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Kalt

Kalt

Titel: Kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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hinter der anderen wohl ein Bad.
    Die Vorhänge an den drei Fenstern waren weder lang noch dick genug, um irgendjemanden dahinter zu verbergen.
    In einer Ecke stand ein mannshoher ovaler Spiegel. Auch dahinter lauerte niemand, aber in seinem Glas erschien Dylans Abbild, das weniger verängstigt aussah, als er sich fühlte, und größer, als er sich vorkam.
    Das Doppelbett stand so, dass Kenny sich auf der anderen Seite verbergen konnte, sollte er auf dem Boden liegen. Keines der anderen Möbelstücke eignete sich als Versteck.
    Von größerem Interesse war vorläufig die Gestalt auf dem Bett. Eine dünne Tagesdecke aus Chenille und eine Bettdecke samt Überzug bildeten ein wildes Chaos, doch darunter lag offenbar jemand, verhüllt von Kopf bis Fuß.
    Wie in zahllosen Filmen, in denen ein Gefängnisausbruch vorkam, hätte es sich natürlich um Kissen handeln können, die eine menschliche Gestalt vortäuschen sollten. Allerdings zitterte das Bettzeug leicht.
    Indem Dylan die Tür geöffnet und das Licht angeknipst hatte, hatte er seine Anwesenheit bereits kundgetan. Vorsichtig näherte er sich dem Bett. » Kenny? «, sagte er.
    Die undeutliche Gestalt unter dem Deckenknäuel hörte auf zu zittern. Einen Moment lang erstarrte sie und lag so still da wie ein Toter unter einem Leichentuch.
    Dylan packte den Baseballschläger wie ein echter Profi mit beiden Händen. » Kenny? «
    Nun begann die verborgene Gestalt mit unruhiger Energie wie vor unbezähmbarer Erregung zu zittern.
    Die Tür, die vielleicht in einen Kleiderschrank führte: noch immer geschlossen. Die Tür, die vielleicht in ein Bad führte: ebenfalls immer noch zu.
    Dylan warf einen Blick über die Schulter zur Flurtür hin.
    Nichts.
    Er grübelte über den Namen nach, den der gefesselte Junge genannt hatte, den Namen des bedrohten Mädchens aus der Nachbarschaft, und dann fiel er ihm ein: » Becky? «
    Die geheimnisvolle Gestalt zuckte hin und her, war unter den Decken ziemlich lebendig, erwiderte aber nichts.
    Obwohl Dylan es nicht wagte, auf etwas einzuschlagen, was er nicht sehen konnte, schrak er davor zurück, das Bettzeug zu packen und einfach wegzureißen – aus demselben Grund , weshalb er gezögert hätte, die Plane von einem Holzstoß zu ziehen, wenn er zwischen den Scheiten eine zusammengerollte Klapperschlange vermutet hätte.
    Genauso wenig war er scharf darauf, die Decken mit dem dicken Ende des Baseballschlägers hochzuheben. Während der Schläger darin verheddert war, hätte er eine unwirksame Waffe dargestellt, und obwohl dieses Manöver Dylan nur einen winzigen Moment verwundbar gemacht hätte, hätte Kenny nicht mehr als diesen Moment gebraucht, um, mit einem Spezialmesser zum Ausweiden bewaffnet, unter den Decken hervor aus dem Bett zu hechten.
    Weiches Licht, weiche Schatten.
    Das totenstille Haus.
    Die zuckende Gestalt.
     

17
    Unten im Flur schlich Jilly von Türbogen zu Türbogen an drei lichtlosen Räumen vorbei, lauschte an jeder Schwelle, hörte nichts und schlich weiter zur Diele, am Lampentisch vorbei zum unteren Ende der Treppe.
    Kaum hatte sie hochzusteigen begonnen, da hörte sie hinter sich ein metallisches Plink! und blieb auf der zweiten Stufe stehen. Dem Plink! folgten ein Tatatat! und das Geräusch einer gezupften Saite – zzziiinnnggg – , und dann herrschte völlige Stille.
    Offenbar waren die Geräusche aus dem Raum gekommen, der von der kleinen Diele abging. Wahrscheinlich das Wohnzimmer.
    Wenn man gerade versuchte, nicht unvermutet mit einem jungen Mann zusammenzustoßen, dessen Charakter von der eigenen Großmutter auf verrückt-Drogen-Messer reduziert wurde, dann wollte man keine metallischen Geräusche hören, schon gar nicht, wenn sie aus einem dunklen Zimmer kamen. Die Stille war nicht mehr so unschuldig wie vor dem Plink!, konnte es einfach nicht mehr sein.
    Nun, da Jilly das Unbekannte nicht mehr nur vor sich, sondern auch im Rücken hatte, entdeckte sie zwar nicht gerade die flüchtige Amazone in ihrem Innern, aber sie erstarrte auch nicht oder zuckte vor Angst zusammen. Ihre stoische Mutter und allerhand lange zurückliegende Schicksalsschläge hatten sie gelehrt, dass man sich Widrigkeiten offen und ohne Ausflüchte stellen musste. Mutters weiser Rat hatte gelautet, man müsse sich jedes Unglück als ein Stück Sahnetorte oder Apfelkuchen vorstellen, das man vertilgen müsse, um es loszuwerden. Wenn im pechschwarzen Wohnzimmer allerdings de r g rinsende Kenny lauerte und seine Messer so laut wetzte,

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