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Kaltblütig

Titel: Kaltblütig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Truman Capote
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so was macht. Ich habe euch doch nichts getan. Ich kenne euch ja gar nicht.‹ Da sagte Dick: ›Halt’s Maul! Ab sofort redest du nur noch, wenn du gefragt wirst.‹ Im Flur oben war niemand, und alle Türen waren zu. Mr. Clutter zeigte uns die Zimmer, in denen der Junge und das Mädchen angeblich schliefen, und öffnete dann die Tür zum Zimmer seiner Frau. Er knipste ihre Nachttischlampe an und sagte: ›Alles in Ordnung, Schatz. Hab keine Angst.
    Diese Männer wollen nur Geld.‹ Sie war eine dünne, zerbrechliche Frau in einem langen weißen Nachthemd.
    Kaum hatte sie die Augen aufgemacht, fing sie auch schon an zu weinen. ›Liebling, ich hab aber doch gar kein Geld‹, sagte sie zu ihrem Mann. Er nahm ihre Hand und tätschelte sie. Er sagte: ›Nicht weinen, Schatz. Du brauchst wirklich keine Angst zu haben. Ich habe diesen Männern schon mein ganzes Geld gegeben, aber das genügt ihnen nicht. Sie denken, wir haben einen Safe im Haus. Ich habe ihnen gesagt, dass wir keinen haben.‹ Dick hob die Hand, als wollte er ihm eine knallen, und sagte:
    ›Hab ich nicht gesagt, du sollst die Fresse halten?‹ Mrs. Clutter sagte: ›Aber mein Mann sagt die Wahrheit. Wir haben keinen Safe.‹ Da schnauzte Dick sie an: ›Ich weiß genau, dass ihr ’nen Safe habt. Und bevor ich ihn nicht gefunden habe, gehe ich hier nicht weg. Worauf ihr einen lassen könnt.‹ Dann fragte er sie, wo sie ihr Portemonnaie hat. Es lag in einer Schublade in der Kommode. Dick schüttete es aus. Fand aber bloß ein bisschen Kleingeld und ein oder zwei Dollar. Ich machte ihm ein Zeichen, mit mir auf den Flur zu kommen. Zu einer Lagebesprechung. Wir gingen also raus, und ich sagte …«
    Duntz unterbricht ihn und fragt, ob Mr. und Mr. Clutter ihr Gespräch mitanhören konnten.
    »Nein. Wir standen direkt vor der Tür, von wo aus wir sie im Auge behalten konnten. Aber wir sprachen ganz leise. ›Diese Leute sagen die Wahrheit‹, sagte ich zu Dick.
    ›Wenn einer gelogen hat, dann dein Freund Floyd Wells.
    Hier gibt’s keinen Safe, also machen wir, dass wir wegkommen‹. Aber Dick hatte Angst, das Gesicht zu verlieren. Er sagte, das glaubt er erst, wenn wir das Haus durchsucht haben. Er sagte, wir müssen sie fesseln, dann können wir uns in Ruhe umsehen. Jeder Widerspruch war zwecklos, dazu war er viel zu aufgeregt. Dass die Leute ihm auf Gnade und Ungnade ausgeliefert waren, erregte ihn. Neben Mrs. Clutters Zimmer war das Bad. Wir wollten die Eltern im Bad einschließen, die Kinder wecken und zu ihnen sperren und sie dann einen nach dem anderen rausholen und in verschiedenen Teilen des Hauses fesseln. Und dann, sagt Dick, wenn wir den Safe gefunden haben, schneiden wir ihnen die Kehle durch.
    Erschießen können wir sie nicht, sagt er – das macht zu viel Krach.«
    Perry runzelt die Stirn, reibt sich mit gefesselten Händen die Knie. »Lassen Sie mich mal kurz überlegen.
    Von hier an wird’s nämlich ein bisschen kompliziert. Jetzt weiß ich’s wieder. Ja. Ja, ich holte einen Stuhl aus dem Flur und stellte ihn ins Bad. Damit sich Mrs. Clutter setzen konnte. Sie war schließlich schwerkrank. Als wir sie einschlossen, weinte Mrs. Clutter und flehte: ›Bitte tun Sie uns nichts. Bitte tun Sie meinen Kindern nichts.‹ Und ihr Mann nahm sie in den Arm und sagte so was wie:
    ›Aber diese Männer wollen uns doch nichts tun, Schatz.
    Sie wollen nur unser Geld.‹
    Wir gingen ins Zimmer des Jungen. Er war wach, lag da, als ob er sich vor Angst nicht rühren könnte. Dick sagte, los, aufstehen, aber er rührte sich nicht oder nicht schnell genug, da verpasste Dick ihm eine, zerrte ihn aus dem Bett, und ich sagte: ›Deshalb brauchst du ihn doch nicht gleich zu schlagen, Dick.‹ Und zu dem Jungen – er trug nichts weiter als ein Unterhemd – sagte ich, er soll sich eine Hose anziehen. Er stieg in eine Jeans, und wir hatten ihn gerade im Bad eingeschlossen, als das Mädchen aus ihrem Zimmer kam. Sie war vollständig angezogen, als wäre sie schon eine Weile wach gewesen. Das heißt, sie hatte Socken an und Hausschuhe, einen Morgenrock und ein Tuch um den Kopf. Sie versuchte zu lächeln. Sie sagte:
    ›Meine Güte, was ist denn hier los? Soll das ein Scherz sein?‹ Ich glaube, dass es kein Scherz war, merkte sie spätestens, als Dick die Badezimmertür aufmachte und sie hineinstieß …«
    Dewey sieht sie förmlich vor sich: die eingeschlossene Familie, lammfromm und verängstigt, nicht ahnend, welches Schicksal ihr bevorstand. Hätte Herb

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