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Kalt

Kalt

Titel: Kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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dass sie es hören musste, dann hatte sie ein ganzes Tortenbüfett vor sich.
    Sie zog sich von der Treppe wieder in die Diele zurück.
    Plink, plink. Tick-tick-tick. Zing … zzziiinnnggg!
    *
    Wenn er nicht so gewaltig Luft holte wie der große, böse Wolf im Märchen, um die Decken vom Bett zu pusten, dann hatte Dylan zwei Wahlmöglichkeiten: Entweder blieb er stehen und wartete, bis die verhüllte Gestalt im Bett den ersten Schritt tat – was eindeutig gefährlicher war, als selbst zu handeln –, oder er entschleierte das zuckende Wesen, um dessen Namen und Absichten zu erfahren.
    Er nahm den Baseballschläger aufgerichtet in die rechte Hand, griff mit der Linken nach den Decken und riss sie beiseite. Zum Vorschein kam ein schwarzhaariges, blauäugiges, barfüßiges Mädchen in abgeschnittenen Jeans und einer ärmellosen, blau karierten Bluse.
    » Becky? «
    Die Augen in dem verängstigten Gesicht waren wie nach einem Elektroschock geweitet. Ein Zittern durchströmte den ganzen Körper, staute sich immer wieder an und löste sich mit jenen heftigen Zuckungen, die Dylan bereits durch die Decken hindurch gesehen hatte.
    Der verzweifelte Blick des Mädchens heftete sich an die Decke, als hätte sie nicht gemerkt, dass Hilfe gekommen war. Sie war so abwesend wie in einer tiefen Trance.
    Während Dylan ihren Namen wiederholte, überlegte er, ob sie wohl unter Drogen stand. Sie schien in einem Schockzustand zu sein, in dem sie ihre Umgebung gar nicht mehr wahrnahm.
    Auf einmal stieß sie, ohne Dylan dabei anzuschauen, durch die zusammengebissenen Zähne eine eindringliche Warnung aus: » Gehen Sie! «
    Den gehobenen Baseballschläger in der rechten Hand, behielt Dylan die offene Tür zum Flur und die beiden geschlossenen Türen im Blick, um jedes Geräusch, jede Bewegung, jeden flüchtigen Schatten mitzubekommen. Von keiner Seite erschien eine bedrohliche Gestalt, die nicht zu der Blümchentapete, den gelben Vorhängen und der Sammlung seidig glänzender Parfümfläschchen auf der Frisierkommode gepasst hätte.
    » Ich bringe dich hier raus «, sagte Dylan.
    Er streckte Becky die freie Hand hin, die sie jedoch nicht ergriff. Steif und zitternd lag sie einfach nur da und richtete den Blick angstvoll gen Decke, als wäre diese im Begriff gewesen, auf sie herabzusinken, um sie wie in einem jener alten Horrorfilme zu zerquetschen, in denen der Bösewicht immer ausgeklügeltere Mordmaschinen baute, obwohl ein Revolver praktischer gewesen wäre.
    » Gehen Sie « , flüsterte Becky jetzt in noch verzweifelterem Ton. » Um Gottes willen, gehen Sie! «
    Ihr Zittern, ihre Lähmung, ihre hektischen Mahnungen zerrten an Dylans Nerven, die ohnehin schon so gespannt waren wie ein Paukenfell, auf dem jemand herumtrommelte.
    In alten Horrorfilmen war es gang und gäbe, das Opfer mit einer wohl dosierten Portion Kurare in einen derart hilflosen Zustand zu versetzen, aber das hier war immer noch die Wirklichkeit. Wahrscheinlich war die Lähmung des Mädchens psychologisch zu erklären, aber hinderlich war ihr Zustand trotzdem. Um sie vom Bett zu heben und aus dem Zimmer zu tragen, musste Dylan den Baseballschläger weglegen.
    » Wo ist Kenny? «, flüsterte er.
    Endlich löste sich der Blick des Mädchens von der Decke und wanderte zu der Ecke des Zimmers, in der eine der geschlossenen Türen harrte.
    » Dort? «, fragte Dylan drängend.
    Beckys Blick begegnete zum ersten Mal dem seinen … und huschte gleich wieder zur Tür.
    Vorsichtig schob Dylan sich ums Fußende des Bettes herum und ging quer durchs Zimmer. Kenny konnte ihn von überallher anspringen.
    Die Bettfedern quietschten, und das Mädchen stieß ein gepresstes Stöhnen aus.
    Als Dylan sich umdrehte, sah er, dass Becky nicht mehr auf dem Rücken lag. Sie hatte sich auf die Knie erhoben und richtete sich nun weiter auf, bis sie aufrecht auf dem Bett stand. In der rechten Hand hielt sie ein Messer.
    *
    Tschunk! Twäng! Plink!
    Jilly kaute an ihrer misslichen Lage wie an einer unappetitlichen Sahnetorte, während sie auf die Geräuschquelle zuging. Bei tschunk! erreichte sie den Türbogen, bei twäng! fand sie den Lichtschalter. Bei plink! tauchte sie die Bedrohung in helles Licht.
    Ein wildes Flügelschlagen ließ sie fast zurücktaumeln. Sie wartete auf das Getümmel der Tauben, die sie am Straßenrand umkreist hatten, oder auf den blendenden Schneesturm aus Vögeln, der ihr auf der Fahrt erschienen war. Doch kein Schwarm fand sich ein, und nach kurzem Flattern verstummten

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