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Kalt kommt der Tod (German Edition)

Kalt kommt der Tod (German Edition)

Titel: Kalt kommt der Tod (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Sprado
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schmutzig machen«, sagte sie.
    »Kommt darauf an, was Sie unter schmutzig verstehen. Wollen wir es uns gemütlich machen?«
    Dimitrij stand auf.
    »Setzen Sie sich hin!«, erwiderte sie scharf. Irgendetwas in ihrer Stimme schien ihn zu beeindrucken, nach kurzem Zögern nahm er wieder Platz, stützte die Ellenbogen auf den Tisch und starrte sie über seine verschränkten Hände hinweg an.
    »So redet nur mein Vater mit mir.«
    »Ihre Mutter hätte das auch tun sollen.«
    Über seine Augen zog ein trauriger Schimmer, der gleich darauf wieder verschwand.
    »Mein Vater ist Ihrem sehr ähnlich«, sagte sie. »Er hat viele Menschen verletzt, emotional, meine ich. Er kann stur und unnachgiebig sein.«
    »Deswegen sind Sie auf diesem Schiff.«
    »Inzwischen hat Ihr Vater bestimmt bekommen, was er wollte. Warum bin ich dann immer noch hier?«
    »Wir mussten umdisponieren. Es gab Schwierigkeiten. Ihr Vater hat ein paar Männer nach Spitzbergen geschickt, die Sie suchen. Beinahe hätten diese Männer Sie gefunden. Aber dafür war es noch zu früh.«
    Plötzlich saß Carolin kerzengerade auf ihrem Stuhl.
    »Was für Männer?«
    »Sie kamen mit Ihrem Mann.«
    »Mein Mann? Was hat Kurt mit alledem zu tun?«
    Dimitrij lachte auf. »Schade, dass Sie ihn das nicht mehr fragen können.«
    »Ist er tot?«
    »Die Männer sind es auf jeden Fall.«
    Carolin versuchte, gefasst zu bleiben.
    »Wer waren die Männer, die mich gesucht haben?«
    »Wenn Ihnen jedes Wort meiner Antwort einen Kuss wert ist, denke ich darüber nach.«
    »Da sie tot sind, spielt es doch keine Rolle mehr«, erwiderte sie und widmete sich gespielt desinteressiert dem Nachtisch. Kirsch-Blintzes mit Vanille-Eiscreme, die der Steward mit dem Wodka gebracht hatte.
    »Sie machen es mir schwer, Carolin.«
    »Nicht schwer. Unmöglich.«
    »Bin ich so unattraktiv?«
    »Bestimmt haben Sie eine große Fangemeinde.«
    »Einer war Russe, wie wir, der andere ein Asiate. Was halten Sie davon?«
    Dimitrij behielt sie im Auge, als er das sagte, und so entging ihm nicht, dass ihre Gabel, die auf dem Weg zum Mund war, für einen Sekundenbruchteil innehielt.
    Carolin versuchte die Fragen zu unterdrücken, die sich ihr aufdrängten, aber der Wunsch, mehr zu erfahren, war überwältigend.
    »Dieser Asiate, war er groß?«
    »Riesig. Jemand, den Sie kennen?«, fragte Dimitrij.
    »Flüchtig.«
    Carolin erschauerte bei dem Gedanken, dass Phong tot sein könnte. Phong, der sie gesucht hatte. Ihr Phong.
    »Was hat Ihr Vater mit ihnen gemacht?«
    »Diese Arbeit überlässt er seinem Kommandanten Tarassow. Ihm wird sicher etwas Originelles eingefallen sein, dafür ist er berüchtigt.«
    Nicht so einfach, wenn sein Gegenspieler Phong Packer heißt, dachte Carolin. Eine Welle der Euphorie lief durch ihren Körper.
    »Ich würde gern zur Sache kommen«, sagte Dimitrij. Mit einem Mal hatte seine Stimme den freundlichen Ton der letzten Tage verloren.
    »Entweder Sie spielen freiwillig mit mir, oder ich werde Sie dazu zwingen. Ich will Sie haben, und ich werde Sie bekommen.«
    »Wenn es vorbei ist, wie wollen Sie mich in Hamburg an Land bringen?«, fragte Carolin.
    »Wer sagt, dass wir Sie bis dahin mitnehmen?«
    108
    Aus dem Land gejagt.
    Die Worte quälten Wladimir Choma seit dem Abflug aus Moskau. Nie wieder würde er durch die Straßen seiner Jugend schlendern, die er gelegentlich aufgesucht hatte, um Kontakt zu seiner Vergangenheit zu halten. Seine Gegend war das Gebiet rund um den Komsomolskaja-Platz gewesen, wo dicht beieinander die großen Bahnhöfe liegen, der Leningrader Bahnhof für den Verkehr nach Sankt Petersburg und der Jaroslawer Bahnhof, wo die Züge der Transsibirischen Eisenbahn abgefertigt wurden und in seine frühere Sehnsuchtsrichtung Pazifik fuhren, nach Murmansk und Wladiwostok.
    Als er durch den Verkauf eines Grundstücks, das ihm nicht gehörte, zum ersten Mal zu mehr Geld gekommen war, als er zum täglichen Überleben brauchte, leistete er sich ein Ticket der zweiten Klasse und erfüllte sich diesen Traum, doch schon am ersten Abend kam die Langeweile und blieb bei ihm, bis der Zug nach sechs Tagen in den Bahnhof von Wladiwostok einfuhr. Und anstatt wie geplant auch mit der Bahn wieder zurückzufahren, nahm er das Flugzeug und war seitdem – U-Bahnen ausgenommen – nie wieder in einen Zug gestiegen.
    Nun stand er vor einer anderen Entscheidung. Wenn sein Problem gelöst war, wohin sollte er fliegen? Welche Stadt würde seine neue Heimat werden? London, wo er

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