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Kalt

Kalt

Titel: Kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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abhängig zu sein. «
    » Du warst mir keine Erklärung schuldig. «
    » Aber du hast eine bekommen. « Sie wurde das Bild ihres Vaters einfach nicht los, und so müde sie auch war, sie konnte nicht einschlafen, bevor sie es nicht vertrieben hatte. » Dein Vater muss toll gewesen sein. «
    » Wie kommst du darauf? «, fragte Dylan mit erstaunter Stimme.
    » Weil ich sehe, wie du mit Shep umgehst. «
    » Mein Vater hat Risikokapital für Leute aufgetrieben, die irgendwelche Hightechfirmen gründen wollten. Dabei hat er achtzig Stunden in der Woche gearbeitet. Vielleicht war er wirklich ein toller Kerl, aber ich hab nie genügend Zeit mit ih m v erbracht, um das herauszufinden. Irgendwann ist er in große finanzielle Schwierigkeiten geraten. Es war zwei Tage vor Weihnachten, da ist er abends auf einen Parkplatz am Pazifik gefahren, wo man herrlich den Sonnenuntergang beobachten konnte. Er hat einen Schlauch an den Auspuff angeschlossen und das andere Ende durchs Autofenster geführt. Dann hat er sich ans Lenkrad gesetzt und eine Überdosis Nembutal geschluckt. Er war sehr gründlich, mein Dad, hatte immer einen Ersatzplan in der Hinterhand. Er ist mit einem der spektakulärsten Sonnenuntergänge des Jahres hinübergegangen. Den haben Shep und ich vom Hügel hinter unserem Haus aus auch beobachtet, ein paar Meilen von diesem Parkplatz entfernt, aber natürlich wussten wir nicht, dass unser Vater ihn ebenfalls gesehen hat und dabei im Sterben lag. «
    » Wann war das? «
    » Ich war fünfzehn, Shep gerade fünf. Vor fast fünfzehn Jahren. «
    » Das ist schlimm «, sagte Jilly.
    » Ja. Aber mit dir möchte ich trotzdem nicht tauschen. «
    » Also, von wem hast du es dann gelernt? «
    » Was gelernt? «
    » Dich so gut um Shep zu kümmern. «
    Dylan knipste das Licht aus. » Von meiner Mutter «, sagte er im Dunkeln. » Die ist auch jung gestorben. Sie war so liebevoll, so zärtlich zu Shep. Aber manchmal kann man auch von einem schlechten Vorbild das Richtige lernen. «
    » Ich schätze, schon. «
    » Da brauchst du gar nicht zu schätzen. Schau dich an. «
    » Mich? Ich bin doch völlig verkorkst. «
    » Sag mir mal jemand, der das nicht ist. «
    Während Jilly über einen Namen nachdachte, den sie Dylan nennen konnte, schlummerte sie ein.
    Als sie zum ersten Mal aus einem herrlich traumlosen Schlaf erwachte, hörte sie Dylan leise schnarchen.
    Es war kalt im Zimmer. Die Klimaanlage hatte sich ausgeschaltet.
    Von Dylans Schnarchen war sie nicht aufgewacht, aber vielleicht von Sheps Stimme. » Shep hat Angst «, flüsterte der immer wieder.
    Nach der Richtung zu urteilen, aus der die Stimme kam, musste Shep noch im Bett liegen.
    » Shep hat Angst. «
    » Shep ist tapfer «, gab Jilly flüsternd zur Antwort.
    » Shep hat Angst. «
    » Shep ist tapfer. «
    Shepherd verstummte, und als das Schweigen andauerte, fand Jilly wieder Schlaf.
    Als sie das nächste Mal erwachte, hörte sie Dylan noch immer leise schnarchen, aber die Sonnenstrahlen befingerten bereits alle Ränder der dicken Vorhänge. Es war nicht das schwache Licht der Dämmerung, sondern der grelle Schein der Vormittagssonne.
    Auf einmal nahm Jilly auch noch ein anderes Licht wahr. Es kam aus der halb offenen Tür des Badezimmers. Ein blutiges Leuchten.
    Zuerst dachte sie, es sei Feuer, doch als sie aus dem Bett sprang und das Wort ihr schon in der Kehle steckte, wurde ihr klar, dass es sich nicht um den flackernden Schein von Flammen handelte, sondern um etwas ganz anderes.

23
    Aus seinen Träumen gerüttelt, setzte Dylan sich auf, sprang aus dem Bett und fuhr in seine Schuhe, noch bevor er richtig bei Bewusstsein war – wie ein Feuerwehrmann, der den Ernstfall so lange trainiert hatte, dass er noch im Schlaf die Alarmglocke abstellen und in seine Dienstjacke schlüpfen konnte, und der erst aufwachte, wenn er schon die Stange hinunterrutschte.
    Laut dem Reisewecker auf dem Nachttisch war der Morgen schon bis 9.12 Uhr fortgeschritten, und laut Jilly gab es Probleme. Das teilte sie Dylan nicht mit Worten mit, sondern mit einem Blick. Ihre weit geöffneten Augen glänzten unruhig.
    Als Erstes sah Dylan, dass Shep nicht mehr im Bett lag und sich auch sonst nirgendwo im Zimmer befand.
    Dann bemerkte er den feurigen Schein hinter der halb geschlossenen Badezimmertür. Feurig, aber kein Feuer. Das höllische Rot eines Albtraums, dunkler Ocker auf Anilinschwarz. Das orangerote, trübe, die Augen strapazierende Dämmerlicht einer Nachtaufnahme auf Infrarotfilm. Das

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