen, keinen einzigen Angehörigen der Bourgeoisie. Unsere Toten waren ausnahmslos Adlige, die Elite Frankreichs, die ich nie auf so viele Mannen geschätzt hatte. Der König, der zu tapfer war, um sich dem Rückzug der Vorhut anzuschließen, hatte offensichtlich eingesehen, wie töricht es war, Pferde mit ungeschütztem Rumpf in einen Krieg gegen Langbögen zu schicken, und daher seinen Männern befohlen, die Lanzen zu kürzen und die langen Spitzen ihrer poulaines abzuschneiden, die nicht zum Marschieren gedacht waren, sondern sie in den Steigbügeln festhalten sollten. Ihre Schlachtrösser grasten jetzt gelassen in der Ferne, gleichgültig gegenüber dem Schicksal ihrer Reiter. Wieder war ich von Chaos umgeben. Die Soldaten strömten einander entgegen und prallten mit metallenem Geräusch aufeinander. Während ich in dem Durcheinander vorwärts taumelte, konnte ich das Gefühl der Dringlichkeit kaum mehr ertragen. Ich musste ihn finden, und zwar schnell.
    Zu meinem Ärger kam ich nur sehr langsam voran, ich duckte mich geschickt, um schwingenden Waffen auszuweichen, kroch manchmal auf allen vieren über die aufgewühlte, blutgetränkte Erde. Ich war über und über mit Blut besudelt, mein Habit, die einst weiße Haube, der Schleier, selbst mein Gesicht. Ich blieb stehen und leckte mir über die Lippen, die stark nach Eisen schmeckten. Ich kroch über Steine und liegen gelassene Waffen, über reglose goldene Sporen, bis mein Blut mit dem der anderen floss und den Boden nährte. Meine Handflächen, die Knie wurden wund, der Stoff, der mich bedeckte, hing nur noch in Fetzen von meinen Schultern.
    Plötzlich vernahm ich ganz in meiner Nähe Hufschlag und dachte, es sei vielleicht der letzte Angriff König Edwards auf unseren König. Doch es war nur ein Pferd, und als ich das erkannte, merkte ich auch, dass ich das Geräusch nicht mehr hörte. Die Hufe standen jetzt direkt neben mir.
    Herrin.
    Zunächst vernahm ich die Anrede nur in meinem Kopf und schaute auf. Das Pferd trug einen scharlachroten Helmbusch und einen weißen Überwurf über seiner Rüstung, passend zu dem seines Reiters. Dieser steckte in einer schwarzen Rüstung, wie die des Königs, sein Umhang war mit einem Falken bestickt, der über einem auf der Spitze stehenden Dreieck aus drei roten Rosen thronte. Der Ritter öffnete sein Visier.
    »Herrin.«
    Ich erhob mich und betrachtete sein Gesicht, das mir sehr vertraut war. Zum ersten Mal hatte ich es in der Nacht meiner Weihe gesehen. Die Gesichtszüge waren fein, die Nase geschwungen wie die eines Adlers und unverkennbar adlig. Die Augen des Mannes hatten die Farbe des tür-kisfarbenen Meeres, in seinem Bart glitzerte das Gold der Sonne.
    Auch er war vom Kampf gezeichnet und mit Blut bespritzt und hatte den Schaft eines Pfeils abgebrochen, der seine Rüstung auf Schulterhöhe durchbohrt hatte, ohne eine Wunde zu hinterlassen.
    »Herrin«, wiederholte er. Ich streckte die Hand aus, und er küsste sie. Mitten in einem Meer von Kämpfen waren wir allein und unberührt.
    »Edouard«, sagte ich. »Gott sei Dank. Ihr müsst mich sofort zu Luc führen.«
    Sogleich zog er mich zu sich aufs Pferd. Wir duckten uns hinter seinen Schild und ritten auf die Stadt zu, zusammen mit all jenen, die sich zurückzogen.
    »Halt!«, rief ich plötzlich. »Halt - ich kann ihn spüren. Er ist dahinten, er ist hinter uns. Wir müssen sofort kehrtmachen.«
    »Es war einfältig von Euch, herzukommen, Herrin!«, fuhr er mich über die Schulter hinweg an. »Das hier ist eine Falle - seht Ihr das denn nicht? Auch Luc wurde vom Feind hierher gelockt, das zumindest hat mir mein Zweites Gesicht gesagt. Jetzt ist er im Kampfgetümmel verschwunden, und ich weiß nicht, was aus ihm geworden ist. Wir können es nicht riskieren, Euch auch noch zu verlieren!«
    »Nein!«, schrie ich zornerfüllt und erhob mich hinter ihm. »»Ihr versteht nicht! Es ist gewiss eine Falle, aber er wird sterben, Edouard! Er wird sterben, wenn ich ihn nicht finde! Wir müssen uns in die Falle begeben, wir werden schon einen Ausweg finden.«
    Doch Edouards Ross galoppierte

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