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Kalt

Kalt

Titel: Kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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David Cronenberg «, sagte Shep, was Dylan als Bestätigung dafür ansah, dass es doch nicht um Teleportation ging – und damit auch nicht um eine verhängnisvolle Vermischung atomarer Teilchen.
    Dylan richtete sich wieder zu seiner vollen Länge auf und legte Shepherd die Hände auf die Schultern. Er hatte vor, sich mit seinem Bruder ins Tor zu stürzen.
    Bevor die beiden sich aber bewegen konnten, kam das Tor auf sie zu. Vor Shep stehend, blickte Dylan auf das magische Portal hinter seinem Bruder, als sich das Bild von Jilly im Badezimmer des Motels schlagartig wie ein im Entstehen begriffenes Origami faltete, wie das Spiel namens Himmel und Hölle, mit dem Schulkinder ihre Kameraden foppen: zweimal gerade und zweimal schräg gefaltet, die Ecken zum Mittelpunkt hin gefaltet, umgedreht, wieder zur Mitte hin gefaltet und von Kalifornien weggefaltet.
     

25
    Schon halb verrückt vor Sorge, geriet Jilly fast völlig aus den Fugen, als der leuchtende Tunnel vor ihr von seiner Mitte aus aufzubrechen schien und sich dann an den Bruchlinien faltete. Zuerst dachte sie, die rote Röhre würde sich nach innen falten, aber dann hatte sie das Gefühl, dass die Teile ihr gleichzeitig wie eine sich entfaltende Blüte entgegenkamen. Erschrocken wich sie zurück.
    Statt des Tunnels war sie nun mit sich verschiebenden geometrischen Mustern in Rot- und Schwarztönen konfrontiert. Es war wie der Blick durch ein Kaleidoskop, nur dass diese Muster atemberaubend dreidimensional waren und sich unablässig entwickelten. Sie hatte Angst, in sie hineinzustürzen, nicht unbedingt nach unten, sondern auch aufwärts und rundherum, sie fürchtete, wie eine schwerelose Astronautin für immer durch aufblühende Ornamente zu trudeln.
    In Wirklichkeit widersetzte die überwältigende Struktur, die in der Wand aufgetaucht war, sich Jillys Gesichtssinn; vielleicht überstieg sie aber auch Jillys Vermögen, zu erfassen und zu analysieren, was ihre Augen registrierten. Was sie sah, schien deutlich realer als alles andere im Badezimmer zu sein, real, aber so unendlich seltsam, dass Jillys erschrockener Blick von einem merkwürdigen Detail zum anderen zuckte, als weigerte sich ihr Verstand, sich mit der wahren Komplexität der Struktur zu befassen. Wiederholt nahm sie eine Tiefe wahr, die über die dritte Dimension hinausging, aber ihr fehlte die Fähigkeit, diese Wahrnehmung festzuhalten, obgleich eine intuitive innere Stimme leise und panisch erst fünf und dann sieben zählte – und selbst dann noch weiterzählte, als Jilly sich weigerte, ihr weiter zuzuhören.
    Fast augenblicklich drangen neue Farben auf das Rot und Schwarz ein: das Blau eines Sommerhimmels, die goldene Farbe von manchen Stränden und von reifem Weizen. Auf den abertausend Steinchen des sich ständig verändernden Mosaiks nahm der Prozentsatz von Rot und Schwarz rasch ab, während der von Blau und Gold zunahm. Und dann erschien etwas, was Jilly erst zu sehen glaubte, dann sicher sah und dann nicht sehen wollte: Zwischen den Kaleidoskopmustern waren Bruchstücke menschlicher Gestalten verteilt, hier ein starrendes Auge, da ein Finger und dort ein Ohr, als wäre ein Porträt aus farbigem Glas von einem Wirbelsturm zersplittert und hoch in die Luft gewirbelt worden. Und waren da nicht auch ein paar Zähne von Wile E. Coyotes grinsender Visage, und dort ein winziger Fetzen eines vertrauten blau-gelben Hawaiihemds, und da drüben noch einer?
    Nicht mehr als fünf oder sechs Sekunden vergingen von dem Moment, in dem der Tunnel sich zusammengefaltet hatte, bis Dylan und Shepherd sich im Badezimmer entfalteten und so vollständig und normal vor Jilly standen wie eh und je. Da, wo sich hinter ihnen das rote Licht des Tunnels gedreht hatte, war nun nur noch eine ganz gewöhnliche Wand.
    Mit offenkundiger Erleichterung stieß Dylan die Luft aus und sagte so etwas Ähnliches wie: » Nicht schleimig-blutig. «
    » Shep ist schmutzig «, sagte sein Bruder.
    » Du Mistkerl! «, rief Jilly und versetzte Dylan einen Faustschlag vor die Brust.
    Beim Zuschlagen hatte sie sich nicht zurückgehalten. Sie hörte einen dumpfen Knall, aber Dylan war zu massiv, um von den Beinen geholt zu werden, wie Jilly gehofft hatte.
    » He! «, protestierte er.
    » Zeit zu duschen «, sagte Shep mit gesenktem Kopf.
    Jilly wiederholte ihren Spruch. » Du Mistkerl! «, rief sie und versetzte Dylan einen zweiten Schlag.
    » Was ist denn los mit dir? «
    » Du hast gesagt, du gehst da nicht rein! «, erinnerte Jilly ihn

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