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Kalt

Kalt

Titel: Kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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zu Jilly. » Ich war hier mit Shep, um genau dieses Motiv zu malen, im Oktober vor vier Jahren, als das Wetter angenehmer war. An der anderen Seite des Hügels endet ein Feldweg, der vier Meilen weit zu einer asphaltierten Straße führt. Nicht, dass wir für den jetzt sonderlich viel Verwendung hätten. «
    Zu dieser Stunde war die Felslandschaft ein glühender Schmiedeofen, in dem die grelle Sonne feurige Hufeisen für die Geisterreiter hämmerte, die des Nachts über den Wüstenhimmel galoppierten.
    » Wenn wir uns im Schatten halten «, sagte Dylan, » können wir die Hitze lange genug aushalten, um zu uns zu kommen und zu besprechen, was wir als Nächstes unternehmen wollen. «
    Die Türme und Zinnen der Felsformationen, die in Schattierungen aus blendendem Rot, Orange, Purpur, Rosa und Braun leuchteten, erhoben sich vor der Sonne, die ihren Zenit bereits eine gute Weile überschritten hatte. Erfrischende Schatten von der Farbe reifer Pflaumen fielen auf den Abhang des Hügels.
    Dylan führte Jilly und Shepherd den Hang hinab und dann ein Stück weit über ebenen Boden zum Sockel eines Turms, der gut in eine Illustration der Artussage gepasst hätte. Mit dem Rücken zu seiner Wand setzten die drei sich nebeneinander auf eine niedrige Bank aus vom Wetter geschliffenen Stein.
    Der Schatten, die windlose Stille, die Ruhe der unbelebten Ebene und des vogellosen Himmels wirkten so erleichternd, dass geraume Zeit niemand etwas sagte.
    Schließlich kam Dylan auf ein Thema zu sprechen, das vielleicht nicht am drängendsten war, ihm aber als das wichtigste vorkam. » Als der Kerl in der Kirche zwischen die Bänke gestürzt ist, hast du gesagt, du wärst stocksauer. Das war doch ein Gefühl, wie du es in deinem ganzen Leben noch nie gehabt hast, stimmt ’ s? «
    Jilly sog noch eine Weile die Stille ein, bis sich der Tumult in ihr allmählich gelegt hatte. » Ich weiß nicht, was du meinst «, erwiderte sie dann.
    » Doch, du weißt es. «
    » Nicht richtig. «
    » Du weißt es «, sagte Dylan ruhig, aber beharrlich.
    Jilly schloss unter dem Gewicht des Schattens die Augen, lehnte den Kopf an die Turmwand und gab sich alle Mühe, sich vor der großen Erkenntnis zu drücken, indem sie sich an die winzige Habseligkeit klammerte, die ihr in Form ihrer Handtasche geblieben war.
    » Es war echter Zorn, echte glühende Wut «, sagte sie schließlich. » Aber das Ganze war kein verzehrendes, verdummendes Gefühl, wie Wut oft sein kann, es war nicht negativ … Es war … es war … «
    » … eine reinigende, beglückende, rechtschaffene Wut «, warf Dylan ein.
    Jilly öffnete die Augen und sah ihn wie eine blutverschmierte Halbgöttin an, die im Schatten von Zeus ’ Palast ruhte.
    Das war etwas, worüber sie eindeutig nicht sprechen wollte. Vielleicht hatte sie sogar Angst, darüber zu sprechen.
    Sie konnte dem Thema allerdings ebenso wenig ausweichen, wie sie in ihr Leben auf der Comedybühne zurückkehren konnte, das sie noch vor weniger als einem Tag geführt hatte. » Ich war bloß wütend auf diese drei widerlichen, bösartigen Typen «, sagte sie. » Ich war … «
    Als Jilly nach Worten suchte und nicht sofort welche fand, ergänzte Dylan ihren Gedankengang, hatte er diesen rechtschaffenen Zorn doch noch vor ihr verspürt, ganz am Anfang in der Eucalyptus Avenue, wo Travis ans Bett gekettet gewesen war und Kenny gehofft hatte, seine Messersammlung zu blutigen Zwecken zu nutzen. Und weil das so war, hatte Dylan auch mehr Zeit gehabt, das Gefühl für sich zu analysieren. » Du warst nicht bloß wütend auf diese widerlichen, bösartigen Typen «, sagte er, » sondern auf das Böse an sich, auf die Tatsache, dass es existiert. Was dich rasend gemacht hat, war die Vorstellung, dass das Böse ungehindert um sich greifen kann. «
    » Du lieber Himmel «, sagte Jilly, » entweder bist du in meinem Kopf gewesen, oder ich war in deinem. «
    » Weder, noch «, sagte Dylan. » Aber sag mal … da in der Kirche, hast du da eigentlich begriffen, in welcher Gefahr du warst? «
    » Aber ja. «
    » Dir war klar, dass der Kerl auf dich schießen und dich lebenslang zum Krüppel machen, wenn nicht umbringen konnte, aber du hast getan, was getan werden musste. «
    » Es gab nichts anderes zu tun. «
    » Es gibt immer etwas anderes zu tun «, sagte Dylan. » Zum Beispiel kann man wegrennen, aufgeben, sich abwenden. Hast du daran gedacht, das zu tun? «
    » Natürlich. «
    » Aber gab es in der Kirche einen Augenblick, einen ganz kurzen

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