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Kalt

Kalt

Titel: Kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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förderte Unsicherheit, Schrecken und Chaos.
    Als nachweisliches Wunderkind hatte Proctor im Alter von sechsundzwanzig Jahren bereits zwei Doktortitel erworben, den ersten in Molekularbiologie, den zweiten in Physik. Von der akademischen Welt ebenso umworben wie von der Industrie, hatte er in beiden Bereichen angesehene Positionen bekleidet. Noch vor seinem dreißigsten Geburtstag hatte er dann eine eigene Firma gegründet und bewiesen, dass seine genialste Fähigkeit darin bestand, enorme Geldsummen zur Finanzierung seiner Forschung zu beschaffen. Die Investoren hatten auf kommerzielle Anwendungsmöglichkeiten der Forschungsergebnisse gehofft, die angeblich ein gewaltiges ökonomisches Potenzial hatten.
    In seinen Veröffentlichungen und Vorträgen war es Proctor jedoch nicht nur um die Erschaffung eines Wirtschaftsimperiums gegangen. Er hatte davon geträumt, die Gesellschaft zu reformieren, und dabei sogar die Hoffnung geäußert, die menschliche Natur verändern zu können. In den wissenschaftlichen Durchbrüchen des späten zwanzigsten Jahrhunderts und den Entwicklungen, die im neuen Millennium zu erwarten waren, sah er die Gelegenheit, die Menschheit zu perfektionieren und eine ideale Welt zu erschaffen.
    Proctors Motive – Mitgefühl für alle, die unter Armut und Krankheit litten, Sorge um das ökologische System der Erde, der Wunsch, überall Gleichheit und Gerechtigkeit durchzusetzen – klangen bewundernswert. Aber als Jilly seine Thesen las, meinte sie, im Geiste das Dröhnen im Gleichschritt marschierender Stiefel und das Rasseln von Ketten in Konzentrationslagern zu hören.
    » Von Lenin bis Hitler sind alle Utopisten gleich «, stimmte Dylan ihr zu. » Weil sie entschlossen sind, die Gesellschaft um jeden Preis zu perfektionieren, zerstören sie sie stattdessen. «
    » Man kann Menschen nicht perfektionieren, jedenfalls nicht die, die ich kenne. «
    » Ich liebe die Natur, das ist es ja auch, was ich male. In der Natur sieht man überall Vollkommenheit. Die perfekte Effizienz von Bienen in ihrem Stock, die perfekte Organisation eines Ameisenhaufens, eines Termitenstaats. Aber das Schöne am Menschen ist ja gerade unser freier Wille, unsere Individualität, unser endloses Bemühen trotz unserer Unvollkommenheit. «
    » Das hört sich schön … und Angst einflößend an «, sagte Jilly.
    » Gut, es ist eine tragische Schönheit, aber das unterscheidet uns eben so deutlich von der Schönheit der Natur, un d d as ist auf seine eigene Weise kostbar. In der Natur gibt es keine Tragödie, nur Prozesse, und daher gibt es auch kein echtes Glück. «
    Er überraschte Jilly immer wieder, dieser Bär von einem Mann mit seinem zähen Gesicht, der wie ein Schuljunge ein Hawaiihemd über der Khakihose trug.
    » Wie dem auch sei «, fuhr Dylan fort, » mit der Idee, Datenports ins Gehirn zu transplantieren, um dort Memory Cards einzustecken, hatte Proctors Forschung nichts zu tun. Aber du hattest Recht, dass uns diese Spur irgendwie zu ihm führen würde. «
    Er griff an Jilly vorbei und tippte etwas auf der Tastatur. Auf dem Bildschirm erschien eine neue Liste.
    » Das ist das Gebiet, mit dem Proctor sich lange beschäftigt hat «, sagte Dylan und zeigte auf ein Schlüsselwort in einer Überschrift.
    » Nanotechnologie «, las Jilly laut vor. Sie warf einen Blick auf Shep in seiner Ecke, weil sie dachte, er würde gleich die passende Definition liefern, aber er beschäftigte sich nur weiter mit dem Versuch, den Kopf in die Ecke zu pressen, bis der Schädel sich der Keilform seines Zufluchtsorts angepasst hatte.
    » Bei Einheiten bedeutet Nano ein Milliardstel «, erklärte Dylan. » Eine Nanosekunde zum Beispiel ist eine Milliardstelsekunde. In unserem Falle bedeutet der Begriff jedoch einfach nur › sehr klein, winzigst ‹. Bei der Nanotechnologie geht es um winzige Maschinen, die so klein sind, dass man sie mit dem bloßen Auge gar nicht sehen kann. «
    Jilly grübelte darüber nach, aber die Vorstellung war nicht so leicht zu verdauen. » Zu winzig, um sichtbar zu sein? Aus was macht man solche Maschinen denn? «
    Dylan sah sie erwartungsvoll an. » Bist du dir sicher, dass dir da nichts in den Sinn kommt? «
    » Sollte es das? «
    » Vielleicht «, sagte Dylan geheimnisvoll. » Na schön, diese Nanomaschinen werden aus einer Hand voll Atome konstruiert. «
    » Und von wem – von Heinzelmännchen oder Feen? «
    » Bestimmt können sich noch viele an das erinnern , was vor etwa zehn Jahren in den Nachrichten

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