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Kalt kommt der Tod (German Edition)

Kalt kommt der Tod (German Edition)

Titel: Kalt kommt der Tod (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Sprado
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und den Spielzeugen einiger Sultanate und des saudi-arabischen Königshauses, doch sie war zweifellos der Star ihrer Klasse.
    Danilo Nowikow war seit fünf Jahren ihr Kapitän. Verschwiegen, gehorsam, geduldig. Eigenschaften, die Choma schätzte. Nowikow hatte ungezählte Hollywoodschauspielerinnen an Bord kommen sehen, meistens waren sie als glitzerndes Accessoire eingeladen worden, um schwierigen Geschäftsverhandlungen mit einflussreichen Wirtschaftsmagnaten ein wenig Glanz zu verleihen, und wer von ihnen die Nacht an Bord verbrachte und mit wem, blieb Nowikows Geheimnis.
    Derzeit hatte er nur einen einzigen Gast an Bord, die Tochter des deutschen Reeders, die im Moment in ihrer Kabine mit Dimitrij Choma, dem Sohn des Eigners, zu Abend aß.
    Nicht ganz freiwillig, wie er wusste. Auch sie würde sein Geheimnis bleiben, was auch immer geschah.
    Aus Cuxhaven wurde per Funk die Lotsenablösung angekündigt und Nowikow darüber in Kenntnis gesetzt, dass diesmal nicht nur ein Lotse an Bord kommen würde, zwei Männer würden ihn begleiten, Ex-Kapitäne, die für ihre künftige Aufgabe als Lotsen geschult werden sollten.
    Kapitän Nowikow sah auf dem Radarschirm, wie das Lotsenboot langsam näher kam und längsseits ging. An der Bordwand wurde eine Leiter heruntergelassen, und während das Lotsenboot die Geschwindigkeit der Carte Blanche aufnahm und gleiche Höhe mit ihr hielt, kletterten die drei Männer nacheinander die Leiter hinauf an Deck.
    Oben fragte der Seelotse seinen Nachfolger, wer die beiden Männer seien, die er mitgebracht hatte, hörte sich schweigend seine Antwort an, die ihn zufriedenstellte, und verabschiedete sich. Er stieg die Leiter runter, und das Boot legte ab. Das ganze Manöver hatte weniger als zehn Minuten gedauert.
    Der zweite Offizier nahm die Männer in Empfang und begleitete sie zur Brücke.
    »Das nenn ich einen Luxusschlitten«, sagte Rainer Stöver.
    Der Lotse, ein rundlicher Mann mit schütterem Haar, abgenutzter Schirmmütze und fleckigem Overall, strich mit der Hand über die dunkelblaue Wand des Ganges, der ins Innere des Schiffs führte und mit dem Dämmerlicht einer Bar beleuchtet war.
    »Schön aufpassen«, er drehte sich zu seinen beiden Begleitern um. »Wenn sich einer von euch die Knochen bricht, gibt’s viel Ärger und Papierkram für mich.«
    Phong Packer, der hinter ihm ging, schenkte Stöver den Anflug eines bemühten Lächelns. »Ich bin aufrichtig begeistert«, sagte er.
    Stöver war die Idee von O. C. Riesenberg gewesen. Nachdem Packer ihm erklärt hatte, dass die Carte Blanche mit Carolin auf dem Weg nach Hamburg war, hatte er seinen alten Kapitän angerufen. Einundzwanzig Jahre lang hatte Stöver im Dienst der Reederei gestanden, bis es ihm – und seiner Frau – zu viel wurde mit den monatelangen Reisen. Mit der Aussicht auf ein geregeltes Leben in der Heimat und doch auf dem Wasser hatte er sich für die Ausbildung als Lotse beworben. Sechs Jahre war das inzwischen her.
    Riesenberg erzählte ihm, worum es ging. Drei Stunden später begann Stövers Schicht, und er fädelte es so ein, dass ihm der Dienstleiter die Carte Blanche zuteilte. Von Packer und Kokina erzählte er ihm nichts und dem Bootsführer lediglich, dass sie zwei Bekannte auf Besuch seien, die sich für seinen Beruf interessierten. Müsse ja sonst niemand erfahren, er werde sich demnächst mit einem ausgiebigen Kneipenabend revanchieren.
    Packer erwog einen verrückten Augenblick lang, einfach loszustürmen, aber dafür war es viel zu früh. Sie hatten alle Zeit der Welt.
    Wenn sie es richtig angingen.
    Kokina beugte sich zu ihm vor.
    »Du hast nicht zufällig schon eine Idee? Jetzt, wo wir es tatsächlich bis auf diesen Milliarden-Rubel-Pott geschafft haben.«
    »Ich bring sie erst mal ein bisschen durcheinander«, sagte Packer.
    »Warum ist mir das nicht eingefallen?«, fragte Kokina.
    »Weil du ein Russe bist.«
    »Ich gebe mein Bestes.«
    107
    Vor dem Fenster ihrer Kabine sah Carolin Riesenberg am Hochufer der Elbe die Lichter von Blankenese vorbeiziehen. Nicht mehr lange, und die Carte Blanche würde den Hamburger Hafen erreichen.
    Auf einem Sonntagsausflug vor vielen Jahren hatte ihr Vater ihr die alten Kaufmannshäuser und winkligen Gassen des Nobelvorortes gezeigt, ein ehemaliges Fischerdorf, in dem heute nur wohnte, wer dort erbte oder sehr viel Geld hatte. Fischer gehörten schon lange nicht mehr dazu. Mittags aßen sie im Restaurant auf dem Süllberg Maischolle mit neuen Kartoffeln und

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