Kalt wie ein Brilliant
haben die schwarzen Schönheiten in formlose Kattunkleider gesteckt,
um ihre aufreizenden Formen zu verbergen. Darin wirkten die Urwald-Schönen aber
fast noch aufreizender als im schwarzen Evaskostüm. Na — und wenn das kein
Fallstrick für Missionare ist!«
Ein Lachen zuckte um ihren
Mund. »Sie wären mir ein schöner Missionar!«
»Wie wär’s, wenn ich Ihnen heute abend beim Essen Gelegenheit zu einem
Bekehrungsversuch geben würde?« schlug ich vor.
»Heute geht es nicht!« Sie
schüttelte, ein wenig bedauernd, wie mir schien, den Kopf. »Ich bin schon
verabredet.«
»Vermutlich mit dem reizenden
Willie«, knurrte ich enttäuscht.
»Ob Sie’s glauben oder nicht,
Danny, meine kleine Schwester hat heute Geburtstag. Da muß ich mich mal zu
Hause sehen lassen.«
»Wohnen Sie nicht bei Ihrer
Familie?«
»Nein, ich habe eine kleine
Wohnung. Schließlich bin ich ein modernes, unabhängiges junges Mädchen.«
»Wie wär’s dann mit morgen?
Oder hat da die Schwester Ihrer kleinen Schwester Geburtstag?«
»Nein, das ist erst am
Freitag«, gab sie belustigt zurück. »Schön, ich bin mit morgen
abend einverstanden. Soll ich mich groß in Schale werfen?«
»Ein formloses Kattunkleid
genügt!« erklärte ich großzügig. »Ich werde es mit meinem berühmten und berüchtigten
Danny-Boyd-Blick begutachten.«
Wir tranken aus, und dann mußte
sie gehen. Ich brachte sie zur Tür. Als sie ins Taxi stieg, gab mir ein
freundlicher Windstoß den Blick auf ein Paar bildschöner Beine mit Grübchen in
den Kniekehlen frei.
Als sie fortgefahren war, kam
ich mir einsam und verlassen vor. Oben in meinem Zimmer blätterte ich im
Telefonbuch, bis ich die »Akademie der bildenden Künste« gefunden hatte. Wenn
der Unterricht so blöd war wie der Name, war er keinen roten Heller wert.
Eine näselnde Frauenstimme
verkündete den Namen der Schule wie einen Schlachtruf.
»Leutnant Schell,
Kriminalpolizei«, meldete ich mich energisch. »Bei Ihnen finden einmal in der
Woche abends Malkurse statt?«
»Ja, Leutnant!« Die Stimme
zitterte ängstlich. »Jeden Dienstag. Mr. Calahan gibt
die Stunden. Er ist ein ausgezeichneter Lehrer. Die Gebühren betragen...«
»Glauben Sie im Ernst, daß ein
Polizist Zeit für alberne Pinseleien hat?« knurrte ich.
»Ach, entschuldigen Sie, ich
habe gedacht...«
»Das Denken sollte man bekanntlich
lieber den Pferden überlassen«, schnitt ich ihr das Wort ab. »Holen Sie Ihr
Schülerverzeichnis her, ich brauche einige Angaben.«
Man hörte am anderen Ende der
Leitung ein aufgeregtes Rascheln. Einen Augenblick wußte ich nicht, ob sie in
den Papieren auf ihrem Schreibtisch blätterte oder gerade ihren Petticoat
verloren hatte. Endlich hatte sie die Liste gefunden.
»Haben Sie einen Mann namens
Byers verzeichnet? Willie Byers?«
»Einen Augenblick, Leutnant. Da
muß ich erst meine Lesebrille aufsetzen.« Man hörte weitere suchende und
tastende Geräusche. Schließlich erklärte sie erleichtert: »So, jetzt kann’s
losgehen!« Ich faßte mich, so gut es gehen wollte, in Geduld. »Ja, Leutnant,
hier haben wir ihn: Wilhelm Byers. Er ist einer unserer besten Schüler, läßt
keine Stunde aus und zahlt jedes Quartal pünktlich im voraus.«
»Hat er Talent?«
»Das weiß ich nicht«, erklärte
sie treuherzig. »Da müssen Sie schon Mr. Calahan fragen.«
»Lassen wir das jetzt. Wie
steht es mit den Schülerinnen? Haben Sie auf Ihrer Liste zufällig eine Miss
Lamont?«
»Augenblick bitte!« Das
Rauschen im Blätterwald verstärkte sich. »Ja, hier ist sie. Das heißt: Sie hat
nur ein paar Stunden genommen, Leutnant.«
»Louise Lamont?« wiederholte
ich sicherheitshalber.
»Ganz recht. Aber die letzten
drei oder vier Monate hat sie sich nicht mehr bei uns sehen lassen. Wenn die
Schüler so lange aussetzen, wissen wir aus Erfahrung, daß sie meist nicht
wiederkommen. Aber wenn Sie eine Nachricht für sie hinterlassen wollen,
Leutnant, können Sie es ja versuchen.«
»Nein, vielen Dank. Ich weiß,
wo sich Miss Lamont aufhält.«
»Wirklich?« fragte die Näselnde
neugierig. »Wo denn?«
»Im Leichenschauhaus!« sagte
ich und hängte ein.
Nachdenklich zündete ich mir
eine Zigarette an. Louise und Willie Byers schienen also tatsächlich Hand in
Hand gearbeitet zu haben. Ein Mann wie Willie Byers, der nach Tamaras Aussage —
und ich traute ihr in dieser Beziehung ein sehr gesundes Urteilsvermögen zu —
so gar keinen Erfolg bei Frauen hatte, war zu vielem fähig, um ein Vollblutweib
wie
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