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Kalt

Kalt

Titel: Kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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auch von denen viele der Meinung, dass es irgendwann machbar sein wird. «
    » Mal angenommen, die haben nicht zu viel gekifft, was meinen sie mit › irgendwann ‹?«
    » Manche sprechen von dreißig Jahren, manche von fünfzig. «
    » Aber was hat das mit uns zu tun? «, fragte Dylan. » Bisher hat noch niemand einen Datenport in meinem Schädel installiert. Gerade hab ich mir die Haare gewaschen, da hätte ich ’ s bestimmt bemerkt. «
    » Ich weiß ja auch nicht recht «, sagte Jilly, » aber ich hab das Gefühl, selbst wenn es nicht die richtige Spur ist, muss ich sie nur noch ein bisschen weiter verfolgen, bis sie die richtige Spur kreuzt und mich zu dem Forschungsgebiet führt, auf dem Frankenstein gearbeitet hat. «
    Dylan nickte. » Ich weiß nicht, warum, aber ich hab dasselbe Gefühl. «
    » Intuition. «
    » Darauf sind wir jetzt wieder angewiesen. «
    Jilly stand auf. » Willst du mal übernehmen, während ich mich frisch mache? «
    » Neun Minuten «, sagte Dylan.
    » Unmöglich. Mein Haar schaut nicht aus wie ein Mopp. «
    *
    Weil Jilly riskiert hatte, sich durch eine allzu schonungslose Verwendung ihres Föhns die Kopfhaut zu verbrennen, schaffte sie es, das Bad schon nach einer Dreiviertelstunde sauber und adrett wieder zu verlassen. Sie trug einen bananengelben, leichten Strickpullover mit kurzen Ärmeln, der wie angegossen saß, und weiße Jeans, deren Schnitt bewies, dass der Fluch des Riesenhinterns, unter dem ihre Familie litt, noch nicht zum Tragen gekommen war und ihre Pobacken aus Zuckermelonen in rekordträchtige Kürbisse verwandelt hatte. Die gelben Schnürsenkel ihrer weißen Turnschuhe waren farblich auf den Pulli abgestimmt.
    Jilly fühlte sich hübsch. Seit Wochen, ja seit Monaten war ihr das egal gewesen, und sie war überrascht, dass sich das ausgerechnet jetzt geändert hatte – inmitten einer Katastrophe , durch die ihr Leben völlig durcheinander geraten war und die vielleicht noch Schlimmeres in petto hatte. Trotzdem hatte sie sich mehrere Minuten im Badezimmerspiegel betrachtet und sorgfältig allerhand kleine Veränderungen vorgenommen, um noch hübscher zu werden. Sie fühlte sich schamlos, sie fühlte sich oberflächlich, sie fühlte sich töricht, aber außerdem fühlte sie sich gut.
    Da Shep in seiner ruhigen Ecke stand, fiel ihm nicht auf, dass Jilly hübscher zurückgekehrt war. Er winkte nicht mehr; die Arme hingen schlaff herab. Das Kinn auf der Brust, drückte er die Oberseite des Schädels an die gestreifte Tapete. Offenbar glaubte er, einem unerträglichen Ansturm von Sinnesreizen ausgesetzt zu sein, wenn er auch nur einen minimalen Abstand von dem schützenden Winkel hielt.
    Von Dylan hätte Jilly eine wesentlich deutlichere Reaktion erwartet als von Shepherd, aber als er von ihrem Laptop aufblickte, machte er ihr kein Kompliment. Er lächelte nicht einmal. » Ich hab den Bastard gefunden «, sagte er.
    Jilly war so darauf fixiert gewesen, ein Kompliment zu hören, dass sie die Bedeutung seiner Worte nicht verstand. » Welchen Bastard? «
    » Den grinsenden, Erdnüsse mampfenden, Spritzen schwingenden, Autos klauenden Bastard – die Sorte Bastard. «
    Dylan wies auf den Bildschirm, und da zeigte ein Foto tatsächlich ihren Dr.  Frankenstein. Er sah ehrbar und bei weitem nicht so wahnsinnig aus, wie er ihnen gestern Abend vorgekommen war.
     

27
    Lincoln Merriweather Proctor war ein Name, der in je der Hinsicht in die Irre führte. Bei Lincoln dachte man an den gleichnamigen Präsidenten und daher an die Weisheit und Integrität von Menschen, die trotz ihrer einfachen Herkunft Großes geleistet hatten. Merriweather fügte eine leichte Note hinzu; der Name ließ an eine ruhige, sorglose Seele denken, die manchmal vielleicht etwas unbesonnen war. Ein Proctor schließlich war eine Person, die Studenten beaufsichtigte und beriet und für die Aufrechterhaltung von Ruhe und Beständigkeit sorgte.
    Dieser Lincoln Merriweather Proctor war der Spross einer privilegierten Familie und hatte erst in Yale und dann in Harvard studiert. Nach einem raschen Überblick über seine Veröffentlichungen, den Dylan ihr am Laptop gab, kam Jilly zu dem Schluss, dass Proctors Seele alles andere als ruhig gewesen war. Vielmehr war sie von der größenwahnsinnigen Vision besessen gewesen, die Natur vollständig beherrschen und dadurch ebenso vollständig pervertieren zu können. Proctors Lebenswerk, das mysteriöse Zeug in der Spritze, trug nicht zu Ruhe und Beständigkeit bei; es

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