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Kalt kommt der Tod (German Edition)

Kalt kommt der Tod (German Edition)

Titel: Kalt kommt der Tod (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Sprado
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Fäusten, mittlerweile hatte er einige Benimmkurse hinter sich gebracht und gelernt, sich geschmeidig auf dem internationalen Parkett zu bewegen. Seine neu erworbenen Manieren und sein Geld verschafften ihm Zugang zu sämtlichen VIP-Lounges dieser Welt. Er zeigte sich gern in Begleitung von jungen Schauspielerinnen oder Topmodels. Seine jüngste Eroberung, Alice Trace, hatte vor zwei Wochen einen Spielfilm an der Seite von Leonardo di Caprio abgedreht. Ihre Rolle, Choma hatte sie ihr zum 28. Geburtstag gekauft, war winzig: Sie mimte eine Kellnerin in einem Schnellrestaurant, die außer »Bitte sehr, hier ist Ihr Doppelburger ohne Zwiebeln, medium« nichts weiter zu sagen hatte.
    Bis zu ihrem nächsten Auftritt hatte sie ein paar Wochen drehfrei und begleitete Choma und seinen Sohn. Sie saß da wie aus einer Doris-Day-Komödie gefallen, eine Frau mit blonden Haaren und blauem Lidstrich, nur die Lockenwickler fehlten. Talent-Scouts hatten sie in einem Club in Cleveland, Ohio, aufgespürt und gepflückt wie eine reife Frucht, seitdem gehörte sie Choma.
    Neuerdings interessierten sich die Medien jedoch mehr für seinen Sohn Dimitrij, einen gewalttätigen Burschen, den man auf Fotos niemals lächeln sah. Seine Schlägereien und Rausschmisse in den Clubs von Moskau, London und New York waren legendär und wurden von der Weltpresse begeistert aufgenommen. Eines Tages würde er das Vermögen seines Vaters erben, weshalb sich die heiratsfähigen Frauen des europäischen Hochadels und jede Menge Jetset-Girls schon jetzt die Fingernägel abkauten.
    Abgesehen von den zu erwartenden Milliarden hatte er durchaus weitere Vorzüge zu bieten, was den Frauen die Annäherungsversuche erleichterte: Er sah aus wie der junge Cary Grant und schrieb, wenn er nicht feierte, romantische Gedichte, sehr gute, sagten jene, denen er welche geschenkt hatte.
    Derzeit befanden sich Vater und Sohn auf einer dreimonatigen Weltreise, um Dimitrij vom Tod seiner Mutter abzulenken, die vor zwei Monaten zusammen mit ihrer Cousine bei einem Selbstmordanschlag muslimischer Fundamentalisten auf eine Kairoer Edel-Disco ums Leben gekommen war, wo die beiden mit Freunden aus dem Aga-Khan-Clan ein rauschendes Fest gefeiert hatten. An diesem Tag hielt Choma sich in Buenos Aires auf, wo dringende Geschäfte mit der argentinischen Regierung seine Anwesenheit erforderten.
    Nach Spitzbergen hatte es Vater und Sohn verschlagen, weil Choma seinem Sohn die Kohlegrube in Barentsburg zeigen wollte, in der sich sein Vater, Dimitrijs Opa, in den 1940er Jahren mehrere Winter lang den Rücken krumm geschuftet hatte.
    Diese Version kriegte Packer von einem Norweger zu hören, der sich mit einem Kumpel lautstark über Choma und seinen Tross lustig machte.
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    »Hey«, brüllte Choma, »gibt es in diesem Laden jemanden, der uns eine neue Runde Wodka bringt? Einen Hunderter für jeden, der es bis zu unserem Tisch schafft. Das kann doch nicht so schwer sein, bei uns kriegen sie das sogar in Wladiwostok hin.«
    Was er dazu sagen sollte, wusste Kokina noch nicht, allerdings fand er es interessant, dass da jemand war, der wie er selbst Englisch mit russischem Akzent sprach. Das erinnerte ihn an Holzkohlenfeuer, Weißkohlaufläufe, Zwiebeln, stinkende Treppenhäuser, Badeseen in Birkenwäldern und junge Mädchen in Blümchen-Bikinis.
    Während sich der Oligarch heiser brüllte, um Nachschub auf den Tisch zu kriegen, versuchte Kokina, die Wogen zu glätten.
    »Immer hübsch der Reihe nach«, sagte er. »Ich bin noch vor euch dran.«
    Was zur Folge hatte, dass ein Leibwächter aufstand und sich vor Kokina aufbaute, einer von der harten Sorte, die mit der Lupe ein Feuer entzünden können, auch nachts.
    Kurt Vollmer mischte sich nicht ein, er rückte auf seinem Hocker ein Stück zur Seite und verhielt sich so, als ginge ihn die Sache nichts an.
    Kokina hob die Hände, sagte auf Russisch: »Glaubst du, dass ihr die Sache richtig anpackt?«
    Als er das zornige Gesicht sah, fügte er hinzu: »Gut«, er nickte, »schön.« Dann: »Hör mal, ich bin verpflichtet, dir das zu sagen: Überleg dir, was du tust, ich möchte dir nämlich nicht wehtun.«
    Boris Below tippte Kokina gegen die Brust, sagte: »Von einem Landsmann erwarte ich etwas mehr Respekt vor meinem Chef, oder weißt du vielleicht gar nicht, mit wem du dich anlegst?«
    »Wenn du mich noch einmal antatschst«, erwiderte Kokina seelenruhig, »kannst du froh sein, hör genau zu, wenn du hier nachher noch auf deinen eigenen Beinen

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