Kalt
begann Proctor damit, Möbel umzuwerfen, Bilder von der Wand zu reißen und Nippes zu zertrümmern, damit die Polizei angesichts des wüsten Durcheinanders garantiert nicht auf die Idee kam, den Eindringling für etwas anderes als einen gewöhnlichen, mit Drogen voll gepumpten Kriminellen zu halten.
Der jüngere Shep nahm ein Puzzleteil aus der Schachtel und betrachtete das unvollendete Bild. Zweimal versuchte er, das Fragment am falschen Platz einzufügen, beim dritten Versuch lag er richtig. Das nächste Stück platzierte er sofort richtig, das übernächste auch und zudem schneller.
Nach einem besonders lauten Krachen wurde es still im Wohnzimmer.
Dylan versuchte, sich auf die Anmut zu konzentrieren, mit der der zehnjährige Shep das Chaos in Welpen und einen Korb verwandelte. Er hoffte, damit die Bilder zu verdrängen, die ihm in den Kopf kamen, die Bilder des letzten Täuschungsmanövers, mit dem Proctor sein Werk vollendete.
Zwangsläufig war dieser Versuch zum Scheitern verurteilt.
Um vorzutäuschen, dass der brutale Eindringling ursprünglich nicht nur auf Raub aus gewesen war, sondern auch auf Vergewaltigung, hatte Proctor Blair O ’ Conner die Bluse aufgerissen. Vom Hals bis zur Bluse waren dabei sämtliche Knöpfe abgesprungen. Dann hatte er am Büstenhalter gezerrt, bis einer der Schulterträger gerissen war, und den BH schließlich bis unter die Brüste gezogen. So war der Eindruck entstanden, dass sein Opfer sich gegen die Vergewaltigung gewehrt hatte und dabei versehentlich oder absichtlich von seinem erbosten Peiniger erschossen worden war.
Nach dieser letzten Demütigung kam Proctor, von seinen Strapazen ganz rot im Gesicht, ins Esszimmer.
Wäre Dylan überhaupt fähig gewesen, einen Menschen zu töten, dann wäre das der richtige Moment gewesen. Den Willen hatte er, aber es gab keinen Weg. Hier hatten seine Fäuste weniger Wirkung als Rauch. Selbst wenn er aus seiner eigenen Zeit einen Revolver mitgebracht hätte, wäre die Kugel durch Proctor hindurchgeflogen, ohne diesem ein Haar zu krümmen.
Der Mörder blieb auf der Schwelle stehen und beobachtete den zehnjährigen Shep am Tisch, ohne sein Publikum wahrzunehmen. Er zog ein Taschentuch hervor und tupfte sich die Stirn ab. » Junge, riechst du meinen Schweiß? «, fragte er.
Shep griff in die Schachtel und ließ die Hände hin- und herfliegen, unvollendete Welpen wurden heil und ganz, aber die Frage beantwortete er nicht.
» Ich stinke nach Schlimmerem als nach Schweiß, nicht wahr? Nach Hinterlist und Verrat. So stinke ich schon seit fünf Jahren, und daran wird sich auch nichts ändern. «
Die dramatische Pose, mit der Proctor sich selbst geißelte, machte Dylan rasend. Genau wie am Vorabend im Motel war sie nicht halb so ehrlich, wie der Mörder glaubte. Was er als mutige Selbstanalyse bezeichnete, erlaubte ihm nur, sich in Selbstmitleid zu wälzen.
» Und jetzt stinke ich auch noch danach. « Proctor beobachtete den jungen Puzzler eine Weile. » Was für ein erbärmliches kleines Leben «, sagte er dann. » Eines Tages werde ich dich erlösen, Junge, und vielleicht wirst du auch mein Erlöser sein. «
Proctor trat aus dem Zimmer, verließ das Haus und verschwand in der Nacht des 12. Februar 1992. Was ihn in über zehn Jahren statt seiner vermeintlichen Erlösung erwartete, war ein feuriger Tod im fernen Arizona.
Das Gesicht des puzzelnden Shepherd hatte sich so unmerklich mit Tränen überzogen, als wäre Tau darauf gefallen.
» Bloß weg von hier «, sagte Jilly.
» Shep? «, sagte Dylan fragend.
Zitternd vor Gefühlen, doch ohne zu weinen, stand der ältere Puzzler da und beobachtete sein jüngeres Ich. Er antwortete nicht sofort, aber nachdem sein Bruder ihn noch zweimal angesprochen hatte, sagte er: » Moment. Kein schleimig-blutiger Film von David Cronenberg. Moment. «
Obwohl es sich bei Sheps Fähigkeit angeblich nicht um richtige Teleportation handelte und obwohl ihr Mechanismus Dylan noch immer ein Rätsel war, konnte er sich eine Menge Transportfehler vorstellen, die fast so unersprießlich waren wie das, was in Die Fliege geschah. Versehentlich direkt vor einem schleudernden Lastzug auf der Autobahn zu landen war schließlich auch ein niederschmetterndes Erlebnis.
» Warten wir, bis Shep sich sicher ist, es richtig zu machen «, sagte Dylan zu Jilly.
Ein Stück goldenes Fell, die Spitze einer schwarzen Schnauze, ein fragendes Auge – obwohl die Zeit dahinzukriechen schien, flogen die Hände des jungen Shepherd
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