Kalt wie ein Brilliant
hinüber.
»Ausgerechnet Sie finden die Leiche von Louise und das gestohlene Diadem.
Leider ist es nicht das echte. Daraufhin fahren Sie den ganzen Tag mit Ihrer
Chromkutsche in der Stadt herum und setzen sich abends wieder in die Bar.
Diesmal zur Abwechslung mit der Rothaarigen aus dem Juweliergeschäft. Wenn das
alles noch ein Zufall sein soll, freß ’ ich ein Maschinengewehr
mit Munition.«
»Zufall oder nicht«, fauchte
ich, »es ist zufällig die Wahrheit.«
»Soll ich ihn noch ’n bißchen
auseinandernehmen, Boß?« erkundigte sich Pete hoffnungsvoll. »Wollen doch mal
sehen, ob er nicht was ausspuckt!«
»Dazu haben wir keine Zeit«,
entschied Estell mit unverändert ausdrucksloser
Stimme. »Ich bin für ein abgekürztes Verfahren.« Er schob die rechte Hand in
die Jackentasche. Gleich darauf starrte mir die runde, schwarze Öffnung eines
.38er Revolvers entgegen.
»Ich habe keinerlei Hemmung,
abzudrücken, Kumpel«, erklärte er fast freundlich. »Wenn Sie mir nicht glauben,
ist das Ihre Sache. Aber der Irrtum könnte Sie teuer zu stehen kommen!«
Das hätte er gar nicht zu
betonen brauchen. Seine fischigblauen, kalten Augen sagten mir deutlicher als
alle Worte, daß dieser Mann ein Killer aus Passion war. Bei einem bezahlten
Räuber weiß man wenigstens, woran man ist. Ein Profi übernimmt es, einen
Menschen zu töten, wie ein Fotograf einen Auftrag auf ein Hochzeitsbild übernehmen
würde. Aber ein Kerl wie Marty Estell kriegt es
fertig, seine eigene Mutter kaltblütig niederzuknallen, wenn das Essen nicht
pünktlich auf dem Tisch steht.
Er beobachtete mich scharf.
»Ich merke, daß Sie mich ernst nehmen, Boyd!« Ohne sich nach seinem massigen
Begleiter umzusehen, sagte er: »Pete!«
»Ja, Boß?«
»Nimm dir die Puppe noch mal
vor! Vielleicht macht dem großen Meisterdetektiv die kleine Sondervorstellung
Spaß!«
»Wird mir ein Vergnügen sein,
Boß!« sagte Pete heiser.
Mit ausgestreckten, erwartungsvoll
zuckenden Händen näherte er sich der Couch. Patty wich in die äußerste Ecke
zurück und sah ihm angstvoll entgegen. »Nein!« wimmerte sie. »Sie können doch
nicht...« Petes Pranke packte den Kragen ihrer Bluse und riß sie von oben bis
unten durch. Ein schwarzer Spitzenbüstenhalter kam darunter zum Vorschein. »Laß
man, Baby!« Pete lachte fett. »Mit der Zeit findest du vielleicht sogar Spaß an
der Sache!«
Patty stieß einen kläglichen
Schrei aus, als der Büstenhalter zu Boden fiel, und versuchte vergeblich, ihre
nackten Brüste zu bedecken. Mit einer verächtlichen Bewegung schlug Pete die
Hände herunter.
»Augenblick mal, Pete«, sagte Estell . »Na, Boyd, haben Sie sich’s anders überlegt? Von
jetzt an wird’s erst richtig interessant.«
Patty war flammendrot geworden.
In ihren Augen stand nacktes Entsetzen. Sie wirkte wehrlos und zerbrechlich.
Ich durfte es einfach nicht zulassen, daß diese brutalen Hände sie noch
weiterquälten.
»Ich habe Louise nicht
umgebracht. Ich habe auch den Schmuck nicht«, erklärte ich Estell ,
»aber ich kann Ihnen den Mörder nennen und kann Ihnen verraten, wo sich der
Schmuck befindet.«
»Na, dann los.«
»Erst, wenn Pete von dem
Mädchen abläßt !«
Er zuckte ärgerlich die
Achseln. »Lohnt es sich, wegen dieser Transuse so ein Theater zu machen?«
»Es lohnt sich genauso, wie es
sich für Sie lohnt, den Schmuck in die Finger zu bekommen.«
»Meinetwegen! Geh weg, Pete!«
Langsam entfernte sich der
Riese von der Couch, wobei er mir einen haßfunkelnden Blick zuwarf.
»Nun ’raus mit der Sprache«,
sagte Marty.
»Der Mann, an den Sie sich
halten müssen, heißt Willie Byers!«
»Byers?« Er warf dem
Leibwächter einen fragenden Blick zu. Dieser schüttelte ratlos den Kopf. »Und
wer, wenn ich fragen darf, ist Byers?« erkundigte sich Marty kalt.
»Ein Angestellter von Elmo. Er
hat das echte Stück angefertigt und...«
»Und er war auch seit einigen
Monaten ständig mit Louise zusammen«, fiel mir Patty plötzlich mit spröder
Stimme ins Wort. »Ich wußte sofort, daß sein Einfluß nicht gut für Louise war,
aber auf mich hörte sie nicht!«
»Du hältst gefälligst die
Klappe und läßt Boyd erzählen.«
Patty erstarrte. Ihr Mund blieb
halb geöffnet. Dann wurde ihr ganzer Körper von einem heftigen Zittern
geschüttelt. Ich erzählte weiter, so ausführlich wie möglich, denn ich mußte Estell ja von der Richtigkeit meiner Theorie überzeugen.
Byers war ein Könner in seinem Fach, argumentierte ich. Wer eignete sich
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