Kalt, kaltes Herz
nicht.«
Er kicherte, so daß sein Fett wabbelte. »Die Frauen verarschen uns seit Adam und Eva und der Geschichte mit dem Apfelkuchen, wenn Sie verstehen, was ich meine.« Er legte sein Stethoskop an. »So sollte das in der Bibel stehen: Mit dem Apfelkuchen fing das ganze Elend an.«
»Welche Frauen?«
»Wie? Sprechen Sie lauter!« Er hielt mir die Muschel des Stethoskops vors Gesicht wie ein Mikrophon. »Warum sagen Sie ›die Frauen‹? Was haben Frauen damit zu tun, daß ich eingesperrt werde?« fragte ich. Er hob warnend den Finger, dann pumpte er mit dem Gummiball die Blutdruckmanschette auf.
»Wollen Sie's mir nicht sagen?«
»Pssst.« Er starrte nach unten auf die Skala. Die Quecksilbersäule stieg. Als sie etwa16o erreicht hatte, hörte er zu pumpen auf und öffnete ein Ventil, um die Luft langsam entweichen zu lassen. Bei 101 legte er es vollständig um. »Ein wenig zu hoch. Systolisch und diastolisch«, sagte er. »Sind Sie etwa nervös?«
Ich funkelte ihn wütend an.
Prüfend sah er zur Glasscheibe. Eine Schwester beugte sich über die Konsole. Elijah riß mir die Manschette vom Arm und zog sich die Stethoskophörer aus den Ohren. Dann holte er ein elektronisches Thermometer aus seiner Tasche. »Sagen Sie: ›Ahhhh‹!«
»Muß das sein?«
»Ahhh!«
Ich öffnete den Mund, und er schob mir das Thermometer hinein.
Mit einem kurzen Blick vergewisserte er sich, daß die Schwester wieder fortgegangen war. »Es heißt, Ihre Frau und Ihre Mutter haben sich zusammengetan. Sind vor Gericht gegangen, haben erzählt, Sie nehmen Drogen, wollen sich umbringen und sind sowieso hoffnungslos im Arsch. Der Richter hat dann das Programm für Ärzte in Not eingeschaltet, und schwups war das Formblatt unterschrieben.« Er nahm mir das Thermometer aus dem Mund und las die Digitalanzeige ab. »Das ist jedenfalls normal an Ihnen. 36,5, wie im Bilderbuch.«
Ich traute meinen Ohren nicht. »Sie sagen, daß Kathy und meine Mutter dafür verantwortlich sind?«
»Ich stand in der Nähe, als Nelson mit diesem Großkotz von Psychiater aus Boston telephoniert hat. Sie haben beraten, ob man Sie von hier aus in den Entzug einweisen soll.«
Der ärztlich angeordnete Entzug dauerte einen Monat und wurde gewöhnlich im Bridgewater State Hospital durchgeführt, das eher einem Gefängnis ähnelte als einem Krankenhaus. »Ich bin runter von dem Zeug«, erklärte ich Elijah. »Sagen Sie Nelson, er soll mein Blut und meinen Urin untersuchen lassen. Ich bin clean.«
»Natürlich wird er meinen Expertenrat prompt befolgen«, erwiderte Elijah. »Erklären Sie ihm das besser selbst. Ich werde ihn holen.« Er ging zur Tür, wandte sich aber dann noch einmal um. » Tut mir leid, ich muß Sie einschließen.« Ich nickte. Die Tür fiel zu, und ich hörte, wie das Schloß einrastete. Ich beobachtete das Geschehen in der Notaufnahme, vor allem Nels Clarke, der immer wieder zu neuen Patienten eilte. Etwa eine Viertelstunde später verließ er eines der mit Vorhängen abgeteilten Kämmerchen, streifte sich die Gummihandschuhe ab und kam auf meine Tür zu. Ich hörte Schlüsselrasseln.
»Er ist brav wie ein Lamm, Dr. Clarke«, sagte Elijah. »Ich warte draußen.«
Nels betrat den Raum. Er blieb in der Nähe der Tür. »Du siehst wütend aus«, stellte er fest.
»Ich? Warum sollte ich wütend sein, Nels?«
»Ich habe das Formblatt nicht unterschrieben.«
»Das weiß ich. Es war Ted Pearson.«
»Ich würde dir gern helfen.«
»Gut. Dann erzähle mir erst einmal, warum ich hier eingesperrt bin. Wer zum Teufel steckt dahinter?« Er nickte. »Hast du das Gefühl, man hat sich gegen dich verschworen?«
Offensichtlich hatte Nels einiges von mir gelernt. Ich holte tief Luft. »Nein. Ich finde von allen Seiten nur Unterstützung. Freie Fahrt und wundervolle Unterbringung. Kreuze also in deiner Liste bei Paranoia bitte das Nein-Kästchen an. Die nächsten beiden Fragen beziehen sich auf Stimmen und Visionen. Also los, fang schon an!« Er räusperte sich. »Das ist für uns beide keine angenehme Situation.«
»Für uns beide? Soll ich dir vielleicht noch seelischen Beistand leisten? Ich bin derjenige, der gegen seinen Willen hierhergezerrt wurde.«
»Elijah hat dir doch bestimmt schon alles erzählt. Er stand neben mir, als der Anruf von Ted Pearson kam.« Ich sah ihn durchdringend an. »Kathy und meine Mutter.«
»Von wem die Informationen stammen, ist vertraulich. Ich darf es weder bestätigen noch bestreiten.«
»Nels, überleg doch mal!
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