Kalt kommt der Tod (German Edition)
raus.«
»Hast du einen Plan?«
»Im Moment noch nicht.«
»Woher habe ich das bloß gewusst?«
»Weil du der Chef bist.«
»Seid ihr schon bei diesem…, wie heißt der gleich … Sysselmann gewesen?«
»Und da ist ja auch die Kulturtasche.«
»Lass den Unsinn, Phong.«
»Ich bin ein berufsmäßiger Rauskrieger. Mir fällt schon was ein. Einiges habe ich bereits rausgekriegt.«
»Ich habe dir eine ernsthafte Frage gestellt.«
»Auf die ich dir frühestens in ein paar Stunden eine Antwort geben werde, bis dahin wäre es mir recht, wenn du mich in Ruhe lässt.«
Jenna kam mit einem weißen Turban auf dem Kopf aus dem Bad, ihren Körper hatte sie in ein Handtuch gewickelt. Packer konnte nicht anders, als sie bewundernd anzuschauen. Er war zutiefst gerührt von ihrem Dekolleté, das konnte man jetzt erstklassig sehen, und ihre Hüfte und ihr Becken füllten das Handtuch sehr zufriedenstellend aus.
»Herrlich«, sagte sie, »das fühlt sich an wie Duschen nach vier Sätzen Volleyball.«
»Du spielst Volleyball?«
»Wieso«, fragte Jenna, »findest du mich zu dick?«
Er warf das Handy aufs Bett.
»Das war der Alte. Er will wissen, wie weit wir sind.«
»Ich bin fertig«, erwiderte Jenna und rubbelte sich die Haare trocken. »Meint er das ernst?«
»So kennt man ihn«, sagte Packer.
25
Als sie in den Barents Pub kamen, waren alle Tische besetzt, auch die Hocker am Tresen, wo Kokina und Vollmer saßen, jeder mit einem Glas Arctic Beer vor sich, das in Tromsö gebraut wurde. Sie hatten sich umgezogen und sahen jetzt aus, als würden sie hierhergehören.
Im Pub war es laut. Die Lautsprecherboxen brüllten einen Led-Zeppelin-Klassiker in den kleinen Raum, und die Portugiesen feierten ausgiebig ihre Ankunft nördlich des Polarkreises. Zu diesem Anlass hatten sie sich einige Flaschen Rotwein genehmigt und sangen Fado-Lieder, die ihnen Tränen in die Augen trieben.
Etwas abseits, um zwei kleine Tische herum, prostete sich eine Gruppe Männer in schwarzen Anzügen mit randvollen Wodkagläsern zu. Einer war dabei, ein rotblonder, dessen Anzug besser aussah als die Anzüge der anderen. Er saß neben dem Jüngsten der Runde, der als Einziger schwarze, eng geschnittene Jeans und einen gelben Ralph-Lauren-Pullover mit V-Ausschnitt über einem blauen Button-down-Hemd trug.
Zwischen ihnen schminkte sich eine Frau mit einer glänzenden schwarzen Lederjacke über einem paillettenbesetzten weißen T-Shirt, die nackten Beine lässig übereinandergeschlagen.
Den Rothaarigen ordnete Packer augenblicklich einer Welt zu, die er nur aus den Klatschblättern kannte: alter, reicher, schwer eleganter Rubel-Krösus mit fettem Ego. Die wenigen Haare, die ihm noch verblieben waren, trug er ziemlich übel von einer Seite auf die andere gekämmt. Trotzdem dachte Phong als Erstes: Flavio Briatore. Und er staunte, als ihm auch der Name dieses Mannes einfiel: Wladimir Choma, ein russischer Industrieller, der kürzlich unter großer Anteilnahme der Presse ein zweitausenddreihundertfünfzig Quadratmeter großes Penthouse am Hyde Park in London gekauft hatte, mit schusssicheren Fenstern, eigenem Bunker, designt von Stararchitekt Richard Rogers. Weinkeller und Ölscheich-Nachbarn inklusive. Kaufpreis: einhundertzweiundvierzig Millionen Pfund, nicht mitgerechnet die fünfundvierzig Millionen Pfund für den Umbau. Eine Summe, die das Bruttosozialprodukt mehrerer kleiner Länder übersteigt, aber ein Klacks für Wladimir Choma, dessen Vermögen vom US-Magazin Forbes auf das Zweihundertfache geschätzt wurde.
In Moskau kursierten Gerüchte, Wladimir Choma habe auf dem Roten Platz als Hütchenspieler angefangen. Inzwischen gehörten ihm Chemiefabriken, Stahlhütten und Bergwerke in Sibirien, dazu einige Fernsehsender und Zeitungen – wahrscheinlich auch ein paar Abgeordnete der russischen Duma zur Absicherung. Zu seinen engsten Freunden, das hatte Phong gelesen, zählten Wladimir Putin, Warren Buffett und ein Sohn der britischen Königin, welcher, hatte Packer vergessen. Was will man mehr? Ein Präsident, der Türen öffnete und einem Ärger vom Hals hielt? Nur her damit!
Choma wurde in die Salons von Davos, Brüssel und Washington eingeladen, und nun war er hier, in der Schweinekälte auf einem Fetzen Land, wo Leute wie er sich niemals blicken lassen, weil sie um diese Jahreszeit gewöhnlich an den Swimmingpools von St. Barth und Antigua in der Sonne liegen und Cocktails schlürfen.
Als Choma jung war, löste er seine Probleme mit den
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